0693 - Voodoo in Dortmund
Zumindest war er schrecklich gezeichnet worden. Er zählte zu den dunkelhäutigen Menschen, und sein muskulöser Körper war bis auf einen Lendenschurz nackt. Er stand in einer nach hinten gebeugten Haltung, hatte auch den Kopf in den Nacken gelegt und das Gesicht zu einer starren Maske verzerrt. Es sah aus, als hätte jemand eine dünne Haut über die Knochen hinweggezogen und sie mit einer braungrauen Farbe bestrichen. Der Mund stand weit offen, er würgte irgend etwas hervor, das ich nicht identifizieren konnte, und die Augen waren als verdrehte, weiße Kugeln gezeichnet worden, wobei kein einziges Haar auf dem runden Schädel wuchs. Ebenso waren auch keine Augenbrauen vorhanden.
Die Arme hielt er gespreizt, die Hände halb gekrümmt. Und zwischen seinen Fingern hielt er zwei Menschen, die er brutal zerdrückte. Sogar die Gesichter der Menschen waren gezeichnet worden, und der Künstler hatte es geschafft, all den Schmerz und die Angst in die Züge zu legen.
Suko runzelte die Stirn und räusperte sich, als ich das Heft sinken ließ. »Es gibt sogar ein Comic über ihn. Das hätte ich nicht gedacht, zum Teufel!«
Ich hob die Schultern. »Möglicherweise sogar mehr als ein Heft. Vielleicht sogar eine ganze Serie.«
»Und dann?«
»Kannst du mir sagen, wie es zusammenhängt?«
»Nein.«
»Ich weiß es auch nicht.«
Suko wollte mehr erfahren und wühlte in dem Karton herum. Als er fündig wurde, kündete er dies durch einen leisen Ruf an, kam wieder in die Höhe und drehte sich mir zu.
In seiner Hand sah ich ein kleines Paket, nicht größer als ein Stück normales Schreibmaschinenpapier. Das Paket war gelb eingefärbt. Schwarze Schrift wies auf eine Fachmesse hin, auf eine Roman- und Comicbörse, die in Germany, in Dortmund, stattfinden sollte. Und zwar in zwei Tagen, an einem Sonntag.
»Nun?« fragte Suko.
Ich sagte nichts, brachte mein Gesicht nur näher an das Fundstück heran, weil ich an seinem unteren Rand etwas entdeckt hatte, das nicht zum normalen Text gehörte.
Es war eine handschriftliche Notiz, und als ich sie halblaut vorlas, jagte sie mir Furcht ein.
»Ich werde diejenigen töten, die sich meiner zu Unrecht bedienen. Die mit mir Geschäfte machen. Sie werden es zu spüren bekommen…«
Suko schaute mich an. Leise wiederholte er die Worte. Dann fragte er: »Kannst du dir vorstellen, daß wir Lavalle in Dortmund finden?«
»Sicher.«
»Und du kennst die Stadt?«
Ich lachte auf. »Und ob ich sie kenne. Da brauche ich nur an die Grufties und den Teufelsfriedhof zu denken. Und auch an die Geschichte mit dem englischen Soldaten.«
»An der Westfalenhalle findet das statt«, murmelte Suko. »Das muß ja leicht zu finden sein.«
Ich winkte ab. »Kein Problem.«
»Und warum will er dorthin?«
»Frag ihn selbst.«
Suko verzog die Lippen. »Du machst mir Spaß, aber Lavalle selbst ist kein Spaß. Kannst du dir vorstellen, an was ich denke?«
»Wahrscheinlich an dasselbe wie ich. An die beiden Toten, die schrecklichen Wunden in ihren Körpern. Stell dir vor, Lavalle macht die Reise nicht allein. Stell dir weiterhin vor, er nimmt seine kleinen Killeraale mit…«
»Hör auf!«
»Damit müssen wir rechnen. Sie werden Beute über Beute bekommen. Ich kann mir gut vorstellen, daß eine derartige Roman- und Comicbörse immer voll ist. Es gibt ja Hunderte von Fans und Sammler, die sich da mal umschauen wollen. Und dazwischen Lavalle als Rächer, der seine Killer mitgebracht hat.«
»Wir müßten ihn vorher stellen, John. Ich glaube fest daran, daß er die Reise noch nicht angetreten hat. Der hält sich hier irgendwo in oder um London herum auf.«
Ich verzog die Lippen. »Willst du ein Comicbild als Fahndungsfoto anbieten?«
»Kennst du einen besseren Weg?«
»Nein, aber die Kollegen würden uns auslachen. Die sind einiges von uns gewohnt, das aber kriegen wir nicht durch.«
Suko nickte bekümmert. »Ich befürchte es auch, John.«
»Dann werden wir hier unsere Zelte abbrechen und sie in Dortmund wieder aufschlagen.«
Suko hatte noch Bedenken. »Hoffentlich ist Sir James diese Spur nicht zu wenig.«
Ich sprach dagegen. »Wenn er die Fotos der Leichen sieht, wird er anders denken müssen. Dann wird ihm klar sein, daß wir jede Chance nutzen müssen.«
»Finde ich auch.«
Wir durchsuchten die Kammer noch genauer, ohne jedoch weitere Hinweise auf Lucien Lavalle zu finden. Einigermaßen zufrieden verließen wir den kleinen Raum und gingen durch das stille Haus.
Für mich war es ein
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