0702 - Die Nacht der bösen Frauen
nicht.«
»Rede doch nicht so ein Blech, Alter!« Vom Tisch her hörten sie die Stimme eines Uniformierten.
»Schätze, daß ich die Kleine mal fragen werde, was hier Sache ist.«
Ein Stuhl wurde gerückt.
Suko schielte über seine Schulter hinweg. Er hatte zwar nicht viel verstanden, doch den Sinn der provozierenden Bemerkung hatte er schon begriffen.
Einer der drei Kerle stand auf. Es war der größte, ein wild aussehender Bursche mit blauschwarzen Haaren und einem kantigen Gesicht. Seine Unterlippe stand etwas vor. Eine männliche Schönheit war der Knabe nicht, er fühlte sich jedoch unwiderstehlich, und er kam näher.
»Das gibt Ärger«, sagte Marek.
»Das befürchte ich auch.«
Der Polizist kam sich vor wie ein Kinoheld. Er rückte sein Koppel zurecht, strich mit den Händen an seinen Hüften entlang, als hinge dort ein Colt, dann ging er noch einen großen Schritt nach vorn und blieb neben der Unbekannten stehen.
»Hier bin ich, Schönheit.«
Das Mädchen kümmerte sich nicht um ihn. Es schwieg, trank seinen Wein und schaute ins Leere.
»He, Schönheit, was ist? Willst du mit mir nicht reden?«
»Richtig.«
Der Kerl lachte. »Das würde ich dir aber nicht raten. Ich bin schließlich ein Polizist, manche sagen Bulle zu mir. Und ich kann dich einsperren. Ich bin besser als der alte Knacker neben dir, darauf kannst du dich verlassen.«
»Geh besser!«
Der Uniformierte holte schnaufend Luft. »Ich werde nicht gehen, Schönheit. Ich bleibe hier, dann wirst du schon sehen, was du an mir hast.« Er legte ihr eine Hand auf die Schulter und bewegte dabei seine Finger, als wollte er das Fleisch kneten.
Das Mädchen schüttelte sich unwillig. Darauf wollte der komische Polizist keine Rücksicht nehmen.
Vor ihm und seiner Uniform hatten die meisten Menschen Respekt, da spielte es keine Rolle, welch einem Geschlecht sie angehörten.
»So, jetzt…«
»Nein!«
Die letzte Antwort der Unbekannten hatte lauter geklungen, sehr hart sogar und es lag ein Unterton in der Stimme, der einfach aufhorchen lassen mußte.
»Du willst nicht?«
»Es ist besser, wenn…«
Da lachte der junge Mann. Er fühlte sich so überlegen, auch deshalb, weil er das Mädchen überragte.
Einen Moment später lachte er nicht mehr, denn da hatte Marek ihn angesprochen und so hart gegen die Brust getippt, daß er zwei Schritte zurückwich.
»Du hast gehört, was die Kleine sagte. Pack dich! Geh wieder zu deinen Kollegen.«
Lachen. Kalt und rauh. Das Schütteln des Schädels. Es fiel bei dem Mann alles zusammen. »Unglaublich!« keuchte er. »Das ist ja unglaublich, verdammt noch mal!«
»Benimm dich!« Marek drohte mit dem Zeigefinger. »Du bist hier nicht im Zirkus.«
Der Polizist fühlte sich überfordert. Rhetorisch konnte er sich nicht mehr wehren, jetzt kam es ihm darauf an, das Gesicht nicht zu verlieren.
Die nächste Stufe hieß Gewalt!
Er sah so aus, als wollte er Marek mit einem Faustschlag zu Boden schmettern.
Suko wollte eingreifen, aber Marek schüttelte den Kopf. Er fühlte sich provoziert und wollte den Kampf allein durchstehen. Die Klasse besaß er nicht. Und er war auch nicht auf die Tricks eingestellt, mit denen sich der junge Mann vertraut gemacht hatte.
Er schlug nicht, er trat.
Es war ein gemeiner Tritt, begleitet von einem Lachen. Marek war zwar nicht zwischen den Beinen getroffen worden, aber viel hätte nicht gefehlt. Es tat ihm trotzdem weh, und er brüllte auf.
Dann wankte er zurück. Seine Augen wurden etwas glasig, und der Atem pfiff über seine Lippen.
Beide Hände preßte er auf die Stelle. Auf einem Stuhl fand er Platz, und der Polizist, der ihn getreten hatte, freute sich darüber.
Provozierend blieb er in der Mitte des Raumes stehen. Seine beiden Kumpel klatschten Beifall, der Wirt schimpfte, und Suko sagte kein einziges Wort. Er schwieg ebenso wie die Fremde.
Aber er schaute den Schläger an, und der fing, als er den Kopf drehte, Sukos Blick auf.
Der Kerl hatte vorgehabt zu lachen, aber dieses Geräusch erstickte bereits im Ansatz.
Der Blick störte ihn. Er war eine Warnung, und der junge Mann ahnte, daß er einen Fehler gemacht hatte.
Jetzt erst bewegte sich das Mädchen. Es nahm noch einen Schluck Wein, löste sich von der Theke und schlug einen kleinen Bogen, um in den Rücken des Polizisten zu gelangen.
Niemand sah, daß sich die rechte Hand der Kleinen bewegte und unter der Kleidung für einen Moment verschwand.
Sekunden später war sie wieder sichtbar, aber nicht nur sie.
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