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0699 - Schule des Satans

0699 - Schule des Satans

Titel: 0699 - Schule des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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hofft, dass ich bald einmal mitkommen werde.
    Ich weiß nicht, ob ich das glauben soll, denn obwohl Jeffrey ganz normal erscheint, beherrschte er im heutigen Lateinunterricht selbst die schwierigsten Vokabeln und korrigierte sogar Bruder Nigel, der den Unterricht seit Bruder Drummonds Tod leitet. Dabei ist Latein stets Jeffreys größte Schwäche gewesen.
    Alfred hat mich den ganzen Tag über argwöhnisch beobachtet. Auch die anderen werfen mir seltsame Blicke zu und tauschen Bemerkungen aus, wenn sie glauben, ich sei außer Hörweite. In ihren Worten liegt keine Häme, sondern - so seltsam das klingen mag - Mitleid.
    Ich erinnere mich an einen Knecht, der einst für meinen Vater arbeitete. Er war so dumm wie die Kühe, die er hüten sollte. Meine Brüder und ich lachten über ihn und dachten uns Gemeinheiten aus, aber als Vater davon erfuhr, rief er uns zu sich und sagte, Gott hätte entschieden, den Knecht dumm zu machen, so wie er uns klug gemacht hätte. Es sei daher unsere Christenpflicht, die Gabe der Klugheit zu seinem Wohl einzusetzen und über den Knecht zu wachen, wie er über die Kühe.
    In den Augen meiner Mitschüler sehe ich den gleichen Blick, den Vater hatte, wenn, er mit dem Knecht sprach. Jedoch glaube ich nicht, dass Gott mich dumm gemacht hat. Vielmehr hat der Teufel die anderen klug gemacht.
    Das sagt zumindest Bruder Drummond, wenn er in meinem Kopf zu mir spricht.
    ***
    Norman hatte Nicole versichert, nichts über Vorfälle aus dem Jahr 1901 oder davor zu wissen. In den Unterlagen, die sie gemeinsam durchgeblättert hatten, fehlte das komplette Jahr, aber die Lehrer, die ein Jahr vorher angestellt waren, tauchten mit wenigen Ausnahmen auch im nachfolgenden Jahr wieder auf. Für 1801 und 1701 war die Schulchronik der einzige Anhaltspunkt, das sich etwas Ungewöhnliches abgespielt hatte.
    Während des Gesprächs hatte Nicole den Schuldirektor telepathisch sondiert, aber er schien genau das zu denken, was er auch aussprach. Nur die unterschwellige Angst, die jeden seiner Gedanken durchdrang, irritierte die Dämonenjägerin.
    Sie ließ sich von Norman eine Wegbeschreibung zur Wohnung des Hausmeisters geben und verließ das Gebäude. Die Sonne schien aus einem fast wolkenlosen Himmel, aber der schneidende Wind verhinderte, dass Nicole ihre Wärme spüren konnte.
    Sie ging die breite Einfahrt entlang, die sie einen Tag zuvor befahren hatten, und bog in einen Weg ein, der auf beiden Seiten von einer hohen Hecke gesäumt wurde. Die ausladenden Äste alter Bäume bildeten ein natürliches Dach.
    Romantisch, dachte Nicole, kurz bevor das Geräusch einer Motorsäge diesen Eindruck beendete.
    Nach einigen Minuten kam ein kleines, zweistöckiges Haus in Sicht, vor dem ein neu aussehender Pick-up-Truck stand. Auf der Ladefläche stapelte sich Feuerholz. Daneben zerlegte ein älterer Mann einen Baumstamm mit einer Motorsäge.
    Er sah auf, als Nicole in sein Blickfeld trat und stellte die Säge ab.
    »Guten Morgen«, sagte er freundlich. Sein schottischer Dialekt war so stark, dass selbst diese Begrüßung nur schwer zu verstehen war.
    »Guten Morgen. Sind Sie Sean?«
    Der Mann nickte.
    »Direktor Pearce hat mir gesagt, wo ich Sie finden kann«, fuhr Nicole fort. »Er meinte, Sie könnten mir bei einigen Fragen behilflich sein.«
    Sean setzte sich auf den Baumstamm und öffnete eine Thermoskanne mit Tee. Er schien nicht unglücklich darüber zu sein, von der Arbeit abgehalten zu werden.
    »Schießen Sie los.«
    »Ich beschäftige mich mit der Geschichte dieser Schule«, sagte die Dämonenjägerin zur Erklärung, »und frage mich, ob Sie je ungewöhnliche Geschichten gehört haben oder Gerüchte über Ereignisse in der Vergangenheit.«
    Sean schüttelte den Kopf und grinste. »Was die vornehmen Jungs manchmal mit den Dorfmädchen anstellen, würde ich schon ungewöhnlich nennen, aber ansonsten…« Er hob die Schultern. »Ich wüsste da nichts.«
    »Ihre Familie arbeitet schon lange auf diesem Besitz?«
    »Seit Generationen halten wir den Laden zusammen«, antwortete Sean stolz. »Es hat nie Grund zur Klage gegeben.«
    Nicole spürte, dass der Hausmeister etwas verbarg. Selbst wenn die Schule ein seltenes Beispiel für völlige, Jahrhunderte währende Redlichkeit war, mussten sich Geschichten und Legenden um das alte Schloss ranken. So etwas geschah fast schon automatisch.
    Nicole öffnete ihren Geist und tastete nach Seans Gedanken.
    »Seltsam, dass Ihnen gar nichts einfällt«, sagte sie gleichzeitig.

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