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069 - Ein gerissener Kerl

069 - Ein gerissener Kerl

Titel: 069 - Ein gerissener Kerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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sprechen, Ursula. Dieser Auftritt darf sich nicht wiederholen.«
    »Er muß verrückt sein — ich bin auch überzeugt, daß er gestern abend auf Sie geschossen hat.«
    Tony, der aber überzeugt war, daß Guelder mit dem Schuß nichts zu tun hatte, schwieg. Das konnte er ihr nicht erklären.
    Als er nach Hause fuhr, überlegte er, ob Guelder wirklich verrückt sei. Daß er sich in Ursula verliebt hatte, war nicht verwunderlich. Zwar ziemlich widerlich, doch ganz normal. Auch galt dieser Mann als eine Art Don Juan. Wenn die Gerüchte nicht logen, hatte er bisher seine Vergnügungen und Liebschaften in niedrigeren Kreisen gesucht und gefunden. Das Mädel in Holland war eine Kellnerin, die Frau in Batavia ein Halbblut gewesen. Er war ein Mann von niedrigem Geschmack und gemeiner Gesinnung. Doch jetzt blieb nichts übrig, als ihn aufzusuchen. Und Tony hoffte nur, daß es ihm gelingen würde, bei diesem Gespräch die Hände in den Taschen zu behalten.
    Julian ... ob er die Wahl seines Partners kannte? Tony hatte jedenfalls mit dieser Möglichkeit zu rechnen. Doch obwohl er eine sehr geringe Meinung von Julian hatte, traute er ihm nicht zu, daß er etwas von der Verblendung Guelders ahnte. Julian hatte einst selbst sehr bestimmte Hoffnungen gehegt. Es war unwahrscheinlich, ja, es schien ihm völlig unmöglich, daß er die Ereignisse dieser Nacht billigte.
    Er kam nach Hause, badete, rasierte sich und frühstückte, als Mr. Sleser gemeldet wurde.
    Der Millionär war kein intimer Freund Tonys. Sie hatten miteinander geschäftlich zu tun gehabt, und einmal hatte Tony dem dicken Selfmade-Mann einen Dienst erwiesen. Doch das hatte Braid längst vergessen. Er achtete den tüchtigen Kaufmann hoch.
    »Haben Sie schon gefrühstückt?« fragte Tony.
    Mr. Sleser nickte und zog sich einen Stuhl an den Tisch.
    »Ich bin der letzte, den Sie erwartet haben, Braid«, lächelte er liebenswürdig. »Seit sechs zerbreche ich mir den Kopf, ob ich Sie mit hineinnehmen soll oder nicht. Aber Sie haben mir einmal aus der Patsche geholfen, und ich vergesse niemals einen Liebesdienst. Sie sind doch mit Reef befreundet?«
    »Ganz im Gegenteil!« beteuerte Tony heftig. »Ich bin froh, daß Sie mich gefragt haben; denn ich habe eine dunkle Ahnung, daß Sie mit ihm irgendwie geschäftlich verbunden sind.«
    Sleser nickte und strich geistesabwesend über den kleinen, ergrauenden Schnurrbart.
    »Er ist nicht jedermanns Fall«, gab er zu. »Doch in mancher Hinsicht kann er ganz nützlich sein. Er kann sogar außerordentlich nützlich werden — darüber bin ich mir noch nicht ganz klar. Kennen Sie seinen Sozius — oder was er sonst ist?«
    »Guelder?«
    »Ja, den Holländer. Kluger Kopf, was?«
    »Ich glaube, ja«, gab Tony zu, »als Gelehrter. In der City geht ein Gerücht um, er habe ein Verfahren zur Herstellung von Diamanten erfunden.«
    Hierzu schmunzelte Sleser.
    »Nicht ganz! Das ginge mir auch sehr wider den Strich.«
    Er schwieg, überlegte offenbar scharf und sagte dann endlich: »Ich bin kein Kirchenlicht in Geschichte, aber gab's da nicht vor langer Zeit mal so einen Kerl, der hinging und Guy Fawkes und die Pulververschwörung verriet, indem er seine Freunde warnte, ins Parlament zu gehen?«
    »So einen Mann gab es«, lächelte Tony.
    »Der bin ich«, lachte Sleser. »Sie taten mir einen Dienst - ich tue Ihnen einen. Bleiben Sie fort vom Diamantenmarkt. Wenn Sie Aktien haben, fort damit! Verkaufen Sie, verkaufen Sie sofort! Der Sturz gestern war ein Kinderspiel gegen das, was heute kommen wird. Ich sage Ihnen das in Ihren vier Wänden, und obwohl ich von Ihnen nicht verlangen kann, daß Sie es geheimhalten, kenne ich Sie doch gut genug, um zu glauben, daß Sie nicht darüber reden werden. Man nennt Sie in der City den ›gerissenen Kerl‹.«
    Seine Augen blinzelten schalkhaft.
    »Na, ich habe jedenfalls noch nichts Arglistiges von Ihnen gesehen und erwarte nicht, daß Sie gerade bei mir anfangen.«
    Tony blickte ihn nachdenklich an.
    »Ich möchte gern ein bißchen mehr über diesen Kurssturz erfahren. Was steckt dahinter, Sleser? Vielleicht kann ich Ihnen wieder einen Dienst erweisen.«
    »Leicht möglich«, nickte Sleser und zog eine dicke Brieftasche hervor. »Jetzt werde ich Ihnen etwas zeigen, was bisher nur wir Verschwörer gesehen haben.«
    Er entnahm der Tasche ein blaues Päckchen, das wie eine Brausepulverpackung aussah, und öffnete es vorsichtig. Darin lag ein Stückchen Watte, die er behutsam entfaltete.
    »Was halten Sie

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