0703 - Die Insel des Kopfjägers
er bisher nichts wußte.
»Wie meinst du das genau?«
»Denk an den Whisky!«
Vier Worte, ein Satz, der ihn getroffen hatte. Plötzlich ahnte er etwas, traute sich allerdings nicht, darüber zu sprechen. Hatte der Drink bitter geschmeckt?
Er wußte es nicht.
Jedenfalls spürte er keinen Nachgeschmack auf der Zunge. Vielleicht war es Bluff.
Er hörte ihre Stimme, er sah, wie sie auf die Uhr schaute, und es kam ihm vor, als wäre ihre Gestalt kleiner und schmaler geworden. Zudem bewegte sie sich wie Gummi. Sie schwang von einer Seite auf die andere, und da wußte er, was geschehen war. Daß er einen präparierten Drink zu sich genommen hatte, daß er…
»Verdammt…«
Melanie lachte. Es hörte sich seltsam schrill an. Wahrscheinlich lag es an seinem Gehör.
Da war alles anders.
Die Welt verkleinerte sich, seine Blickfelder waren eingeschränkt worden, und er ging einen Schritt nach vorn, kippte, stützte sich auf der Tischplatte ab.
Dick Travis kämpfte. Er wollte nicht. Er holte Luft, glaubte, sich schreien zu hören, es war aber nur ein Keuchen, mehr nicht. Er würgte, dann fiel er nach vorn.
Der Arm konnte sein Gewicht nicht mehr halten. Mit dem Gesicht zuerst klatschte er auf die Platte.
So blieb er…
Melanie kam näher. Sie swingte heran, sie gab sich lässig, sie summte sogar.
Und dann war sie bei ihm. »Idiot!« flüsterte sie. »Du verdammter Narr, du Volltrottel, du…«
Dick stöhnte. Er wollte sich bewegen, herumrollen, sein Körper zuckte nur noch.
Melanie wartete.
Sie gab ihm Minuten, dann würde es vorbei sein. Dann war er nicht tot, nur bewußtlos. Das reichte ihr, so sollte es auch sein, und sie lächelte weiter.
Mit beiden Händen zog sie ihn hoch, schleifte ihn zur Couch, legte ihn dort auf den Rücken.
Er war wie eine Puppe. Seine Arme hingen wie an Fäden. Sein Gesicht war starr, die Augen geschlossen.
Er lag da.
Melanie nickte. Sie würde ihn später in den Keller schaffen, hinein in ihr Refugium, in die Erinnerung an die langen Jahre, die sie in Peru verbracht hatte.
Es würde klappen.
Und trotzdem ging sie auf Nummer Sicher, denn sie wollte erfahren, ob er sich bewaffnet hatte. Mit geschickten Bewegungen tastete sie über Dicks Körper.
Nein, er trug keine Waffe bei sich. Auch nicht an den Rücken geklebt. Kein Messer, keine Pistole, kein…
Da war noch etwas!
Melanie war mißtrauisch geworden. Unter dem Hemd, etwa in Höhe der Hüfte, spürte sie etwas.
Einen Knubbel, einen Gegenstand, der vorstand und Ähnlichkeit mit einer dicken Warze aufwies.
War sie das tatsächlich?
Sie fetzte sein Hemd auf. Knöpfe sprangen ab. Plötzlich hatte sie es eilig. In ihrem Kopf hatte die Alarmglocke geschrillt, und einen Moment später ballte sie die Hände zu Fäusten zusammen, als sie den Gegenstand erkannte.
Es war keine Warze, keine nach außen gewachsene Geschwulst. Es war ein Sender, ein kleines Gerät aus dem High-Tech-Labor, ein Alarmmelder oder was auch immer.
Die Frau stöhnte vor Wut auf, sie war kalkweiß geworden, fühlte sich hintergangen. Dann warf sie das Fundstück zu Boden und zertrat es.
Jetzt ärgerte sie sich darüber, daß er bewußtlos geworden war. Im normalen Zustand hätte sie ihn schon zum Reden gezwungen, das stand fest. Was nun? Sie dachte nach, kaute beunruhigt auf ihrer Lippe, schaute nach draußen, weil sie erwartete, dort einen Feind zu sehen. Wer ein derartiges Gerät bei sich trug, mußte mit jemand anderem in Verbindung stehen, der mußte einen Helfer gehabt haben.
Sie unterbrach ihre Gedankenkette. Draußen hatte sie keine Gestalt gesehen, alles war ruhig geblieben, einfach zu ruhig, schon beklemmend. Sie war nicht mehr allein auf der Insel. Melanie ging davon aus, daß sich irgendwo jemand herumtrieb.
»Verdammter Hund!« fuhr sie den Bewußtlosen an und ärgerte sich, daß er schlauer gewesen war als sie. Dieser Kerl hatte sie auf eine raffinierte Art und Weise überlistet.
Noch war nicht aller Tage Abend.
Hier im großen Wohnraum fühlte sich Melanie relativ hilflos. Das würde sich ändern, wenn sie den Keller betreten hatte.
Da war sie stark.
Da wurde sie noch stärker.
Da würde sie kämpfen.
Und sie war sicher, daß sie auch den Kopf des Unbekannten ihrer Sammlung einverleiben würde…
***
Ich hatte gesehen, wie das Boot anlegte und wie geschickt es die Frau verstanden hatte, es in den kleinen Hafen zu steuern. Dick Travis hatte es vertäut, dann waren beide von Bord gegangen und hatten die Insel durchquert.
Ich war ihnen
Weitere Kostenlose Bücher