0693 - Voodoo in Dortmund
Wedekind?«
»Ja.«
Ich richtete mich wieder auf. Natürlich hätte ich der armen Frau noch weiter Trost ausgesprochen, aber das war nicht zu machen, denn mir ging es um Lavalle.
Ich sprach sehr leise mit Suko darüber. »Wie ich hörte, soll er also nach unten in das Tiefgeschoß oder im Keller verschwunden sein. Stimmt das noch?«
»Man redet davon.«
»Aber nicht seine vier Aale?«
»Nein.«
»Dann müssen wir uns trennen. Lavalle darf nicht entkommen. Ich will ihn haben.«
»Gehst du in den Keller?«
»Das hatte ich vor.«
Suko schaute mich an. In seinen Augen las ich eine tiefe Sorge. Er bewegte den Mund, ohne zu sprechen. »Sei nur vorsichtig. Lavalle ist eine Person, die…«
Ich lächelte in seine Worte hinein. Dann sprach ich. »Klar, Alter, ich passe schon auf.«
»Das hoffe ich doch.« Er deutete auf seinen Gürtel, wo die Dämonenpeitsche schon ausgefahren steckte. »Wenn sie hier erscheinen, kann ich nur hoffen, daß ich sie damit packen werde.«
»Bis später dann.«
Meine Stimme hatte etwas kratzig geklungen, denn auch ich wußte, daß mir ein verflucht schwerer Gang bevorstand. Die Treppe war sehr breit. Sie führte in einem rechten Bogen in die untere Etage und mündete zunächst in einen breiten Flur, der mit zahlreichen kleinen Fliesen ausgelegt worden war.
Hier waren die Toilettenräume untergebracht worden, aber auch eine große Garderobe. Sie war leer wie ein Dorfbahnhof nach Mitternacht. Die Haken und Bügel gaben einen leicht silbrigen Glanz ab, und ich dachte wieder an die verfluchten Aale oder Würmer, in deren Augen es ebenfalls silbrig geschimmert hatte, als wäre dort das Mondlicht eingefangen worden. Über meinen Rücken kroch ein Schauer.
Eine Tür mit der Aufschrift Privat ließ sich nicht öffnen, und ich dachte darüber nach, wo sich der verfluchte Lucien Lavalle wohl versteckt haben konnte.
Es blieben die Toiletten…
In meiner Kehle lag ein kleiner Klumpen, als ich vor den beiden Türen stehenblieb.
Links lag die der Männer, zur rechten Hand die der Frauen. Hinter beiden Türen hörte ich kein Geräusch. Die Stille verteilte sich dort wie dichtes Blei.
Ich hatte mein Kreuz hervorgeholt und es offen vor meine Brust gehängt. Schon einmal hatte es mir in diesem Fall gute Dienst erwiesen, als wir vor dem Höllenloch gehockt hatten. Ich rechnete fest damit, daß es mich auch gegen Lavalle nicht im Stich ließ, denn Lucien Lavalle war das Böse, er hatte die alten Götter oder Götzen aus einem finsteren Pandämonium gelockt, und er mußte das Gute, das Zeichen des Sieges über das Böse eigentlich hassen.
Wir würden sehen…
Die Tür zur Herrentoilette war nicht verschlossen. Sie stand sogar in einem für mich günstigen Winkel offen, so daß ich schräg hineinschauen konnte.
Dort befand sich ein großer Vorraum, beinahe schon ein Tanzsaal. An der Wand verteilten sich zahlreiche Waschbecken. Ich sah auch die entsprechenden Seifenspender, Spiegel und Trockenbläser. Nur von Lucien Lavalle sah ich nichts. Seine Gestalt zeichnete sich auch nicht innerhalb des Spiegels ab. Falls er ein Dämon war, hätte die blanke Fläche ihn möglicherweise wohl nicht widergegeben.
So groß dieser Vorraum auch war, er mußte einfach die Ausmaße haben, denn eine Schwingtür führte dorthin, wo sich die eigentlichen Toiletten verteilten.
Ich ging durch den Raum, setzte meine Schritte so lautlos wie möglich und blieb vor der Schwingtür stehen.
Sie war geschlossen, aber sie bewegte sich trotzdem. Es lag wohl am Luftzug, der durch den Raum wehte und auch meinen Nacken streifte. In einer Ecke quoll ein Papierkorbgestell über. Es roch nach Seife und nach scharfen Desinfektionsmitteln.
Noch war die Tür geschlossen. Nicht daß ich Angst gehabt hätte, aber ich war doch sehr vorsichtig, als ich den Arm ausstreckte und die Tür berührte.
Ich rechnete mit einem plötzlichen Gegendruck, der über mich kommen würde. Ein brutaler Stoß, aber das geschah nicht. Auf der anderen Seite lauerte niemand, so daß ich den eigentlichen Toilettenraum völlig normal betreten konnte.
Auch er teilte sich gewissermaßen in zwei Hälften. Auf der rechten Seite waren die zahlreichen Becken an der Wand befestigt, auf der linken reihte sich Tür an Tür.
Und alle waren geschlossen.
Ich atmete tief durch. Es war klar, daß ich nach jeder Tür schauen mußte. Wenn von innen der Riegel umgelegt worden war und außen ein rotes Signal zeigte, sagte mir dies, daß eine Kabine besetzt war.
Vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher