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0680 - Der verratene Traum

0680 - Der verratene Traum

Titel: 0680 - Der verratene Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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jungen Männer stellten spielerisch einem Wallaby nach, ohne eine wirkliche Chance zu haben, das Tier auch zu fangen. Gulajahlis Blick glitt zu Wantapari, der in einiger Entfernung zwischen den Bäumen verschwand.
    Ich habe sie alle gerettet, mein Freund, dachte er mit plötzlicher Melancholie, auch wenn du das nie verstehen wirst. Was ist das Ausbleiben der Nacht gegen diesen Sieg ?
    Der Schamane setzte sich auf einem umgestürzten Baumstamm und schloss die Augen. Er hatte andere Aufgaben zu bewältigen, konnte sich nicht nur um die Fragen eines Kriegers kümmern. Innerhalb von Sekunden war er tief in der Traumzeit versunken. Sein Geist durchschritt die Barrieren von Raum und Zeit, bis er die Pfade erreichte, die weit in der Vergangenheit entstanden waren und doch gegenwärtig waren.
    Gulajahli zuckte zusammen. Die Leiche des Weißen war verschwunden.
    Für einen Moment kämpfte der Schamane die Panik nieder, die in ihm aufstieg. Er hatte dieses Ereignis nicht in den Pfaden vorhergesehen, aber trotzdem war es geschehen.
    Bis jetzt war er sicher gewesen, alles unter Kontrolle zu haben. Die Wege lagen klar vor ihm, und jede Person, die Teil seines Plans war, folgte ihrem Weg bis zum Ende - so wie es Zamorra getan hatte. Aber nun gab es da plötzlich einen neuen, dunklen Pfad, dessen Bedeutung sich Gulajahli verschloss. Der Schamane spürte, dass er eingreifen musste, um die anderen Pfade von diesem zu isolieren.
    Er beschleunigte seinen Plan.
    ***
    Australien 1794
    Ich bin tot, dachte Zamorra ruhig. Mit der Hand tastete er nach der Stelle an seiner Brust, wo ihn der Schuss getroffen hatte, und spürte eine klebrige Flüssigkeit.
    Blut.
    Eine ganze Menge Blut.
    Langsam kehrte die Erinnerung an die Ereignisse zurück, die ihn an diesen Punkt geführt hatten.
    Er war durch die Regenbogenblumen in das Land zurückgekehrt, aus dem Watling geflohen war. Dort rettete er einem Eingeborenen namens Wantapari, der von Reitern gejagt wurde, das Leben. Zumindest hatte Zamorra ursprünglich angenommen, ihn gerettet zu haben, aber als er schließlich im Lager des Stammes eintraf, gewann er den Eindruck, dass der Schamane Gulajahli seine Ankunft erwartet hatte…
    Kurz darauf erfuhr er, dass ein Werwolf in den Vollmondnächten sein Unwesen trieb. Daraufhin hatte er beschlossen, dem Spuk ein Ende zu bereiten, obwohl er sich eigentlich fest vorgenommen hatte, bei dieser Zeitreise nur zu beobachten, aber nicht einzugreifen. Gemeinsam mit Wantapari stellte er den Werwolf und griff ihn an. Dabei sah er auch Watling wieder, der von der Bestie verfolgt wurde.
    Während des Kampfes hatte ein Unbekannter plötzlich geschossen und Zamorra tödlich verwundet. Ob das wohl nicht passiert wäre, wenn ich Nicoles Rat befolgt und einen Blaster mitgenommen hätte?, fragte der Dämonenjäger sich. Der Gedanke an seine Gefährtin versetzte ihm einen Stich. Wie sollte sie je erfahren, was sich abgespielt hatte? Und wie würde sie mit seinem Tod zurechtkommen?
    Er verdrängte diese Fragen und konzentrierte sich auf seinen eigenen Zustand. Obwohl er keinen Herzschlag mehr besaß und auch nicht mehr atmete, konnte er seinen Körper spüren und bewegen, schien also nicht als reines Geistwesen zu existieren. Oder vielleicht spielte ihm sein Geist auch nur die Illusion eines Körpers vor. Seine Umgebung war auch nicht sonderlich aufschlussreich, denn um ihn herum herrschte völlige Dunkelheit. Die Stille war absolut.
    So hatte sich wohl keine Religion das Leben nach dem Tod vorgestellt. Es gab kein Fegefeuer, keine Engel, keine Vorhölle, kein strafendes Gericht - einfach nur Nichts. Am ehesten konnte man das vielleicht noch mit dem Nirwana vergleichen, aber Zamorra spürte keine allumfassende Zufriedenheit, sondern einfach nur Langeweile.
    Das Leben nach dem Tod ließ sich nicht gerade vielversprechend an…
    Nach einem Zeitraum, den er nicht näher bestimmen konnte, stand Zamorra schließlich auf und tastete sich mit ausgestreckten Armen durch die Schwärze. Er lächelte über den Urinstinkt, der ihn zu diesem Verhalten zwang. Obwohl sein Körper nicht mehr lebte, versuchte er doch, sich gegen unliebsame Überraschungen in der Dunkelheit zu schützen.
    »Gib mir deine Hand«, sagte eine weibliche Stimme direkt neben ihm.
    Zamorra zuckte überrascht zusammen. »Wer bist du?«, fragte er.
    Die Stimme schwieg einen Moment und wiederholte dann. »Gib mir deine Hand.«
    »Warum?«
    »Damit ich dich an einen anderen Ort bringen kann.«
    »Wo ist dieser

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