070 - Neues vom Hexer
ein.
»Bis jetzt haben Sie nur Männer ‘reingelegt, denen es unmöglich ist, Sie anzuzeigen, weil sie sich in der Öffentlichkeit nicht bloßstellen dürfen. Aber früher oder später geraten Sie sicher einmal an den Unrechten. Und wenn dann der Richter fragt, ob jemand etwas über Sie aussagen kann, werde ich mich als Zeuge melden und unter Eid aussagen: >Diese Dame ist eine bekannte Erpresserin.< Sie wissen, daß Sie in diesem Fall eine Strafe von zwanzig Jahren bekommen.«
Sie lachte ihm nur ins Gesicht.
»Wenn ein General die Schlacht verliert, ist es eben aus mit ihm, und wenn ein Löwenbändiger die Bestien nicht im Zaum halten kann, fressen sie ihn auf . fangen Sie jetzt bloß nicht noch von dem Krug an, der so lange zum Brunnen geht, bis er bricht, sonst schreie ich um Hilfe. Wenn ich einen Fehler mache, muß ich eben zahlen. Aber verlassen Sie sich darauf, ich werde keinen machen. Darf ich Ihnen einen Cocktail anbieten?«
Bliss lächelte grimmig und schüttelte den Kopf.
Sie saß auf der Lehne eines großen, prachtvollen Sessels, legte den Kopf auf die Seite und sah ihn spöttisch an.
»Anstatt mir solche Moralpauken zu halten, sollten sie mich eigentlich um Unterstützung bitten. Ich glaube, ich bin die einzige Person in London, die den Hexer fangen könnte!«
Er ärgerte sich über diese Anzüglichkeit. In der letzten Zeit hatte der Hexer wieder viel von sich reden gemacht, ohne daß die Polizei auch nur den geringsten Erfolg buchen konnte.
»Passen Sie nur auf, daß er Sie nicht faßt«, erwiderte er etwas lahm.
»Um Himmels willen, meinen Sie, der Hexer könnte mir etwas anhaben? Glauben Sie mir, Mr. Bliss, wenn in Scotland Yard Frauen wie ich säßen, wäre er schon vor Jahren gefaßt worden. Ich wünschte nur, er würde einmal mit mir anbinden – sehen Sie her!«
Sie ging zum Kamin und blieb dicht davor stehen.
Er konnte deshalb nicht bemerken, daß sie eine kleine Tür in der Marmorumrahmung öffnete. Als sie sich wieder umdrehte, hielt sie einen Browning in der Hand.
»Haben Sie einen Waffenschein?« fragte er schroff, aber sie lachte ihn nur aus.
»Seien Sie doch vernünftig. Natürlich habe ich einen. Aber viel wichtiger ist, daß ich tatsächlich mit einer Pistole umgehen kann. Ich war mit einem Farmer verheiratet und habe zwei Jahre in Australien gelebt. Wir wohnten in einer einsamen Gegend, und er hat mir das Schießen beigebracht. Was bekomme ich, wenn ich Ihnen den Hexer fange – eine Medaille?«
Er schüttelte den Kopf.
»Wir werden gnädig mit Ihnen verfahren, wenn Sie vor dem Richter stehen.«
Sechs Monate später machte Lou doch einen großen Fehler. Mr. Bayford war noch jung und unternehmungslustig, obwohl er mit der jüngsten Tochter Lord Rendleshams verlobt war. Zufällig lernte er Lou kennen, und diese schöne Frau bezauberte ihn sofort. Ihre Einladung, zum Tee zu ihr zu kommen, schmeichelte ihm über alle Maßen. Allgemein galt der hübsche Mr. Bayford als unheimlich reich, da sein Vater Millionär war, aber er wurde mit Geld sehr kurz gehalten und wußte genau, daß sein Vater ihm keine größeren Summen zur Verfügung stellen würde.
Als Lou ihre große Szene aufführte und einen Scheck über zehntausend Pfund forderte, fiel er aus allen Wolken und konnte kaum noch klar denken.
»Sie unverschämte Person! Das ist ja schamlos! Ich habe Ihnen das Kleid doch nicht zerrissen – ich habe Sie nur geküßt! Sie sind wohl ganz verrückt, daß Sie so etwas behaupten wollen!«
Seine Worte ließen sie kalt und gleichgültig.
»Wo soll ich denn zehntausend Pfund hernehmen? Ich habe doch keine zehntausend Pfund…«
Aber plötzlich erinnerte er sich, daß sein zukünftiger Schwiegervater gerade an diesem Tag zehntausend Pfund auf sein Bankkonto überwiesen hatte. Damit wollte er eine Teilhaberschaft kaufen. Im ganzen sollten zwanzigtausend Pfund eingezahlt werden, und sein Vater wollte morgen die andere Hälfte zahlen. Lou hatte sich eingehend über die finanzielle Lage ihres Opfers informiert.
»Reden Sie doch nicht solchen Unsinn! Ich kenne Ihr Bankguthaben genau. Sie haben über elftausend Pfund auf Ihrem Konto bei der Western-Bank.«
Mr. Bayford hatte sich so weit gesammelt, daß er überlegen konnte. Jetzt erst erkannte er die verzweifelte Situation, in der er sich befand. Mit seinem Vater stand er nicht besonders gut, und der alte Herr hatte schon die Absicht geäußert, sein Vermögen einer wohltätigen Gesellschaft zu vermachen. Außerdem nahm Lord Rendlesham
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