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0699 - Schule des Satans

0699 - Schule des Satans

Titel: 0699 - Schule des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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ihm die Einmischung in das Gespräch lästig. Der Bruder beließ es bei seiner Warnung, was mich nachdenklich stimmt. Die Mönche sind sonst sehr streng, wenn jemand sich in der Kapelle ungebührlich verhält. Doch Alfred lassen sie einfach gewähren. Haben etwa auch sie Angst vor ihm?
    Bruder Matthew unterrichtete uns heute in Literatur. Er sprach über den großen Dichter William Shakespeare und das Theaterstück Hamlet. Es handelt von einem dänischen Prinzen, dessen toter Vater ihm den Namen seines Mörders verrät. Hamlet rächt den Tod des Königs, verliert dabei jedoch seine Geliebte, seine Freunde und sein Leben. Ich denke an Bruder Drummond und seine stumme Anklage und frage mich, ob mir das gleiche Schicksal wie Hamlet bevorsteht. Wenn es so kommen sollte, hoffe ich nur, dass mein Vater diese Zeilen liest und erfährt, dass sein Sohn einen ehrenvollen Tod gestorben ist.
    Im Schlafsaal halte ich es fast nicht mehr aus. Trotz des schneidenden Windes blieb ich heute draußen, bis die Brüder die Nachtglocke läuteten. Erst dann kehrte ich zurück, zitternd vor Kälte und auch - wie ich gestehen muss - vor Angst.
    Als ich den Saal betrat, verstummten die Gespräche. Alle beobachteten mich, sahen zu, wie ich meine Kleidung ablegte und in das Nachtgewand schlüpfte. Bruder Nigel stand im Gang, aber entgegen seiner üblichen Gewohnheit bat er nicht um den Schutz Gottes in dieser Nacht, sondern schloss nur stumm die Tür.
    Ich versuchte mir meine Angst nicht anmerken zu lassen, aber als ich die Bettdecke zurückschlug und sah, was darunter lag, schossen Tränen der Furcht in meine Augen und die Knie wurden mir weich.
    Es war eine Einladung der filii noctis.
    Ich starrte auf die schwarze Schrift, las jeden einzelnen Buchstaben, ohne die Bedeutung der Worte zu verstehen. Bruder Drummonds Stimme erschien in meinem Kopf und flüsterte, es sei keine Tinte auf dem Papier, sondern Alfreds Blut - Blut, so schwarz wie das des Teufels.
    Meine Hände zitterten, doch ich zwang sie nach der Einladung zu greifen und sie zu zerreißen. Ich hätte die Papierfetzen gern ins Feuer geworfen, so wie ich es Jeffrey gesagt hatte, aber dazu hätte ich mich umdrehen und den anderen die Tränen auf meinem Gesicht zeigen müssen. Und das wollte ich nicht.
    Also ließ ich sie einfach fallen und kroch in mein Bett. Ich spürte die Blicke in meinem Rücken und hörte gemurmelte Worte. Obwohl ich nichts verstehen konnte, wusste ich doch, dass die Gespräche um mich kreisten.
    Mittlerweile sind sie verstummt, das Licht der Kerzen ist längst erloschen und das Kratzen der Feder auf dem Papier ist das einzige Geräusch, das ich höre. Die anderen liegen in ihren Betten, stumm und wartend. Sie schlafen nicht, ebenso wenig wie ich. Wir sind wie Tiere, die sich gegenseitig belauern und auf den ersten Angriff warten.
    Ich denke an die Geschichte, die Jeffrey über den reichen einsamen Mann erzählt hat, der seine Seele dem Teufel verkaufte. Erst jetzt begreife ich, dass sie nicht wahr ist. Nicht der Teufel hat den Mann in die Einsamkeit getrieben, sondern die Menschen, mit denen er im Dorf wohnte. Hätten alle außer ihm einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, wäre er ebenso allein zurückgeblieben.
    Der Letzte der Gerechten.
    ***
    Zamorra stemmte sich vom Boden hoch und setzte sich auf einen der leeren Stühle. Die Kopfschmerzen hämmerten hinter seiner Stirn. Er tastete nach der Beule an seinem Hinterkopf und verzog das Gesicht. Es waren weniger die Schmerzen, die ihm zusetzten, als die Erniedrigung, von ein paar Teenagern ausgetrickst worden zu sein.
    Vor allem, weil er nicht wusste, wie sie es getan hatten.
    Er war sich ziemlich sicher, dass niemand hinter ihm gestanden hatte, als er mit Alexander gesprochen hatte, und doch war es einem seiner Schüler gelungen ihn niederzuschlagen.
    Telekinese?, fragte er sich und dachte an die Gestalten in weißen Kutten, die er zu sehen geglaubt hatte. Manche Geister verfügten über die Macht, Gegenstände durch die Kraft ihres Willens zu bewegen. Aber wenn tatsächlich Geister hinter diesem Angriff steckten, in welcher Verbindung standen sie zu den Schülern und wer waren die filii noctis ?
    Die Kopfschmerzen wurden stärker. Zamorra seufzte und beschloss, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, wenn sein Verstand wieder vernünftig funktionierte. Im Moment drehten sich seine Gedanken nur im Kreis.
    Er zuckte zusammen, als die Tür aufgestoßen wurde und Norman mit zwei Sicherheitsleuten das Klassenzimmer

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