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065 - Der Geisterreiter

065 - Der Geisterreiter

Titel: 065 - Der Geisterreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hivar Kelasker
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Maschinengewehren und einzelne Schüsse waren zu sehen und zu hören.
    „Dort drüben töten sie deinen Freund Sheng!“ sagte ich laut. Die Ohren des Pferdes bewegten sich dicht vor mir. Der Hunnenfürst lachte laut und nicht einmal unangenehm. Ich ahnte, daß er zu seiner Zeit eine große Faszination auf die Menschen ausgeübt haben mochte.
    „Sie können Sheng nicht töten!“ sagte er.
    Ich widersprach ihm, fühlte aber, wie wenig überzeugend meine Stimme klang.
    „Sie werden euch beide töten!“ wiederholte ich trotzdem hartnäckig.
    Der Gedanke schien Torras zu amüsieren. Wieder ließ er sein gänzlich sorgloses Lachen hören.
    Wir ritten in einem Tempo durch die Nacht, als befänden wir uns auf einer glatten Rennbahn. Das Pferd schien seinem Reiter voll zu vertrauen und gehorchte jedem Schenkeldruck. Vielleicht spürte es, wie gut Torras in der Finsternis sehen konnte.
    Mir kam es wie eine Ewigkeit vor, seit wir die Stadt verlassen hatten, und noch immer ahnte ich nicht, wohin der Hunne mich entführte. Irgendwie kam mir die Landschaft bekannt vor. Die nächste Leuchtrakete gab mir Gewißheit. Wir befanden uns unweit des Weilers Buir, in dem etwa ein Dutzend Menschen lebten.
    Plötzlich flammten rechts von uns, aus der Richtung des Dorfes her, zahlreiche Scheinwerfer auf. Das weiße Licht lag direkt auf uns, und es war undenkbar, daß man uns nicht bemerken sollte.
    „Jetzt haben sie uns!“ schrie ich erregt.
    Der Hunne hatte sofort reagiert. Seine harten Arme preßten mir fast die Luft ab, als er den Hengst in eine andere Richtung dirigierte.
    „Noch lange nicht!“ rief er laut, während er dem Pferd die Sporen gab.
    Offensichtlich hatte uns die Suchmannschaft doch bemerkt, denn direkt über uns detonierte jetzt eine weiße Leuchtkugel mit zischendem Geräusch. Sie erhellte das Land ringsum. Ein Schuß krachte.
    Vor uns lag das große Umspannwerk, dahinter die Autobahn mit dem Zubringer nach Stalberg.
    „Zauberei!“ knurrte der Hunne unwillig.
    In diesem Licht sah ich auch den Zaun aus Maschendraht, der sich quer über den Weg spannte. Überall hingen die bekannten gelben Schilder mit dem schwarzen Blitz. Als sei die Leuchtkugel ein Signal gewesen, näherten sich von allen Seiten andere Fahrzeuge und schalteten ihre Lichter ein. Es mußten Hunderte sein, die hier nach uns suchten. Aus den Augenwinkeln sah ich überall Scheinwerfer, rund um den ganzen Horizont verteilt. Auf einigen Wegen näherten sich in schneller Fahrt schwere Fahrzeuge.
    Aber wo war Jürgen? Wußte er überhaupt, was vorgefallen war? Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, wußte aber, wie gefährlich meine Situation war.
    Fürst Torras riß sein Pferd herum und jagte dicht neben dem Maschendrahtzaun entlang, der rund zweieinhalb Meter hoch war. Die Büsche, die unseren Weg versperrten, wurden einfach niedergeritten oder übersprungen. Hundert Meter lang ritt Torras geradeaus, dann hörte der Zaun auf.
    Ein zischendes Geräusch. Der schwarze Hengst scheute wie vor einer Schlange, doch Torras gelang es, das Tier zu zügeln. Mit zitternden Flanken blieb es stehen.
    Über uns flammte eine weitere Leuchtkugel auf. Gleichzeitig schaltete der Fahrer eines ziemlich großen Wagens seine Scheinwerfer ein. Keine dreißig Meter trennten uns von dem Kühler der Maschine. Ich hörte aufgeregte Stimmen, verstand aber nicht, was sie sagten.
    Der Hunne riß das Pferd herum und galoppierte zurück. Die Haare der Pferdemähne schlugen hart in mein Gesicht. Torras ritt nicht an dem Zaun entlang, sondern wieder zurück ins freie Feld. Erst, als er das Pferd abermals in eine neue Richtung zwang, erkannte ich, was er vorhatte. Er wollte über den Zaun springen, den er für ein Hindernis hielt, hinter dem wir unseren Ritt fortsetzen konnten. Die Oberkante des Zaunes, durch zwei straff gespannte Stacheldrähte deutlich gekennzeichnet, war leicht zu erkennen.
    Als wir bis auf fünf Meter herangekommen waren, fühlte ich, wie sich der Reiter verkrampfte, ich griff in die Zügel und riß daran. Das Pferd, das eben zum Sprung ansetzte, kam aus dem Takt, stellte sich quer, stolperte und prallte mit der Seite in den Zaun.
    Ein reißendes Geräusch ging durch den Maschendraht.
    „Verflucht bist du!“ schrie Torras, hob seinen Arm und gab mir einen furchtbaren Stoß. Ich verlor den Halt, und als das Pferd, durch Sporen, Schenkeldruck und Peitschenhiebe wieder unter Kontrolle gebracht war und zur Seite sprang, fiel ich aus dem Sattel. Ich hielt mich an der

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