0673 - Die Jagd
gern.«
»Bitte.«
Ich legte die Stirn in Falten und dachte kurz nach. »Es geht um eine Bekannte von mir, die ebenfalls bei Ihnen wohnt. Ihr Name ist Jane Collins.«
Mein Gegenüber war blond, braun gebrannt und sommersprossig. Nach meinem Wunsch bekam sie Strahleaugen. »Ja, da haben Sie aber Glück, Mr. Sinclair, Miss Collins wohnt natürlich hier.«
»Wunderbar. Kann ich Sie erreichen? Wissen Sie, ob sie sich auf der Piste umhertreibt?«
Die Strahleaugen trübten ein. »Sorry, dass ich Ihnen nicht helfen kann, Mr. Sinclair. Aber wir sind selbst von Miss Collins' Verhalten überrascht worden.«
»Inwiefern?« Das Kribbeln rann durch meine Adern, ausgelöst von einem Adrenalinstoß. Ohne einen Beweis zu haben, ahnte ich Schlimmes.
Das Mädchen hob die Schultern. Die Fingernägel trommelten einen Rhythmus auf die Theke. »Wie soll ich das sagen? Miss Collins ist gestern Abend nicht zum Essen erschienen. Wir hatten da ein Candlelight Dinner, und sie hätte sich eigentlich abmelden müssen. Das tat sie nicht, und auch am heutigen Morgen habe ich sie noch nicht im Hotel gesehen. Das Zimmer ist übrigens nicht benutzt worden. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen, Mr. Sinclair.«
»Sie haben auch keine Vermutung, wo Miss Collins sein könnte?«, erkundigte ich mich.
»Überhaupt nicht, denn Ihre Bretter stehen im Skiraum. Sie ist auch nicht auf der Piste.«
»Danke sehr.«
Bedauernd hob die junge Frau die Schultern. »Tut mir Leid, dass ich Ihnen nicht helfen kann.«
»Lassen Sie mal gut sein. Ist ja nicht Ihre Schuld.«
»Trotzdem einen schönen Tag.«
»Danke sehr.«
Ziemlich beunruhigt verließ ich das Hotel. Vor dem Bau blieb ich im Schatten des Vorbaus stehen und musste trotzdem die dunkle Brille aufsetzen, weil allein schon der Schnee blendete.
Hatte sich Jane zu weit vorgewagt? War sie allein zu Logan Costello gegangen?
Ich wusste es nicht, ich hoffte es auch nicht, denn dieser verfluchte Mafioso würde keinerlei Rücksicht nehmen. Der war grausam, der war brutal, wenn es um seine Ziele ging.
Oder war sie einer gewissen Francine Joy in die Falle gelaufen? Das konnte auch sein. Ich aber entschied mich mehr für Logan Costello. Arosa ist nicht groß, ich wusste bereits, wo er wohnte, das hatten die Kollegen herausgefunden. Es war unten am See, wo sich auch der Bahnhof befand und der Zug nach Chur abfuhr.
Ein Bus hielt fast neben dem Hotel. Die Fahrt war in Arosa frei, so hielt man die Fahrzeuge aus dem Ort fern. Der Urlauber brauchte sich nicht in den eigenen Wagen zu setzen, um die lange Straße hinunter zum Bahnhof zu fahren.
Mich umgaben fröhliche Menschen. Einheimische und Urlauber, die sich gemeinsam über das herrliche Wetter freuten.
Nur meine Gedanken waren mehr als trübe…
***
Die Kälte weckte Jane Collins!
Natürlich fiel ihr nicht ein, wo sie sich befand, aber sie hatte den Eindruck, halb erfroren zu sein.
Über sie hinweg glitt der eisige Hauch und trieb ihr einen Schauer auf die Haut.
Kopfschmerzen kamen hinzu. Andere als die, die man hatte, wenn man zu viel trank. Janes Schmerzen bohrten, und sie hatten sich an einer Stelle des Kopfes besonders konzentriert.
Als Jane dort nachfühlte und ihre Finger über die Stirn gleiten ließ, spürte sie die Beule, die schmerzte, wenn Jane sie anfasste.
Wieso?
Eine Frage, auf die es als Antwort nur ein Stöhnen gab. Zu mehr war sie einfach nicht fähig.
Sie musste nachdenken, sie musste einfach erfahren, wie sie in diese Lage hineingeraten war. Freiwillig bestimmt nicht. Da war etwas gewesen, eine Frau, die Jane auf irgendeine Art und Weise beeinflusst hatte, zwei Fremde, fliegende Gegenstände…
Jane brachte einiges durcheinander, aber die Erinnerung blieb nicht lange verschüttet. Sie stellte fest, dass sie sich im Wohnraum befand und auf dem Sofa mit leicht angezogenen Beinen lag.
Durch die offen stehende Tür wehte dieser kalte Schleier, der Jane letztendlich wieder geweckt hatte.
Stand da eine Tür auf?
Bestimmt nicht die Haustür. Da war doch noch dieser verdammte kalte Anbau.
Schlagartig erinnerte sich Jane an die beiden bewusstlosen Männer und an den Kampf.
»Mein Gott«, flüsterte sie, als wieder alles vor ihren Augen stand. »Das darf nicht wahr sein!« Sie setzte sich vorsichtig hin, als sie von einem Gefühl des Schwindels gepackt wurde.
Sie atmete tief und ruhig durch. Auf den nackten Schultern lag die zweite Haut wie Gries. Jane fror, dachte an ihren Mantel, dabei fiel ihr ein, dass die andere ihn hatte
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