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0666 - 666 - Die Zahl des Tiers

0666 - 666 - Die Zahl des Tiers

Titel: 0666 - 666 - Die Zahl des Tiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Rolf Michael
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und Stummelflügeln sowie einem Rückenkamm aus dreieckigen Hornplatten, die vom Kopf über den Rücken bis zur Schwanzspitze reichten. Der aufrecht gehende kleine Bursche lehnte sich gegen Zamorras Arbeitspult und sah den Professor aus seinen großen, runden Telleraugen mißtrauisch an.
    »Du hast doch auch schon Hexen gejagt, oder?«
    »Das waren ja auch richtige Hexen«, sagte er. »Was man im Mittelalter verfolgte und ermordete, waren fast ausschließlich ganz normale Frauen. Es war eine böse Zeit, voller Neid, Mißgunst, Haß und Angst. Eine finstere Zeit, die nie wiederkommen wird, solange wir es eben verhindern können.«
    »Vielleicht können wir es nicht verhindern«, sagte Fooly erstaunlich leise und ruhig. »Und ich sah: ein Tier stieg aus dem Meer, mit zehn Hörnern und sieben Köpfen.«
    Zamorra stutzte. »Was, bitte?« stieß er hervor.
    Was Fooly da sagte - war das nicht ein Bibeltext? Ein Vers aus der Offenbarung des Johannes?
    Wie kam der Drache dazu, ausgerechnet diesen Text zu zitieren?
    »Und sie beteten das Tier an und sagten: Wer ist dem Tier gleich, und wer kann den Kampf mit ihm aufnehmen?« fuhr Fooly ungerührt fort.
    »Weißt du eigentlich, was du da redest?« fragte Zamorra überrascht.
    Der Drache zuckte zusammen. »Chef?«
    »Du hast aus der Bibel zitiert!«
    »Aber ich doch nicht!« protestierte Fooly. »Ich habe überhaupt nichts gesagt.«
    »Doch. Du hast zwei Verse aus der Johannes-Offenbarung zitiert. Warte mal… das haben wir gleich. Raffael!«
    Er hatte in Richtung des Visofons gesprochen. Die Spracherkennung des computergesteuerten Bildtelefons, das alle bewohnten Räume im Château miteinander verband, reagierte. Nur wenige Augenblicke später meldete sich der alte Diener. »Monsieur?«
    »Bitte, gehen Sie in die Bibliothek und holen Sie mir die Bibel ins Arbeitszimmer.«
    Es dauerte ein paar Minuten, dann tauchte Raffael auf. Stumm legte er das dicke Buch neben Zamorra auf die Platte des rundgeschwungenen Arbeitstisches, an dem drei Computerterminals eingerichtet waren, derweil Platz für ein viertes geschaffen wurde. Zamorra dankte und schlug die Bibel auf.
    »Offenbarung 13, Vers 1: ›Und ich sah ein Tier aus dem Meer steigen…‹ Vers 4: ›…beteten das Tier an und…‹ und so weiter.«
    »Das soll ich gesagt haben?« Fooly schüttelte den Kopf. »Das kann überhaupt nicht sein. Du hast dich sicher verhört, Chef.«
    Es war, wußte Zamorra, gar nicht die Art des Jungdrachen, etwas abzuleugnen, was er getan hatte. Der kleine Bursche war grundehrlich, selbst wenn es zu seinem Nachteil geriet - es sei denn, es fiel ihm eine ganz trickreiche Ausrede ein, die aber meist leicht durchschaubar war Wirklich bewußt und gezielt gelogen hatte er noch nie.
    Fast war Zamorra schon überzeugt, sich tatsächlich verhört zu haben. Denn es war doch alles so widersinnig…
    Aber…
    Fooly hatte es gesagt.
    Warum?
    »Ist irgend etwas vorgefallen, während wir weg waren?« fragte er, erhob sich und ging langsam zum Fenster. Sollte irgend etwas auf Fooly eingewirkt haben, um ihn zum Orakel zu machen? Denn orakelhaft kam es Zamorra vor, wie der Drache zitiert hatte und jetzt nichts mehr davon wissen wollte.
    »Nichts! Bestimmt nicht!« versicherte Fooly. »Es war hier so stinklangweilig, daß ich mich die ganze Zeit über in meine Höhle… ich meine, in mein Zimmer verkrochen habe. Wenn Lord Zwerg nicht hier ist, ist doch nix los…«
    Mit Lord Zwerg meinte er Sir Rhett Saris, den gerade frisch eingeschulten Jungen, mit dem er in den letzten Jahren eine Menge Zeit verbracht hatte. Wenn die beiden zusammenhockten, passierte immer irgend etwas. Aber seit kurzem besuchte der Junge eine Ganztagsschule. Eigentlich zu aufwendig für einen Erstklässler, zumal er ja nur wenige Unterrichtsstündchen hatte, aber es war die einzige Schule in erreichbarer Nähe, die magisch abzusichern gewesen war, ohne daß es auffiel.
    »Und da hast du dir ein Buch zum Lesen mitgenommen?« vermutete Zamorra.
    »Nein!« widersprach Fooly. »Chef, du willst auf diese Bibel hinaus, ja? Ich versichere dir, ich habe nicht darin gelesen, nichts auswendig gelernt, um dir jetzt Theater vorzuspielen!«
    »Also gut«, murmelte der Professor.
    Er sah aus dem Fenster in den tristgrauen Regennachmittag hinaus. Alles war grau; der Himmel, die Landschaft, das sonst silbern funkelnde Band der Loire. Selbst der knallbunte Renault Twingo, der gerade die Serpentinenstraße hinabfuhr, wirkte beinahe grau: Lady Patricia fuhr nach

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