07 - Asche zu Asche
Getroffen, dachte sie. »Bei einer Scheidung müssen Anträge eingereicht und Vorladungen überbracht werden, und der gute Mr. Abercrombie weiß gewiß, wie weit die Sache im Fall Ihres Mannes gediehen war. Ich könnte ihn also anrufen und mich erkundigen, aber wenn ich die Informationen habe, werde ich nur wieder zu Ihnen zurückkommen, um mit Ihnen zu reden. Und die Journalisten werden bis dahin immer noch vor dem Haus rumstehen und sich fragen, was die Bullen hier dauernd zu suchen haben. Wo sind übrigens Ihre Kinder?«
Jeans starrte sie trotzig an.
»Sie wissen doch, daß ihr Vater tot ist?«
»Was glauben Sie eigentlich, Sergeant?«
»Wissen sie auch, daß ihr Vater Sie um die Scheidung gebeten hatte? Denn er hatte Sie doch darum gebeten, richtig?«
Jean starrte auf die abgeknickte Ecke eines ihrer Alben. Mit dem Daumen glättete sie den Riß in dem Kunstledereinband.
»Antworte ihr, Pook.« Derrick Cooper stand mit einem leeren Becher, auf dem Elvis Presleys berühmtes unverschämtes Lächeln prangte, an der Küchentür. »Ist doch egal. Sag's ihr. Du brauchst ihn nicht. Du hast ihn nie gebraucht.«
»Und das ist ein echtes Glück, nicht wahr, da er ja tot ist.« Jean hob ihr blasses Gesicht. »Ja«, sagte sie zu Barbara. »Aber Sie haben die Antwort schon gewußt, stimmt's? Denn er hat der alten Kuh bestimmt erzählt, daß er mit mir geredet hatte, und die hatte bestimmt nichts Eiligeres zu tun, als es in ganz London rumzuposaunen, besonders wenn sie mich damit in ein schlechtes Licht rücken konnte. Das wollte sie ja immer. Daran hat sie sechzehn Jahre lang gearbeitet.«
»Mrs. Whitelaw?«
»Wer sonst?«
»Sie wollte Sie in ein schlechtes Licht rücken? Warum das denn?«
»Na, ich war doch nie gut genug für ihren heißgeliebten Kenny.« Jean lachte höhnisch. »Ganz im Gegensatz zu Gabriella.«
»Dann wußten Sie, daß er Gabriella Patten heiraten wollte?«
Jean stieß das Album, das sie in Händen hielt, in einen der Müllsäcke und sah sich nach weiterer Beschäftigung um, aber es schien sich nichts anzubieten. »Die müssen zugebunden werden, Der«, sagte sie. »Wo hast du den Draht hingetan? Liegt er noch oben?« Und sie sah ihm nach, wie er, ohne zu antworten, die Treppe hinaufstampfte.
»Hat Ihr Mann mit Ihren Kindern über die Scheidung gesprochen?« fragte Barbara. »Wo sind sie übrigens?«
»Halten Sie die Kinder da raus«, fuhr Jean auf. »Lassen Sie sie ja in Ruhe! Sie haben genug mitgemacht. Jahrelang. Es reicht.«
»Soviel ich weiß, wollte Ihr Sohn mit seinem Vater eine Urlaubsreise machen. Einen Segeltörn in Griechenland. Sie wollten eigentlich am letzten Mittwoch abend fliegen. Warum ist die Reise ins Wasser gefallen?«
Jean stand auf und ging zum Wohnzimmerfenster. Dort nahm sie eine Packung Embassy von der Fensterbank und zündete sich eine Zigarette an.
»Du mußt endlich aufhören zu qualmen«, mahnte ihr Bruder, der die Treppe herunterkam. Er warf eine Rolle Draht auf einen der Müllsäcke. »Wie oft muß ich dir das noch sagen, Pook?«
»Ja, ja, ich weiß«, entgegnete sie. »Du hast ja recht. Aber jetzt ist bestimmt nicht der richtige Moment. Wolltest du nicht Tee machen? Ich glaub, das Wasser kocht schon.«
Stirnrunzelnd verschwand er in der Küche. Wasser plätscherte, und ein Löffel klirrte an Keramik. Dann kam er mit dem Tee. Er stellte den Becher auf die Fensterbank und ließ sich aufs Sofa fallen. Er legte die Beine auf den Couchtisch und kreuzte sie an den Knöcheln, um seine Absicht kundzutun, bis zum Ende des Gesprächs so auszuharren. Soll er ruhig, dachte Barbara und knüpfte da wieder an, wo der Faden gerissen war.
»Ihr Mann sagte Ihnen, daß er sich scheiden lassen wollte, um wieder heiraten zu können? Und er sagte Ihnen auch, daß es sich um Gabriella Patten handelte? Haben Sie Ihren Kindern das alles erzählt?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Warum nicht?«
»Die Leute ändern ihre Meinung. Da war Kenny keine Ausnahme.«
Ihr Bruder stöhnte. »Der Scheißkerl war sehr wohl 'ne Ausnahme. Der war ein Star. Der hat an seiner Legende geschrieben, und das Kapitel hier mit euch war beendet. Wieso kapierst du das nicht? Warum kannst du nicht einfach loslassen?«
Jean warf ihm einen Blick zu.
»Du hättest dir inzwischen längst 'nen anderen suchen können. Du hättest deinen Kindern 'nen richtigen Vater geben können. Du hättest -«
»Halt die Klappe, Der.«
»He! Moment mal! Wie redest du denn mit mir?«
»Nicht anders als du mit mir. Du
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