0719 - Sargasso-Tod
in die Brust zu bohren. Nicole steppte zur Seite und ließ den stürmenden Klappergesellen in ihre Schwertspitze laufen. Er prallte so heftig auf die Hiebwaffe, dass sein Totenschädel vom Rumpf gerissen wurde und zu Boden kullerte.
Da griff ein weiteres Skelett von der Seite an! Es holte mit seiner Enteraxt aus!
Nicole handelte intuitiv. Die durchtrainierte Dämonenjägerin sprang in die Höhe. Mit der linken Hand umklammerte sie ein herabhängendes Tauende. Sie zog die Beine an. Und bretterte ihren linken Fuß gegen den Schädel des Axtschwingers!
Ihr anderer Fuß traf gleichzeitig einen anderen Angreifer. Zwei Totenköpfe zersplitterten gleichzeitig. Ihre Besitzer wurden durch den Aufprall von den Knochenfüßen gerissen.
Zamorra hatte ein Stück Tau um seinen linken Arm gewunden. Mit dieser improvisierten Abwehr steckte er die Hiebe seiner Gegner ein, die er nicht rechtzeitig mit dem Schwert parieren konnte.
Seine Klinge schickte noch zwei weitere Klappermänner zu Boden. Trotzdem waren die Skelette nach wie vor weit in der Überzahl. Wahrscheinlich hatten Zamorra und Nicole die ganze Besatzung des antiken Kriegsschiffs gegen sich. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die beiden Dämonenjäger in Stücke gehauen wurden.
Doch da geriet der Angriff plötzlich ins Stocken.
Die Skelette verharrten, hielten inne. Es war, als würden sie auf stumme Befehle aus weiter Ferne horchen. Dann kamen die Gerippe ins Stolpern, ins Straucheln. Einige ruderten mit den Knochenarmen, verloren ihre Schwerter. Wie auf Kommando stürzten sie alle in sich zusammen. Ehe sie es sich versahen, standen Zamorra und Nicole inmitten eines Knochenberges.
Die Gebeine rührten sich nicht mehr.
Nicole, die inzwischen wieder auf das Deck hinuntergesprungen war, senkte ihr Schwert.
»Wir sollten verschwinden, bevor die dämonische Kraft dieser Knochenarmee zurückkehrt, Cherie.«
Zamorra nickte zustimmend. Offenbar war die Energiequelle, aus der die toten Seeleute ihr Pseudo-Leben bezogen hatten, versiegt. Man musste nicht unbedingt darauf warten, bis sie wieder sprudelte.
Die beiden Dämonenjäger verließen das Schiff.
»Ich bin gespannt, ob es auf dieser Welt auch nichtdämonisches Leben gibt, Chef.«
»Ich auch. Und vor allem bin ich gespannt, wie wir in unsere Wirklichkeit zurückgelangen können.«
***
Kabor war unzufrieden.
Er hatte einen Teil seines schwarzmagischen Bewusstseins auf die Reise geschickt, um den Mann und die Frau am Südstrand auszuspähen.
Unbeschadet waren sie dort gelandet, nachdem der Seelenfresser sie mit sich in sein Reich gezerrt hatte. Kabor wollte sich einen Spaß mit diesen Menschlein machen. Daher hatte er die längst vermoderte Besatzung dieser römischen Trireme [2] mit seiner bösen Energie auferstehen lassen. Leider hatte die Kraft nicht lange genug gereicht. Die Skelette der römischen Seesoldaten waren wieder in sich zusammengestürzt, bevor sie diese verdammten weißmagischen Hexenmeister töten konnten.
Kabor hatte bemerkt, dass die beiden ihre Schwerter sehr gut zu führen verstanden. Ein weiterer Beweis dafür, dass der Dämon es mit gefährlichen Gegnern zu tun hatte.
Da ertönte plötzlich ein monotoner Singsang.
Kabor rollte mit seinen gelben Augen. Er war gerade mit seinem Bewusstseinsteil beschäftigt gewesen, das den Mann und die Frau aus sicherer Entfernung beobachtete.
Doch dann bemerkte er, dass es Zeit für die tägliche Huldigung war.
Pedolor stand bereits zu Füßen der Großen Statue. Kupferne Kohlebecken verströmten den beißenden Rauch von Zauberkräutern. Die Große Statue bildete das Zentrum des Tempels. Und Pedolor, der Hohepriester, genoss das Vorrecht, bis ganz nach vorne kommen zu dürfen.
Der bärtige Mann mit den hellen Augen war in ein togaartiges rotes Gewand gekleidet. Beide Arme hielt er nach vorne gesteckt, mit offenen Handflächen.
So erwies er seinem Götzen die Ehre.
»Ich lege meine Seele in deine Hände, großmächtiger Gedankenfürst.« Mit dieser Formel wandte sich der Hohepriester an Kabor.
Der Dämon beschloss, sich zunächst mit Pedolor zu befassen. Sein feinstofflicher Körper verschmolz mit der Großen Statue. Das goldene Denkmal leuchtete und vibrierte, als Kabor zu sprechen begann.
»Ich habe eine wichtige Aufgabe für dich, mein Hohepriester.«
Pedolor erstarrte vor Ehrfurcht. Er erlebte seit vielen Jahren, wie Kabor unzählige Seelen raubte und fraß. Pedolor war kein starker Mann, kein aufrechter Charakter. Wie ein Wurm hatte er
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