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0669 - Blackwood, der Geistermann

0669 - Blackwood, der Geistermann

Titel: 0669 - Blackwood, der Geistermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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an einer bestimmten Stelle Schmerzen.
    »He, du schöner Vogel. Hast du dich verflogen, oder willst du zu mir?«
    »Wir wollen zu Julia Dandring«, sagte ich.
    »Dich hat keiner gefragt, Arschloch.«
    Ein rauer Ton, aber nicht unüblich in dieser Gegend. Er wollte nach Jane fassen, die blitzschnell sein Handgelenk packte, einen Judogriff ansetzte, der in einem gekonnten Hüftwurf auslief und den Mann auf den Rücken schleuderte.
    Dort lag er dann staunend und starrte Löcher in die Luft. »Reicht das aus?«, fragte ich.
    Er nahm mich und meine Frage überhaupt nicht zur Kenntnis. Von gegenüber näherten sich drei andere Männer, aber die wurden von dem Kerl auch nicht beachtet.
    Er schaute nur hoch.
    Und wir auch, denn wir hörten plötzlich das gellende Gelächter, das uns aus der Höhe entgegenschallte.
    Wir sahen Julia!
    Sie stand am Rand des Dachs, ein schmales, schlankes, ganz in Schwarz gekleidetes Geschöpf. Sie winkte allen zu und hörte nicht den verzweifelten Ruf, den ihr Jane entgegenschickte.
    »Tu es nicht, Julia! Tu es nicht!«
    Ihr Lachen brach ab.
    Allerdings erst dann, als sie sprang…
    ***
    Nicht nur für uns, auch für die anderen Zuschauer war es furchtbar, dies mit ansehen zu müssen, denn wir konnten für Julia Dandring nichts mehr tun.
    Sie fiel wie eine Puppe, über deren Körper man Kleidung gestreift hatte. Als wären Arme und Beine von ihrem Körper unabhängig, so glitten sie plötzlich auseinander, und die Gestalt bildete in der Luft ein großes X.
    Mir kam die Zeit unheimlich lang vor, ich konnte es kaum fassen, aber ich sah nur ihren entrückten Ausdruck auf dem Gesicht, kurz bevor der Aufprall erfolgte.
    Den Laut würde ich wohl nie vergessen.
    Nicht einmal zwei Körperlängen von mir entfernt hämmerte sie zu Boden.
    Starr und stumm - wie die entsetzten Zuschauer, die es auch kaum begreifen konnte, was sich in ihrer Straße für ein Drama abgespielt hatte.
    Es sagte niemand etwas und die Sekunden flossen dahin. Bis von der anderen Straßenseite ein Schrei aufklang, der in einem Schimpfwort endete und den Mann, der Jane hatte aufhalten wollen, wie ein Blitzstrahl traf.
    Jane schaute mich an.
    Wir beide waren vom Job nicht verwöhnt, bekamen viel zu sehen, aber dieser Vorfall zerrte an den Nerven. Jane sah aus, als würde sie im nächsten Moment zusammenklappen, und in ihren Augen lag ein feuchtes Glitzern.
    Ich hob die Schultern und fühlte mich, als wäre meine Kehle nebst Mund mit Knetgummi gefüllt.
    »Wir haben alles versucht, Jane.«
    »Zu spät«, flüsterte sie. »Verdammt noch mal, es war zu spät.«
    Auch andere Bewohner trauten sich jetzt näher. Ihre Schritte schlurften über das aufgerissene Pflaster. Die Gesichter glichen starren Masken, der Schock darin war deutlich zu lesen.
    »Man muss die Mutter holen«, sagte jemand.
    Jane atmete tief ein. Sie drehte sich zu dem Sprecher hin um. »Ich mache das. Wo wohnt sie?«
    »Im Anbau, vierter Stock.«
    Jeder war froh, dass Jane Collins die Aufgabe übernommen hatte. Ich näherte mich der Toten.
    Sie lag auf dem Bauch, den Kopf ungewöhnlich zur Seite gedreht. Ein Auge konnte ich sehen. Es ähnelte einer Glaskugel. Aus dem Mundwinkel rann ein dünner Streifen Blut.
    »Alarmieren Sie einen Leichenwagen«, sagte ich zu einem Mann, der nur eine dünne Jacke zu den Jeans trug.
    Der Typ rannte los, wie von Furien gehetzt.
    Fahrzeuge kamen nicht mehr weiter, weil die Leiche die Fahrbahn blockierte. Ich zündete mir eine Zigarette an. Auch der Rauch konnte die Knetmasse in meiner Kehle nicht vertreiben.
    Wie unter einem Zwang stehend schaute ich hoch zum Dach, von wo Julia gesprungen war.
    Das Grau des Himmels hatte sich verzogen und einer klaren Luft Platz geschaffen.
    Auch über dieser Gegend leuchtete der Himmel blau. Konturenscharf sah ich den Dachrand - und die Gestalt, die sich dort aus dem Nichts kommend materialisierte.
    Sie trug einen langen Mantel, das graugrüne Haar war strähnig nach hinten gekämmt, der breite Mund unter der scharfen Nase zu einem höhnischen Lachen verzogen.
    Algernoon Blackwood, der Mentor!
    Ich ballte die Hände, als er eine spöttische Verbeugung andeutete und sich ebenso lautlos zurückzog, wie er einen Moment zuvor erschienen war.
    Verflucht noch mal, ich…
    Der Schrei der Frau riss mich herum.
    Jane Collins hatte Mühe, Julias Mutter zurückzuhalten, die auf den starren Körper zutaumelte und so aussah, als wollte sie sich im nächsten Moment über ihn werfen.
    Ich sagte nichts, ich tat nichts,

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