0690 - Rückkehr zur Zentaurenwelt
mit einem kurzen Ruck auf.
»Du hättest mich töten sollen«, murmelte er.
Minuten später machten sich ein wütender Affe und ein benommener Zentaur an die Verfolgung ihrer Gefangenen.
***
»Hier ist nichts außer Sand«, sagte Nicole frustriert.
Sie hatten die Düne erreicht, bei der Rekoc die Marschrichtung änderte, aber weit und breit war kein Gebäude zu sehen, auch sonst nichts Ungewöhnliches. Absolut nichts, das an einen verbotenen Ort erinnerte.
Selbst die Aura, die Nicole in der Stadt so deutlich wahrgenommen hatte, fehlte.
»Vielleicht ist es eine verschüttete Ruine«, versuchte sich Zamorra an einer Erklärung. »Im Sand versunken, von einer Düne überrollt… wie auch immer…« Er hockte sich hin und zog mit dem Dolch tiefe Furchen in den Sand, ohne auf Widerstand zu stoßen.
Nicole stocherte eine Weile lustlos mit Rekocs Speer im Wüstenboden und legte ihn dann zur Seite.
»Das hat doch keinen Zweck. Selbst wenn hier irgendwo eine Ruine verborgen ist, können wir den Rest unseres Lebens suchen, ohne sie zu finden. Sie kann Dutzende von Metern tief liegen. Wir würden Maschinen brauchen, um sie auszugraben. Außerdem wissen wir noch nicht einmal, ob es überhaupt wieder eine Ruine ist.«
Zamorra nickte und stand auf. Er hatte längst begriffen, dass das, was sie mit ihren Mitteln erreichen konnten, nichts erbrachte. Dass er selbst zu »graben« begonnen hatte, war eher ein Ausdruck seiner Frustration gewesen; beinahe hätte er es sogar als »sinnlose Beschäftigungstherapie« bezeichnet.
Er sah sich einmal mehr in der Umgebung um. Zwischen ihm und Nicole befand sich ein kleiner Hügel, über den hinweg er nur ihren Kopf sehen konnte. »Wir könnten versuchen, bis nach San Lirri zu gelangen«, schlug er vor. »Möglicherweise gibt es mehr als einen verbo-«
»Chef«, unterbrach Nicole seine Ausführungen. Ihre Stimme klang dünn.
Zamorra schluckte. Wenn sie ihn Chef nannte, gab es meistens ein Problem.
Mit langen Schritten lief er auf den Hügel zu und blieb abrupt stehen, als er seine Gefährtin sah.
»Komm nicht näher«, warnte Nicole.
Sie war bereits bis zu den Oberschenkeln im Sand verschwunden. Die wabernde Masse aus Wasser und Sand zog sie immer tiefer in den Boden.
Treibsand.
***
»Scheiße«, fluchte Zamorra leise. Er griff nach dem Speer, den Nicole liegen gelassen hatte, und tastete sich trotz Nicoles Warnung, nicht näher zu kommen, vorsichtig an die Treibsandgrenze heran. Bei genauem Hinschauen konnte er sie erkennen; der Sand sah dort etwas anders aus als in der restlichen Umgebung.
Fast wie Wasser… oder besser, wie Sumpf.
Zamorra hoffte, dass der Speer lang genug war. Rasch zog er sein Hemd aus und wickelte es um die scharfe Seite der Waffe, dann legte sich flach auf den Bauch, gerade noch an der Sicherheitsgrenze, und hielt das stumpfe Ende der Waffe Nicole entgegen.
»Halt dich daran fest!«
Die schmutzigbraune Masse schmatzte und schlug träge Wellen, als seine Gefährtin sich vorbeugte, um nach dem Speer zu greifen. Besorgt sah Zamorra, wie weit sich die Wellen ausbreiteten. Sie endeten fast unmittelbar vor ihm. Er konnte einen Zentimeter näher an Nicole heran, ohne selbst Opfer des heimtückischen Phänomens zu werden. Mit den Ellenbogen, auf die er sich stützen musste, begann er bereits ein wenig einzusinken. Der Wind hatte trockenen Sand über den Rand des Treibsandbeckens geweht und eine Kruste entstehen lassen, die vom normalen Wüstenboden nicht zu unterscheiden war.
Kein Wunder, dass Rekoc von einem verbotenen Ort gesprochen hatte. Er musste davon gewusst haben.
Nicoles Fingerspitzen streiften das Holz des Speers. Glitten wieder ab. Zu weit entfernt.
Die Masse reichte ihr jetzt schon bis zu den Hüften.
»Ich komm' nicht 'ran!«, rief sie.
Zamorra streckte sich noch ein Stück nach vorne. Der faulige Geruch des Wassers raubte ihm fast den Atem.
Seine Ellenbogen sanken tiefer. Er fand keine Abstützung mehr, drohte selbst zu versinken, den Oberkörper voran. Zurück mit dir! kreischte sein Verstand. Du kannst sie nicht mehr herausholen, du gehst nur selbst dabei drauf!
Er presste die Zähne zusammen. Ich kann es, dachte er zornig. Sie hatten beide so vieles miteinander erlebt, so viele Gefahren überstanden - das hier mussten sie doch auch meistern können!
Endlich bekam Nicole den Speer zu fassen.
»Nicht loslassen!«
Zamorra grub seine Füße, so tief es ging, in den Sand hinter ihm, um etwas mehr Halt zu bekommen, und
Weitere Kostenlose Bücher