Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0712 - Satan von Kaschmir

0712 - Satan von Kaschmir

Titel: 0712 - Satan von Kaschmir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Clement
Vom Netzwerk:
sprach, hatte er lieber keine Ungläubigen in der Nähe.
    Der Junge wusch sorgfältig seine Hände, Arme und Gesicht in dem klaren Wasser. Dann richtete er seinen Gebetsteppich Richtung Mekka aus.
    Er wusste immer, in welcher Himmelsrichtung sich die Heilige Stadt des Islam gerade befand.
    Inbrünstig verrichtete Ali seine Gebete. Er beschloss, bei nächster Gelegenheit Zamorra und Nicole zum Islam zu bekehren. Das war aus seiner Sicht das größte Geschenk, das er ihnen machen konnte.
    Dieses Vorhaben begeisterte ihn. Gleich beim Abendessen würde er sie von den Vorzügen des Wahren Glaubens überzeugen.
    Ali beendete seine Gebete und rollte den Teppich wieder ordentlich zusammen.
    Plötzlich bemerkte er, dass etwas nicht in Ordnung war. Die Stimmung war anders geworden. Vielleicht lag es ja daran, dass die Sonne noch weiter hinter die Berge gesunken war. Ihre letzten Strahlen tauchten die Gipfel in blutiges Rot. Bald würde das Licht nicht mehr ausreichen. Er musste sich beeilen, zum Lager zurückzukehren.
    Flink sprang Ali auf und nahm den Teppich unter den Arm. Erschrocken verharrte er in seiner Bewegung.
    Er war nicht mehr allein.
    Das spürte der Junge ganz deutlich. Jemand war zu ihm gekommen. Aber wer? Nicole? Zamorra? Warum hätten sie sich so lautlos an ihn heranschleichen sollen?
    Ali traute sich nicht, sich umzudrehen. Und doch musste er es tun, wenn er nicht wahnsinnig werden wollte.
    Nun hatte ihn die Furcht in ihren Klauen. Ali hatte sogar zu viel Angst, um fortzulaufen oder um Hilfe zu rufen. Das Lager war nur einen Steinwurf entfernt. Seine Freunde würden gewiss schnell kommen, wenn er jetzt nach ihnen brüllte.
    Doch seine Kehle war wie zugeschnürt.
    Er musste einfach wissen, woran er war. Alles konnte er mehr ertragen als diese Ungewissheit.
    Langsam, Zentimeter für Zentimeter, wandte Ali den Kopf zur Seite.
    Dann blieb ihm vor Staunen der Mund offen stehen. Die Gestalt hinter ihm war kein wildes Tier und auch kein Dämon. Auch kein indischer Soldat oder einer der armen Hindu-Pilger, die auf dem Weg zu ihren Heiligen Bergen waren.
    Zwischen den Felsbrocken war ein Mullah erschienen. Ein islamischer Geistlicher…
    ***
    Natürlich begrüßte Ali Jama den Mullah mit aller Ehrerbietung, zu der er fähig war.
    Doch die Miene des Gottesmannes blieb düster. Unter zusammengezogenen dunklen Augenbrauen starrte er den Jungen wütend an.
    Ali Jama rutschte das Herz in die Hose.
    Der Mullah war eine ehrfurchtgebietende Gestalt. Er trug ein langes Gewand, das bis auf den Boden wallte. Ein schwarzer Turban war um seinen Kopf gewickelt. Und der weiße Bart reichte fast bis zur Hüfte.
    »Du lästerst Allah und hintergehst Mohammed, seinen Propheten!«, herrschte der Geistliche Ali an.
    Der Junge erbleichte. Seine Knie zitterten. Kalter Schweiß brach ihm aus.
    »Das- das ist nicht wahr, ehrwürdiger Mullah!«, brachte Ali hervor. »Welcher ungläubige Hund behauptet das?«
    »Welcher ungläubige Hund?«, höhnte der Geistliche. »Du selbst bist es doch, der den Ungläubigen dient und ihnen die Stiefel putzt!«
    »Zamorra und Nicole sind meine Freunde«, protestierte der Junge schüchtern. »Ich bin nicht ihr Diener. Wir reisen gemeinsam in die Berge, um…«
    »Du wagst es, mir zu widersprechen?«, donnerte der Mullah.
    Ali senkte den Kopf. Schuldbewusst starrte er seine Schuhspitzen an. Er hatte gelernt, dass man auf die Geistlichen hören musste. So war es ihm von Kindesbeinen an eingebläut worden.
    »Vergebung, mächtiger Mullah«, murmelte er.
    »Ich will es dir noch einmal durchgehen lassen, weil du unter dem schädlichen Einfluss dieser Fremden stehst«, sagte der Geistliche. Er trat nun näher. Ali wagte es immer noch nicht aufzusehen.
    Der Mullah stand nun eine Armeslänge von dem Jungen entfernt. Er packte mit der rechten Hand Alis Kinn. Und drückte es nach oben.
    »Schau mir in die Augen, wenn ich mit dir rede! Dieser Zamorra und diese Nicole sind gefährlich, hörst du? Sie lästern mit ihrem Zauber Allah!«
    Ali erschrak. Das hatte er nicht bedacht. Er war nur unendlich erleichtert darüber gewesen, dass Zamorra diesen unheimlichen Dämon abgewehrt hatte.
    Es war, als würde der Mullah Alis Gedanken lesen.
    »Der Zauber von Ungläubigen ist immer dämonisch, auch wenn er für das Gute einzutreten scheint«, sagte der Mullah gefährlich leise.
    »Ja-jawohl«, flüsterte Ali. Die Gedanken schwirrten in seinem Kopf. Er fragte sich nicht, woher der Mullah hier mitten in der Bergeinsamkeit kam. Und

Weitere Kostenlose Bücher