0665 - Die Gruft des Druiden
aber… irgend etwas in seiner Erinnerung fehlte!
Und nun war er hier…
Warum?
Er sah sich um. Es wurde dämmerig, dunkel. Der Abend kam; in kurzer Zeit würde es Nacht sein. Er trug keine Taschenlampe bei sich; der Weg zurück nach unten über den baumüberschatteten steilen Pfad würde schwierig werden in der Dunkelheit. »Verdammt«, murmelte er. »Ich muß sofort hier weg.«
Aber er bewegte sich nicht.
Er stand einfach nur da und sah ein paar Menschen, die sich am Lagerfeuer vergnügten.
Am Heiligen Platz!
»Wo, bitte?« murmelte er.
Aber falls es eine Antwort gab, bekam er sie nicht mehr mit. Denn er war schon wieder ein anderer geworden.
***
Zamorra und Nicole trennten sich, als sie das Glauberg-Plateau erreichten. Einer Schautafel zufolge führte ein Weg außen um die Kuppe herum bis zur anderen Seite, zur Wallbefestigung mit den Gebäuderesten aus der Staufer-Zeit. Nicole hielt es für gut, sich von dort zu nähern. »Falls er wirklich da oben ist, haben wir ihn dann zwischen uns.«
Zamorra war einverstanden.
Er stapfte los, den Pfad hinauf.
Oben war von Menkenberg nichts zu sehen.
Zamorra nahm sich Zeit. Er strolchte hin und her auf dem Gelände, beobachtete aufmerksam und ließ sich nicht davon stören, daß die Dämmerung eingesetzt hatte und es bald dunkel sein würde. Mit dem Amulett konnte er sich jederzeit Licht verschaffen. Nicole hatte die Taschenlampe mitgenommen, die im Handschuhfach des BMW gesteckt hatte.
Von weitem schon sah er den Lichtschein des Lagerfeuers.
Er lauschte. Nicht nur mit den Ohren, sondern auch geistig. Er versuchte irgendwelche Schwingungen zu erfassen, die vielleicht von dem Dybbuk ausgingen, der Menkenbergs Körper unter Kontrolle hielt. Aber er fühlte nichts. Das Amulett war ihm dabei ebenfalls keine Hilfe.
Vielleicht würde Nicole Erfolg haben. Sie war sensibler in diesen Dingen.
Am Feuer erklang Musik. Jemand spielte Gitarre. Zamorra ließ sich ablenken, näherte sich dem Platz.
Als die vier jungen Leute ihn sahen, brach das Spiel abrupt ab. Einer der Männer, ein breitschultriger Schwarzer, erhob sich und trat auf Zamorra zu.
»Wollen Sie etwas von uns?« fragte er mit amerikanischem Akzent.
»Vielleicht können Sie mir helfen«, erwiderte Zamorra. »Ich suche einen Mann.« Er beschrieb Menkenberg. Dabei versuchte er, in der Dämmerung und im flackernden Schein des Feuers Regungen in den Gesichtern der Menschen zu erkennen.
»Den haben wir nicht gesehen«, sagte der Schwarze. Ihm fiel die Waffe auf, die an Zamorras Gürtel haftete. »Und selbst wenn, glaube ich nicht, daß wir darüber reden würden. Wollen Sie ihn etwa erschießen?«
»Nein«, sagte Zamorra. »Ich will nur mit ihm reden.«
»Viel Spaß bei der Suche«, erwiderte der Schwarze sarkastisch und wandte sich ab.
Zamorra sah seinen Hals, links unter dem Ohr.
Er sah die Todesrune.
***
Nicole kam nicht weit. Während Zamorra schon nach oben eilte, hatte sie den BMW verriegelt und sich danach vielleicht gerade fünf Meter entfernt, als sie einen anderen Wagen hörte, der gerade auf den Parkplatz fuhr. Unwillkürlich drehte sie sich um; der lindgrüne Opel Vectra stoppte neben dem BMW, und ein älterer Mann stieg aus. Er kam - etwas zögernd - auf Nicole zu.
Fragend -sah sie ihn an.
»Elkmeyer, mein Name«, sagte er. »Ich sah Sie von diesem Auto Weggehen. Gehören Sie«, er deutete auf das Firmenemblem, »zu Möbius?«
»Gewissermaßen ja«, erwiderte Nicole. »Doktor Elkmeyer, der Grabungsleiter?«
Er nickte. »Sie wissen also Bescheid?«
Er starrte sie an, ihren nur teilweise bedeckten Busen, und sie dachte gar nicht daran, den Reißverschluß ihres Overalls um einen halben Meter zu schließen. Sollte der Mann doch genießen, was er sah.
»In sehr groben Zügen«, gestand sie. »Wie kommen Sie darauf?«
»Nun, wenn jemand von Möbius hierher kommt, kann es doch nur mit den Keltenfunden zu tun haben. Sie wissen nicht zufällig, ob einer meiner Studenten hier ist? Das heißt, er ist eigentlich nicht einer meiner Studenten, sondern mir von Marburg geschickt worden, aber…«
»Meinen Sie zufällig Menkenberg?« fragte Nicole.
»Ja. Er ist hier?«
»Keine Ahnung. Wir suchen ihn ebenfalls.«
»Wer ist wir?«
»Professor Zamorra und ich. Ich bin seine Assistentin.«
»Ein beneidenswerter Mann«, gestand Dr. Elkmeyer. »Sie werden mir hoffentlich verzeihen, daß sein Name mir unbekannt ist.«
»Ist auch eine ganz andere Fakultät«, lächelte Nicole ihm zu.
Weitere Kostenlose Bücher