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0697 - Der Leichenholer

0697 - Der Leichenholer

Titel: 0697 - Der Leichenholer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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flüsterte mir dabei ins Ohr. »Wer so den Pinsel schwingen kann, der hat eben viele Chancen.«
    »Klar, Alter. Nimm dir ein Beispiel daran.«
    »Du nicht, John?«
    Bevor es noch schlüpfriger wurde, ging ich weiter, allerdings dorthin, wo sich die Abtrennung befand. Draußen verdichteten sich die Schatten der hereinbrechenden Dunkelheit. Auch das Licht im Innern veränderte sich, die gesamte Atmosphäre wurde gemütlicher und intimer. Dabei spielte das Deckenlicht eine große Rolle.
    Suko war zurückgeblieben, denn er wollte sich noch ein wenig um das Büfett kümmern.
    Ich hatte an diesem Abend keinen Appetit. Zu sehr belasteten mich die Probleme. Außerdem spukte mir immer noch dieser seltsame Leichenholer durch den Kopf.
    Edna hatte davon gesprochen, dass wir ihn kannten, aber daran konnte ich nicht glauben.
    Ich war der Einzige, der ziemlich nahe an die Tabuzone herankam. Die Aufpasser nahmen sofort eine strammere Haltung ein, woran auch mein freundliches Lächeln nichts ändern konnte.
    »Das hier ist eine Sperrzone!«, wurde mir erklärt.
    »Ich weiß. Wann erscheint denn der Meister?«
    »Das dauert nicht mehr lange.«
    »Hat er keine Uhrzeit genannt?«
    »Nein.«
    »Danke.«
    Ich drehte den beiden Typen den Rücken zu und schaute wieder in den Saal hinein, um die Gäste zu beobachten. Hier hatte sich wirklich ein verrücktes und ungewöhnliches Völkchen versammelt.
    Jeder war gekommen, um den anderen zu übertreffen. Ich sah Kleidungsstücke, die schon an Kostüme erinnerten, und dabei waren es nicht nur die Frauen, die sich so angezogen hatten. Die meisten Männer taten es ihnen nach und hatten ihre Kleidung auch mit Strass und anderem Glitzerzeug behängt, was manchmal schon lächerlich wirkte.
    Hinzu kamen die Frisuren der Knaben. Die meisten waren sehr kurz und gegelt. Die Brillis klemmten in Ohrläppchen oder an den Nasenflügeln, aber einen Ring durch die Nase hatte sich keiner gezogen.
    Jeder kam sich vor wie auf einer Bühne der Eitelkeiten und benahm sich auch entsprechend.
    Neben mir wischte ein dunkelhaariges Wesen vorbei. Ihr atemberaubender Rückenausschnitt war nur immer dann zu sehen, wenn die Kleine ihre Haarflut zur einen oder anderen Seite wegschleuderte, und das tat sie oft.
    Mich sah sie nur einmal kurz an, danach schaute sie sofort wieder weg. Wahrscheinlich war ich ihr zu normal. Dafür lief sie dann jubelnd auf einen etwa Siebzigjährigen mit weißem, langen Haar zu und umarmte ihn voller Freude.
    Grinsend gesellte sich Suko zu mir.
    »Was hast du für einen Spaß?«, fragte ich.
    »Du wirst es mir kaum glauben, man hat mich für einen Künstler gehalten.«
    »Ach. Wer war denn so blind?«
    »Niemand, mein Lieber.« Er räusperte sich. »Ich mache eben einen außergewöhnlichen Eindruck.«
    »Wer hat dich denn so unvergesslich gefunden?«
    »Mehrere.«
    »Dann versuche mal, deinen Pinsel zu schwingen«, erwiderte ich grinsend.
    »Du bist ein Banause, keinen Sinn für die Kunst und auch keinen…«
    Was Suko noch sagen wollte, wurde von einem tiefen Gongschlag verschluckt, der durch den Saal hallte. Und er war genau das Zeichen, auf, das die Besucher gewartet hatten.
    Ich drehte mich um, begleitet von den »Aaaas« und »Oooos« der Stimmen, wobei sich jeder in Bewegung setzte und dorthin lief, um nur den ersten Eindruck nicht zu verpassen.
    Suko und ich hatten es da besser. Wir standen ziemlich nah und ließen uns die Plätze in der ersten Reihe auch nicht nehmen. Mit sehr wichtigen Gesichtern packten die beiden Wächter die verstellbare Wand und schoben sie zur Seite.
    Gleichzeitig ging das Licht aus.
    Dunkelheit senkte sich über den Saal, allerdings nicht so tief, denn von draußen her drang die Beleuchtung des japanischen Gartens durch die Scheibe und schuf ein sanftes Muster an Farben, das sich auf dem Boden ausbreitete.
    Wir standen noch immer günstig, umwölkt von den zahlreichen Duftnoten der Parfüms, Deos und Aftershaves.
    Leise Musik ertönte. Dumpf, düster, irgendwie bedrückend. Das empfanden die meisten Zuschauer, und sie sprachen flüsternd über diese Art von Musik.
    »Sie wird zu seinen neuen Werken passen«, flüsterte ein Mann hinter mir.
    »Ja, das denke ich auch«, stimmte ihm eine Frau zu.
    Noch war es vor uns dunkel, aber die Umrisse der vier Bilder konnten wir bereits erkennen. Sie waren zu einem offenen Karree aufgestellt worden.
    Rafugil machte es spannend. Er wollte seine Fans noch etwas hinhalten und wusste sie zu nehmen.
    Wir hatten ihn noch nicht

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