0648 - Die Stunde des Ghouls
müssen.«
»Das steht jetzt noch nicht zur Debatte.«
»Warum nicht?« hakte Romo nach. »Oder bist du dir nicht sicher, ob dein Plan funktioniert?«
»Bei Trotteln wie euch als Helfer kommen mir allmählich Zweifel.«
»Als Sippenchef mußt du uns seit langem sehr gut kennen, sonst wärest du ein sehr schlechter Anführer. Du mußt also gewußt haben, worauf du dich einläßt. Du…«
»Ich bin nicht gewillt, mir das länger anzuhören«, schrie Gormon. »Halte den Mund. Seid alle still, und gehorcht mir! Nur dann wird es gelingen. Nur, wenn wir alle Zusammenarbeiten, statt uns zu streiten, und wenn jeder seine Pflicht erfüllt.«
»Womit auch das Oberhaupt unseres Clans gemeint ist«, murmelte Jim Romo und wandte sich ab.
Gormon überlegte, ob es nicht besser war, Romo zu töten. Dieser Halunke war ein bißchen zu schlau…
***
Warum, hatte Zamorra sich zu Recht gefragt, sollte man nicht Reisekosten einsparen, wo es nur eben ging? Von einer Seite des Atlantiks zur anderen zu kommen, war kein besonders großes Problem, wenn man sich der Regenbogenblumen bediente. Die wuchsen im Château Montagne, aber auch in Florida und Louisiana. Louisiana war in diesem Fall näher am Zielgebiet, also versetzten Zamorra und Nicole sich und ihre Ausrüstung mittels der Blumen direkt nach Baton Rouge.
Dort wuchsen sie in einem kleinen Hinterhof. Ringsum ragten die Ziegelwände von großen, unpersönlichen Mietshäusern auf, die keinen sonderlich gepflegten Eindruck machten -entsprechend billig waren die Wohnungen, und entsprechend arm die Bewohner. Am Straßenrand parkten rostige Altautos, die teilweise schon nicht mehr in verkehrssicherem Zustand waren, deren Besitzer aber kein Geld für Reparaturen oder gar neue Fahrzeuge hatten, auf den Gehwegen spielten Kinder zwischen Unrat und Ratten vor den Augen der Dealer, Junkies und Taschendiebe, die sich hier ein Stelldichein gaben. Die Anwohner hatten sich miteinander und mit den kriminellen Elementen arrangiert -teils, weil sie keinen Ärger wollten, oder auch weil sie selbst dazugehörten…
Einer dieser kleinen Gauner war Ombre.
Seinen wirklichen Namen kannten nur seine Schwester Angelique sowie Professor Zamorra, Nicole Duval und ein paar Mitglieder der Zamorra-Crew, und die waren allesamt verschwiegen. Bis heute hatte Yves Cascal es geschafft, seine Identität nach außen hin geheimzuhalten.
Im Hinterhof des Hauses, in dem er sich mit seiner Schwester eine kleine Kellerwohnung teilte, wuchsen die Regenbogenblumen. Keiner der anderen Bewohner dieser Gegend ahnte, was es mit den Blumen auf sich hatte; ein hoher Maschendrahtzaun umgab sie, damit niemand zufällig dazwischen geriet und eventuell aus Versehen forttransportiert wurde, und die Mitbewohner und Mitbenutzer des Hofes hielten diese Blumen für einen Spleen der Cascals. Ein kleines, verrücktes Hobby, exotische Pflanzen zu züchten und zu hegen.
Blumen, die ganzjährig blühten, selbst im Winter…
Die Umzäunung besaß eine Tür mit einem Schnappschloß, das von außen nur mit einem Schlüssel geöffnet werden konnte. Von innen dagegen gab es einen normalen Griff, damit niemand, der von weither kam, wie in einem Käfig eingesperrt bleiben mußte.
Der Weg zurück indessen führte nur über die Cascals, die den Schlüssel besaßen.
Niemand beobachtete sie, als Zamorra und Nicole auftauchten. Eben noch hatten sie sich im Château Montagne in Frankreich befunden, jetzt waren sie hier. Die gedankliche Vorstellung ihres Ziels hatte gereicht. Auf diese Weise war jeder Ort erreichbar, an dem sich ebenfalls Regenbogenblumen befanden.
Zamorra trug eine große Reisetasche, in der sich für Nicole und ihn die wichtigsten Dinge befanden. Normalerweise pflegte wenigstens Nicole mit einer Unmenge vollgepackter Koffer zu verreisen, am Ziel trotzdem Großeinkäufe zu tätigen und mit noch viel mehr Koffern wieder heimzukehren. Aber wenn sie mit den Regenbogenblumen unterwegs waren, ging das nicht. Dann war Handgepäck angesagt.
Um den Hinterhof zu verlassen, gab es nur den Weg durch eines der Häuser. Damit bot sich natürlich auch ein kurzer Besuch bei den Cascals an. Nach dem Betreten des Ziegelgebäudes durch die Hintertür gab es eine halbe Treppe nach oben in Richtung Hauseingang und eine halbe Treppe abwärts zum Keller und zur Cascal-Wohnung.
Sie stiegen die Stufen hinab.
Vor der Tür blieb Zamorra stehen. Er stutzte.
»Da stimmt was nicht«, murmelte er. Sein Amulett, das am Silberkettchen vor seiner Brust hing,
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