0660 - Die Totenstadt
Mann aus dem Film.«
»Richtig. Ist ja keine Überraschung für uns.«
»Er hat auch ein Samuraischwert besessen, das ich ebenfalls fand. Ob er waffenlos weggeschafft wurde oder noch von allein gehen konnte, weiß der Himmel.«
»Denk an das Blut, Suko.«
»Das kann auch von der anderen Person stammen.«
Er mochte es zwar gut meinen und mich möglicherweise aufheitern wollen, aber ich schüttelte den Kopf. »Nein, Suko, daran glaube ich nicht. Hier ist uns jemand zuvorgekommen, der nicht will, dass wir etwas über Nadines Schicksal herausfinden. Muss ich dir noch mehr sagen?«
»Sag mir nur, wer es gewesen sein könnte.«
»Vampire, Riesenfledermäuse. Hast du da noch Zweifel, dass unser Freund Will Mallmann dahinter steckt?«
»Wenn du Recht hast, John, hoffe ich, dass wir ihm bald auf die Zehen treten können.«
»Das wird nicht reichen. Wir müssen…«
»Nichts!«, meldete Clayton Simane, der auch im nahen Unterholz gesucht hatte und einige Zweige mit beiden Händen zur Seite schob, um sich freie Bahn zu schaffen. »Ich habe tatsächlich nichts gefunden. Eine Leiche hat es wohl nicht gegeben.«
»Auch nicht weitere Blutspuren?«, fragte ich.
»Nein. Sie waren wie abgeschnitten.«
»Die sind nur im Haus«, meinte Suko.
Ich wollte noch etwas hinzufügen, aber mein Freund sah aus, als würde er in Trance versinken. Er ging einige Schritte durch den Garten und den gleichen Weg wieder zurück. Seine Augenbrauen schoben sich dabei aufeinander zu. Ich kannte diesen Ausdruck bei ihm. Wenn er eintrat, dachte er über etwas Bestimmtes nach und war auch nicht weit von einer Lösung entfernt. Abrupt unterbrach er seinen Lauf.
»Hast du es?«, fragte ich.
»Ich denke schon.«
»Okay, dann raus damit.«
Er räusperte sich. »Wenn wir tatsächlich davon ausgehen, dass dieser Mann hier von einem Blutsauger überfallen worden ist, dann ist Aoyama auch von dieser Bestie ausgesaugt worden. Sie hat sein Blut getrunken, nicht hier draußen, sondern im Haus. Deshalb haben wir hier auch keine Blutspuren mehr gefunden. Ist das die Lösung?«
Clayton Simane sagte nichts. Ich aber nickte zögernd und gab meinem Freund Recht. »Ja, das könnte sie sein, Suko.«
»Wir müssen mit ihnen rechnen. Mit Zombies und den Blutsaugern, schätze ich mal.«
»Das heißt, wir werden uns auf den Weg in die Totenstadt machen.«
»Was sonst?«
Wir beide hörten Clayton Simane pfeifend atmen. Er war blass geworden, da er genau zugehört hatte. Verlegen rieb er die Handflächen gegeneinander. Die Luft um ihn herum war plötzlich schwül geworden. Auf der Stirn blinkten Schweißperlen. »Habe ich Sie richtig verstanden? Sie wollen der Totenstadt einen Besuch…?«
»Ja.«
»Aber die ist tabu.«
»Nicht für uns, Clayton. Sie werden uns führen.«
Er schaute mich an, als hätte ich etwas furchtbar Schlimmes gesagt. Dann holte er schnappend Luft.
»Ich - ich soll euch führen? Nein, das könnt ihr nicht verlangen - sorry.«
Die Angst des Mannes war nicht gespielt. Ich schaute Suko an, der einen Kompromiss vorschlug.
»Wie wäre es dann, wenn Sie uns Ihren Wagen überließen und uns den Weg beschreiben? Die Totenstadt soll angeblich nicht so weit von hier entfernt sein. Ich schätze doch, dass wir sie auch allein finden werden.«
»Aber Sie begehen Selbstmord!«, schrie er Suko an.
Ich hob die Schultern. »Sollte das stimmen, ist das noch immer unsere Sache.«
Er überlegte, flüsterte vor sich hin. Die Worte waren in Japanisch gesprochen, wir verstanden sie nicht. Er ließ sich lange Zeit, focht einen Kampf mit und gegen sich selbst aus. Schließlich nickte er.
»Haben Sie sich entschieden?«, fragte ich.
»Ja.«
»Bitte, wir…«
»Ich - ich fahre Sie hin«, flüsterte er. »Wieso der Umschwung?«
»Ihre Regierung bezahlt mich. Ich möchte auf diese Nebeneinkünfte nicht verzichten.«
»Keine Sorge, wir hätten Sie schon nicht verraten.«
»Trotzdem. Außerdem ist der Weg für Fremde schwer zu finden. Japan ist nicht England, trotz Linksverkehr.«
»Da haben Sie Recht.«
Clayton Simane warf noch einmal einen Blick auf Hütte und Garten. Er kam mir vor, als würde er Abschied nehmen. Dann drehte er sich um und ging beinahe hastig davon.
Wir folgten ihm erst, als die Zweige des Buschwerks bereits hinter ihm zusammengeschlagen waren…
***
Es war eine graue Welt!
Eine Welt des Todes, des Gestanks, der Verwesung, eine Brutstätte des Bösen, und selbst die am Himmel stehende Sonne schaffte es nicht, diese Welt zu
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