0682 - Das Geisterkind
nicht mehr so aussah wie noch vor Minuten, denn das grünliche Licht hatte die Haut überzogen wie Schimmel.
In die Augen war es ebenfalls hineingedrungen und hatte die Pupillen ausgefüllt.
Rami und Ray flüsterten weiter. Ihre Gesichter blieben nicht starr. Auf ihnen zeichneten sich die Emotionen ab, die sie beim Sprechen der fremden Sätze empfanden.
Immer öfter wiederholten sie den Text, sodass Kate Foreman allmählich Bescheid wusste.
Das konnte nur eine Zauberformel sein, und sie wurde intensiv von beiden gesprochen.
War das Voodoo in einer anderen Form? Sollte es diesen jungen Männern tatsächlich gelingen, Millie aus dem totenähnlichen Dasein wieder zurück ins Leben zu holen?
Das wäre - das wäre - ihr fehlten einfach die Worte, um es gedanklich formulieren zu können.
Plötzlich fielen die beiden Stirnbänder nach unten. Sie segelten herab wie leuchtende Kreise und blieben auf der Brust des toten Kindes liegen. Kate hatte eine Frage auf den Lippen, aber sie schluckte diese herunter, weil Rami sie in diesem Augenblick kurz anschaute und ihr abermals durch seinen Blick zu verstehen gab, sich ruhig zu verhalten.
Also blieb sie sitzen.
Die beiden Stirnbänder blieben auf der Brust ihrer toten Tochter liegen. Aber sie glühten weiter.
Zuerst hatte Kate geglaubt, dass sie sich durch die dünne Kleidung und auch die Haut hineinbrennen würden, doch diese Befürchtung trat nicht ein. Wenn sie etwas Bestimmtes bewirken sollten, dann auf eine andere Art und Weise.
Über das Bett hinweg nickten sich die beiden Männer zu. Ein Zeichen, dass sie jetzt den zweiten Teil ihrer »Arbeit« beginnen würden. Sie blieben nicht mehr stehen, sondern setzten sich in Bewegung, die Arme angewinkelt und halb erhoben.
Sie sahen aus wie betende Gläubige, die einen Altar umrundeten, aber kein Totenbett.
Immer schneller gingen die beiden, immer heftiger flossen die Worte über ihre Lippen, immer drängender, aber nicht drohender wurden die Beschwörungen, und Kate hatte den Eindruck, als wäre sie nicht mehr mit der Toten und den beiden Männern allein im Zimmer.
Da war noch etwas anderes…
Etwas, dass sie nicht begreifen konnte, das vorhanden und dennoch nicht sichtbar war.
Ein Geist?
Sie wischte über ihre Augen, denn von der Stirn her war Schweiß hineingelaufen. Kaum schaute sie wieder auf das Bett, da wurde sie innerlich zu Eis.
Dort tat sich etwas…
Zuerst dachte sie an ihre tote Tochter, die sich bewegen würde, aber das stimmte nicht. Dicht über der Gestalt und dabei auf die beiden Stirnbänder konzentriert, tanzte etwas, das aussah wie ein heller Schatten.
Wirklich ein Geist?
Ihr schwerer Atemzug ließ auch die beiden Männer aufmerksam werden. Sie unterbrachen ihren Gang und schauten Kate an.
»Was - was ist das?«, würgte die Frau hervor. »Ich - ich kann es mir nicht erklären.«
»Ein Leib«, erwiderte Rami.
Und sein Freund präzisierte. »Ein Astralleib. Das zweite Ich deiner Tochter Millie…«
Kate Foreman war wie vor den Kopf geschlagen. Sie konnte nicht glauben, was sie erfahren hatte, und fragte noch einmal nach.
Ray wiederholte seine Antwort.
»Ein - ein Geisterkind also«, flüsterte Kate. »Meine Tochter wird zu einem richtigen Geisterkind werden.«
»Das könnte ungefähr passieren.«
»Aber wieso? Wie kommt es, dass ihr beide in der Lage seid, den Astralleib eines Menschen zu beeinflussen, vorausgesetzt, es gibt ihn überhaupt? Bisher habe ich nichts davon gesehen.«
Ray schaute auf Rami. Als dieser nickte, sprach Ray weiter. »Sie wissen, Kate, dass wir gewisse Kenntnisse besitzen. Und zwar Kenntnisse aus alter Druidenzeit.« Er räusperte sich und trat auf die sitzende Frau zu. Dabei lächelte er. Trotz seiner noch jungen Jahre machte er einen sehr weisen Eindruck.
»Und weiter?«
»Heute, Kate, beschäftigen sich die Menschen viel mit der Natur. Sie beten sie an, sie lieben sie. Sie setzen sie über alles. Die Natur ist einfach ein und alles. Überall wird mit ihr geprahlt. In der Werbung wird sie eingesetzt. Sie ist überall vorhanden…«
»Stimmt das denn nicht?«
Ray nickte. »Es stimmt, Kate, es stimmt alles. Wir sind auch der Meinung. Nur erleben wir die Natur aus einem anderen Sichtwinkel.«
»Aus welchem?«
»Wir wollen integrieren, kein Geld mit ihr verdienen. Wir sind keine Geschäfts- und Werbeleute.«
Er hatte sich hingehockt und wippte auf den Ballen. »Wir haben die Natur neu entdeckt, denn über ihre Kräfte wussten bereits andere Bescheid. Menschen
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