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0679 - Der Blutbrunnen

0679 - Der Blutbrunnen

Titel: 0679 - Der Blutbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und wandte sich sofort nach rechts, weil er von dort in den Anbau gelangte, wo seine Werkstatt untergebracht war.
    Die Geräte zählten zwar nicht zu den modernsten, in der Großstadt wäre Jean damit pleite gegangen, aber für diesen Ort reichte es. Das Sarglager hatte er nicht in die eigentliche Werkstatt integriert. Es lag in einem anderen Teil, wo auch das Holz gestapelt wurde.
    Durch eine große Milchglasscheibe fiel dunstig wirkendes Licht.
    Er schaltete die Deckenleuchte ein, weil es ihm zu dunkel war, und schaute auf die vier Särge.
    Sie standen nebeneinander. Da sah einer so aus wie der andere.
    Helles Fichtenholz, nicht einmal besonders glatt, auch nicht lackiert.
    Das hatte kein Auftraggeber gewünscht.
    Es machte ihm normalerweise nichts aus, mit Toten zusammen zu sein. An diesem Tag war das anders. Woher sein Ungewisses Gefühl kam, konnte er nicht sagen, jedenfalls drängte es ihn, den Raum so schnell wie möglich zu verlassen.
    Das mußte er noch hinten anstellen, denn zunächst sollten die Särge verschlossen werden. Das heißt, er mußte die Oberteile fest mit den Unterteilen verbinden.
    Er wunderte sich selbst über seine Vorsicht, mit der er sich den Särgen näherte. Sie sahen so aus wie fast alle Särge, da gab es keine Unterschiede, und trotzdem spürte er auf seinem Nacken eine Gänsehaut, die nicht weichen wollte.
    Irgend etwas war mit den Totenkisten!
    Jean Trachet fing an zu schwitzen. Sein Herz klopfte schneller als gewöhnlich. Er schritt um die Särge herum – und bekam große Augen, als er die dunklen Spuren auf dem hellen Fichtenholz sah. Zuerst dachte er an Schmutz, bis er die Farbe erkannte.
    Rot…
    Rot wie Blut!
    Er schluckte, streckte seinen zitternden Finger aus und tunkte die Spitze gegen einen Streifen. Eine winzige Berührung reichte, um zu erkennen, daß sich ein roter Fleck auf der Kuppe befand.
    Für Trachet waren die letzten Zweifel beseitigt. Aus dem Sarg war Blut gedrungen!
    Er hörte seinen zischenden Atemzug und merkte auch den Schwindel, der ihn überkommen hatte. Gleichzeitig glaubte er sich in einen Alptraum versetzt, er zwinkerte mit den Augen, als könne er dadurch den Anblick vertreiben, der aber blieb.
    Blutstreifen auf dem Sarg, die so aussahen, als wären sie durch den Spalt zwischen Ober- und Unterteil gedrungen. Aber das war nicht möglich, das konnte nicht sein…
    Er nahm auch die anderen drei Särge unter Kontrolle. Auch auf ihren Außenseiten sah er das Blut.
    Er schloß die Augen, überlegte, ging zurück, ohne daß er es merkte, und stieß mit der Schulter gegen einen hochkant gestellten Bretterstapel, der leicht ins Wanken geriet.
    Plötzlich kam Trachet der Raum viel kleiner vor. Er verengte sich immer mehr und verwandelte sich in eine Zelle, in der er kaum noch Luft bekam.
    Angst quoll in ihm hoch.
    Es war eine Furcht, die er nicht einstufen konnte. Etwas Unheimliches bewegte sich in seiner Nähe, ohne daß er es sah. Die vier Särge strömten diese Furcht aus. In ihnen schienen sich die Kräfte der Hölle zurückgezogen zu haben.
    Etwas war darin…
    Du mußt die Särge öffnen! Nur so kannst du erkennen, was da abgelaufen ist. Nur so…
    Das war leichter gesagt, als getan. Ein Griff am Deckel, hochheben, alles war erledigt.
    Jean traute sich nicht. Er umrundete die Särge. In der Stille kamen ihm seine eigenen Schritte vor wie ein Kratzen von Totenfingern an irgendeiner Wand. Unter den Sohlen zerknirschte der Schmutz.
    Auch kleinere Körner wurden zu Staub.
    Sollte er Hilfe holen? Vielleicht Luc, dem Wirt, Bescheid geben?
    Der würde bestimmt kommen. Aber was würde er von ihm halten?
    Sicherlich nicht viel. Möglicherweise sah er ihn als einen Angsthasen an. Das konnte alles stimmen.
    Er atmete mit offenem Mund, lauschte dem eigenen Keuchen und hatte sich endlich überwunden.
    Mit beiden Händen umfaßte er den Deckel des ersten Sargs, hob ihn ruckartig hoch – und ließ ihn wieder fallen. Der Deckel kippte zur Seite, aus Trachets Mund drang ein Schrei, und sein Gesicht erstarrte in Entsetzen.
    Vor ihm lag der Tote und schwamm in seinem eigenen Blut!
    ***
    Jean Trachet konnte es nicht fassen. Dieser Anblick war so etwas von scheußlich, daß er die Augen einfach davor verschließen mußte.
    Er konnte sich auch nicht dagegen sträuben. Die Tatsachen sprachen für sich, nur ein Motiv zu finden, war ihm nicht möglich. Außerdem traute er sich nicht, darüber nachzudenken. Für ihn hatte das Grauen ein Gesicht bekommen. Jean Trachet bewegte seinen

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