0693 - Voodoo in Dortmund
mitgebracht.
Die Restauration lief. Als Ewald die Theke erreicht hatte, lächelte ihm die blonde Bedienung zu und sagte nur. »Ein Bier, wie?«
»Wieso? Sieht man das?«
»Ja.«
Ewald grinste breit. »Dann geben Sie mir mal ein schönes durchgezapftes, junge Dame.«
»Aber gern.«
Er bekam das Bier, hinter den Gläsern blinkten seine Augen, die sich dann im Entzücken verdrehten, als er den ersten Schluck genommen hatte und zufrieden war.
Erst danach gönnte er sich sein Pfeifchen, und dann ging es ihm richtig gut.
Andere Gäste sagten kurz »Hallo«, und Ewald, der ebenfalls eine große Sammlung zu Hause hatte, tätigte seine ersten Geschäfte, denn er konnte manchem Sammler dabei helfen, bestimmte Romane zu finden. Zudem besaß er in seinem Beruf als Redakteur auch die besten Beziehungen zu den anderen Verlagen.
Zehn Minuten vor elf Uhr erschien Reinhold Wedekind bei ihm. »Hi, Ewald, wie ist es?«
»Tja, wie soll's sein?« Er nahm sein zweites Bier entgegen. »Mir geht es gut.«
»Freut mich.«
Fehlau warf dem Dortmunder Händler einen prüfenden Blick zu. »Aber dir nicht, wie ich sehe.«
»Na ja…«
»Los, wo drückt der Schuh? Was hast du für Sorgen?« Zwischen den beiden Sätzen trank er einen Schluck.
»Ich habe Angst, daß hier etwas passiert.«
»Wieso denn? Wovor denn?«
»Vor einem Killer!«
»Ach!« Ewald Fehlau grinste, weil er alles noch für einen großen Scherz hielt. »Kennst du ihn denn?« Er hatte es aus Spaß gefragt und wunderte sich, daß er eine Antwort bekam.
»Ja, es ist Lavalle.«
Fehlau wiederholte den Namen einige Male. »Irgendwie kommt er mir bekannt vor.«
»Durch den Comic.«
Richtig. Ewald schlug zweimal auf die Theke. »Das ist ein Horror-Comic aus den Staaten. Es geht darin um einen bösen Voodoo-Priester, der durch Zauberei ein Pandämonium öffnet und all die Dämonen und Schreckenswesen in unsere Welt entläßt.«
»Stimmt genau.«
Zwei Züge an der Pfeife produzierten vier Rauchwolken, in, die Ewald hineinsprach. »Und davor hast du Angst, Reinhold? Das ist doch ein Witz! Du willst mich auf den Arm nehmen.«
»Nein.«
»Verstehe ich nicht.«
»Es gibt ihn wirklich.«
Ewald starrte zu Boden. Er saß auf einem Hocker, räusperte sich und hob die Schultern. »Woher weißt du das?«
»Die Geschichten sind wahr. Ich habe ein Buch über ihn!« flüsterte Reinhold hektisch. »Ich durfte es nicht in meinem Besitz haben, weil es zu schrecklich ist. Darüber steht einiges von Lucien Lavalle. Ich habe es vor einigen Wochen gekauft und über die Warnungen des Verkäufers gegrinst, als er sich bei mir erkundigte, ob ich ein Eingeweihter wäre. Ich habe einfach zugestimmt, aber ich bin kein Eingeweihter, verstehst du das?«
»Nicht so richtig«, gab Fehlau zu.
»Ich halte nichts von Voodoo und besitze das Buch trotzdem. Ich dürfte es nicht haben.«
»Und deshalb will er dich killen?«
»Ja, mich und Rita. Er ist da, Ewald. Ich habe ihn gespürt. Rita und ich sind in unseren Keller gegangen. Dort haben wir uns das Buch angeschaut. Und soll ich dir etwas sagen? Es war verbrannt, verkohlt, und es war mit einer Nachricht versehen, daß er uns praktisch holen würde, denn es gibt ihn. Wir gehören nicht zu den Eingeweihten, wir sind nicht würdig, wir haben einen Frevel begangen, der nur mit dem Tod bestraft werden kann. Und wir spüren beide, daß dies keine leeren Drohungen sind. Da steckt mehr dahinter, verflucht mehr!«
Ewald Fehlau wußte nicht, wohin er schauen sollte, denn Reinhold sah ihn direkt an. In seiner Verlegenheit griff Ewald zum Glas und trank einen Schluck. Als er es wegstellte, hörte er die Frage:
»Glaubst du denn nicht an Geister, Ewald?«
»Bisher eigentlich nicht. Es sei denn, du fragst mich nach Weingeistern.«
Wedekind ließ nicht locker. »Aber du stehst doch auf Gruselromane und auch Gruselcomics.«
»Das ja.«
»Dann mußt du…«
»Hör mal, Reinhold.« Ewald tippte ihm gegen die Brust. »Es ist doch ein Unterschied, ob man darüber liest oder daran glaubt?«
Reinhold Wedekind starrte ins Leere. Er sah aus wie ein lebender Empfänger, der sich auf die zahlreichen Stimmen und Laute konzentrierte, die ihn umgaben, denn mittlerweile waren die ersten Besucher eingeströmt und hatten sich in den beiden Hallen verteilt. Es herrschte ein regelrechtes Gewimmel, schon vergleichbar mit einem Ameisenhaufen. In eine Ecke hatten sich die Radioleute verzogen und machten erste Interviews mit Gästen und mit Ausstellern.
Auch eine
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