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0703 - Die Insel des Kopfjägers

0703 - Die Insel des Kopfjägers

Titel: 0703 - Die Insel des Kopfjägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wie Eis und nicht die nette Blondine, als die man sie des öfteren gesehen hatte. Sie freute sich und weidete sich an seinem Entsetzen. Sie war das Böse an sich.
    Hinter der hübschen Fassade war nichts mehr vorhanden, alles weg, alles verfault, sie sah nur noch aus wie ein Mensch. Sie arbeitete mit dem verrückten Mörder zusammen, sie hatte sich nicht gescheut, den Kopf ihres Mannes in einem Koffer durch die Gegend zu tragen.
    Und nun lag er vor ihm!
    Ihm war heiß, ihm war kalt zugleich. Der Schweiß rann über seinen Rücken. Er war kalt, er bildete kleine Bäche, er spürte es sehr deutlich, aber er achtete nicht darauf.
    Für ihn war eine Welt zusammengebrochen, obgleich er seine Schwägerin in Verdacht hatte.
    Jetzt hatte er den Beweis.
    Dick Travis konnte seinen Blick nicht vom Kopf des Mannes wenden, obwohl er einen so grauenhaften Anblick bot.
    Auf einmal weinte er.
    Dick hatte es so gut wie nicht bemerkt. Er spürte das krampfhafte Zucken, dann quollen Tränen aus seinen Augen. Helle Streifen rannen an seinen Wangen entlang, das starre Gesicht seines Bruders verschwamm im Schleier der Tränen. Dafür hörte er das leise Lachen der Frau, dieser Bestie, die einmal seine Schwägerin gewesen war, jetzt noch immer dazu zählte, aber von ihm nicht mehr akzeptiert wurde. Er hatte sie ausgestoßen, er wollte sie nicht mehr, er…
    Ihre Schritte drangen durch den dumpfen Wattefilm, der seinen Kopf umgab.
    Sie ging vom Tisch weg, den Kopf und den Koffer hatte sie auf der Platte stehenlassen. Mit einer geschmeidigen Bewegung ließ sie sich in einen Sessel sinken und schlug lässig die Beine übereinander, bevor sie fragte: »Nun, hast du dich abgefunden, mein Lieber?«
    Ihre Stimme erreichte ihn. Sie war die einer Fremden, sie klang hart und höhnisch…
    Dick holte Luft. Seine Glieder waren schwer geworden. Er wußte, daß er nicht gegen sie ankam.
    Das hatte nicht einmal etwas mit Körperkräften zu tun. Es lag einzig und allein daran, daß sie brutaler und abgebrühter war als er.
    Travis hätte am liebsten geschrieen. Selbst das schaffte er nicht. Er konnte nur schnappend Luft holen, und in seinen Augen brannte es ebenso wie in der Kehle. Im Hals schmeckte er Metall, Rost, wie altes Eisen.
    Das waren Extrem-Situationen, man hatte ihn ins kalte Wasser geworfen, das war einfach nicht mehr für ihn nachvollziehbar, und es war kein Spiel, kein Film.
    Sicher, ihn quälten Fragen, doch alle sie formulierte er in einem Wort.
    »Warum?«
    Melanie lächelte, gab sich lässig, hob die Schultern. »Es ist nicht einfach zu beantworten, mein Lieber.«
    »Das weiß ich«, sagte er und hatte sich schon gedreht. Er wollte den Kopf nicht mehr sehen. »Ich will trotzdem eine Antwort von dir haben. Du warst mit meinem Bruder verheiratet, du hast ihn einmal geliebt, ihr habt zusammen gewohnt. Ihr wart ein Ehepaar, und nun läufst du mit seinem Kopf durch die Gegend, der vom Körper des Toten abgehackt wurde. Das ist… das ist… mir fehlen einfach die Worte, weißt du? Ja, mir fehlen die Worte. Ich kann es nicht erklären, das mußt du schon machen, verdammt! Aber ich weiß, daß es keine Erklärung gibt, die ein normaler Mensch akzeptieren kann. Das ist nur möglich, wenn man einen perversen Geist hat, wenn man nicht mehr zur menschlichen Gemeinschaft gehört. Da kommt doch eines zum anderen, verflucht. Wie kann aus Liebe nur ein derartiger Haß werden, Melanie? Wie ist das möglich…?«
    »Ich habe ihn nicht gehaßt!«
    »Du lügst!« stieß er hervor. »Wer so etwas tut, der muß den anderen Menschen einfach hassen.«
    »Ich nicht.«
    »Was hast du dann? Warum hast du es denn getan? Ich kann es nicht fassen, das ist…«
    »Das mußte ich tun.«
    »Wieso?«
    »Ich war lange Zeit weg, mein lieber Schwager. Südamerika hat mich geprägt, aber es ist müßig, dir darüber Auskunft zu geben. Du hast dich nie für peruanische Totenriten interessiert. Dein Bruder übrigens auch nicht, Dick. Das war sein Fehler. Sie sind für mich sehr wichtig geworden. Ich habe sie erlebt. Ich habe mitbekommen dürfen, daß durch die Riten Kraft in mich hineinströmt. Es gibt uralte Natur-Magien. Ich habe sie gelernt, und ich habe gleichzeitig einen Ort gefunden, wo ich sie in aller Ruhe und ungestört ausüben kann, nämlich auf dieser Insel. Hier habe ich mein Refugium gefunden. Hier bin ich die Herrin, hier stört mich niemand. Auf Storm Island werde ich meine Künste vollenden können, und niemand schafft es, mich zu stören - niemand!«
    Dick

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