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0669 - Blackwood, der Geistermann

0669 - Blackwood, der Geistermann

Titel: 0669 - Blackwood, der Geistermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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übertönten.
    Dann hörte sie die Stimme.
    »Ich grüße dich, meine liebe Julia, und freue mich für dich mit, dass es gerade dich getroffen hat. Dich habe ich auserwählt, um als Nächste den Weg zu gehen, den ich vorgezeichnet habe. Du wirst dem Satan bald gegenüberstehen und das Leid dieser verfluchten Welt endgültig hinter dir gelassen haben. Du wirst froh und glücklich sein, wenn du seinem und auch meinem Ruf folgst. Ich weiß nicht, wo du sitzt, aber ich würde dir raten, dich auf dein Bett zu legen und dich einzig und allein auf meine Stimme zu konzentrieren.«
    Julia gehorchte wie unter Zwang. Die Stimme hatte eine Pause eingelegt, und das Mädchen schob den Recorder zur Seite, damit sie ihn nicht unter sich begrub.
    Nach einer Minute begann die Stimme wieder zu sprechen.
    Julia hörte zu. Die Augen hielt sie nur spaltbreit offen, es war nicht wichtig, sie musste sich einfach auf die Worte konzentrieren, die ihr der Mentor mitteilte.
    Und der wusste genau, was er zu sagen hatte. Er sprach sie direkt an, er lockte sie, er machte ihr das Leben schmackhaft, das noch vor ihr lag. Sie musste nur die alte Hülle verlassen und in die neue hineinsteigen. Als Vorbild sollte Denise gelten, denn auch Julia musste denselben Weg gehen wie sie.
    Das Mädchen rührte sich nicht. Es lag auf dem Rücken, war konzentriert wie selten, hatte die normale Welt um sich herum vergessen und lauschte nur den Befehlen der Stimme.
    Der Mentor sprach zu ihr und er meinte es gut mit ihr, davon ging sie einfach aus.
    Ungefähr eine Viertelstunde lief der Text. Als der Sprecher geendet hatte, folgte eine schwermütige Musik, wobei im Hintergrund Frauengesang zu hören war.
    Seufzend richtete sich Julia auf. Sie öffnete die Augen jetzt normal weit, und in den Pupillen stand ein völlig anderer Glanz. Sie wirkten beinahe wie Sonnen oder Sterne aus einer anderen, fremden Welt. Julia war nicht mehr sie selbst, sie gehörte nun einer anderen Kaste an. Obgleich sie lebte, fühlte sie sich den Toten und der höllischen Dimension stärker zugehörig.
    Wie in Zeitlupe stand sie auf. In ihren Ohren summte noch das zuletzt gehörte Musikstück wider.
    Die Tür sah sie wie einen Schatten, auf den sie zuging. Von dort betrat sie die Küche, wo ihre Mutter hockte, noch immer schlief, aus einem Julia unerfindlichen Grunde allerdings wach wurde und den Kopf mit den rot geäderten Augen hob.
    »Julia?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Du willst weg?«
    »Ich bin nicht mehr hier.«
    Mrs. Dandring rieb ihre Augen, wobei sie vernehmlich gähnte und anschließend die grüne Strickjacke enger zog, weil sie plötzlich anfing zu frieren. »Was soll das denn heißen, he? Denkst du, ich bin blind? Ich sehe dich doch.«
    »Jetzt nicht mehr.« Julia öffnete die Tür. »Mach's gut, Mum, irgendwann sehen wir uns wieder.«
    Mrs. Dandring schüttelte den Kopf. »Was soll das denn heißen? Klingt nach Abschied für immer.«
    »Ist auch einer.«
    »He, Julia…!« Ihr Ruf kam zu spät. Julia hatte bereits die Tür hinter sich zugezogen, und Mrs. Dandring, die aufstehen wollte, ließ sich zurückfallen. »Blödes Weib«, murmelte sie und reckte sich.
    Die Müdigkeit war noch nicht verflogen. Sie beschloss, die Augen für eine weitere halbe Stunde zu schließen. Der Job begann erst am Abend und zog sich bis in die frühen Morgenstunden hin, denn Mrs. Dandring kellnerte in einer Kneipe, wo es ständig hoch her ging. Es war das Stammlokal ihres Mannes gewesen.
    Inzwischen ging das Mädchen durch den Flur. Sie kam sich vor, als würde sie auf Wolken laufen.
    Den Stein unter ihren Füßen spürte sie kaum, sie schwebte einfach darüber hinweg.
    Ihr Ziel war das Fenster in der Ecke. Übrigens das Einzige im Anbau außerhalb der Wohnungen.
    Wenn sie es öffnete, konnte sie die alte Feuerleiter erreichen.
    Natürlich klemmte es. Sie musste zweimal ziehen. Das alte Holz splitterte. Dünn wie eine Stecknadel stach ein Span schräg in ihren Finger. Sie zog ihn heraus und ließ ihn fallen.
    Dann kletterte sie auf die schmale Bank. Rechts von ihr stach die Feuerleiter hoch. Sie brauchte nur den Arm auszustrecken, um das rostige Ding zu erreichen.
    Der rotbraune Rost rieselte unter ihren Fingern weg, als sie zupackte und sich hochzog. Mit einem langen Schritt erreichte sie die Stufe, zog das andere Bein nach und kletterte in die Höhe, wobei der Rest für sie ein Kinderspiel war.
    Schon mehr als einmal war sie auf diesem Weg verschwunden. Sie hatte bereits Routine.
    Das Dach stand etwas

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