072 - Der unheimliche Mönch
Zweck sollte das haben? Bradley ist ein völlig talentloser Beamter." Als ob er ihre Gedanken lesen könnte, fragte er schnell: „Hat die interessante alte Dame vielleicht noch mehr darüber erzählt?"
Sie gingen zusammen durch die lange Ulmenallee, die zum Parktor führte. Noch vor zwei Tagen wäre sie vor Fane geflohen, aber nun fühlte sie sich merkwürdig zufrieden und ruhig in seiner Gegenwart. Sie konnte das selbst nicht erklären. Wie war es nur möglich gewesen, daß sie ihn vorher so wenig hatte leiden können?
„Mrs. Elvery ist eine Spezialistin für Verbrechen", sagte sie und lächelte mitleidig, obwohl ihr nicht zum Lachen zumute war. „Sie sammelt alle Zeitungsausschnitte über schwere Verbrechen, schon seit Jahren. Und sie hat mir auch erzählt, daß der ermordete Connor in einen großen Goldraub verwickelt war, der sich vor einigen Jahren ereignete. Außerdem nannte sie noch einen gewissen O'Shea."
„O'Shea?" fragte Fane schnell, und sie sah, daß sich sein Gesichtsausdruck änderte. „Zum Kuckuck, was weiß sie denn von O'Shea? Es wäre besser, daß sie sich in acht nähme und nicht solchen Unsinn redete - ach, verzeihen Sie." Er lächelte wieder.
„Haben Sie etwas über ihn gehört?" meinte Mary. „Ja, allerdings nur ein Gerücht", erwiderte er fast heiter. „Aber erzählen Sie mir nur weiter, was Mrs. Elvery noch gesagt hat."
„Sie behauptete, daß damals eine große Goldsendung verschwand. Der Schatz soll irgendwo vergraben liegen, ihrer Meinung nach hier in Monkshall. Connor habe danach gesucht, wie sie sagt, und den Butler Cotton ins Vertrauen gezogen, damit der ihn ins Haus lassen sollte. So ließe sich auch erklären, daß die Tür verschlossen und kein Fenster erbrochen war. Ich habe gehört, wie sie Mr. Partridge die ganze Geschichte erzählte. Mich mag sie nicht, sonst hätte sie es mir auch gesagt."
Eine Weile gingen die beiden schweigend nebeneinander her.
„Können Sie ihn gut leiden - ich meine den neuen Gast, den Pfarrer Partridge?" fragte Ferdie. „Ach, er ist ein ganz netter Mann." „Sie wollen wohl sagen, daß er Sie langweilt." Fane lachte leise vor sich hin. „Aber warum gehen Sie nicht nach London?"
Sie blieb plötzlich stehen und starrte ihn an. „Meinen Sie, ich sollte Monkshall verlassen? Wie kommen Sie darauf?" Er sah sie fest an.
„Meiner Meinung nach ist der Aufenthalt hier nichts für Sie. Ich glaube, es dürfte hier etwas zu gefährlich für eine junge Dame sein."
„Warum denn?" fragte sie ungläubig. „Es ist gefährlich für Sie, obgleich in Monkshall Leute wohnen, die Sie anbeten und die wahrscheinlich gern ihr eigenes Leben daransetzen würden, Sie zu retten und vor allem Übel zu bewahren." „Meinen Sie meinen Vater?"
Sie versuchte, ihn mißzuverstehen und das Gespräch auf ein anderes Thema zu bringen, da sie sich Fane gegenüber irgendwie verlegen fühlte.
„Nein, ich meine zwei andere - einer der beiden ist Mr. Goodman."
Zuerst wollte sie ärgerlich werden, aber dann lachte sie ziemlich laut.
„Das ist doch Unsinn! Mr. Goodman ist so alt, daß er mein Vater sein könnte!"
„Trotzdem ist er immer noch jung genug; um Sie zu lieben", erklärte Fane ruhig. „Mr. Goodman ist wirklich aufrichtig in Sie verliebt und schätzt Sie außerordentlich, Miss Redmayne. Und es gibt auch noch einen anderen Mann, der sich sehr für Sie interessiert."
„Sie meinen, wenn er nüchtern ist?" erwiderte sie herausfordernd. Aber dann tat es ihr leid, daß sie das gesagt hatte. Ihr fiel ein, daß sie im Haus noch etwas zu tun hatte, und er machte auch keinen Versuch, sie zurückzuhalten.
Als Inspektor Hallick nach London zurückfuhr, war er tief in Gedanken versunken, aber er tappte doch nicht so im dunkeln, wie sein Assistent annahm. Er war fest davon überzeugt, daß der geheimnisvolle Mord in Monkshall etwas mit jenem, Jahre zurückliegenden Goldraub zu tun hatte.
Als er in sein Büro kam, klingelte er und gab dem eintretenden Beamten den Auftrag, ihm die Akten über den großen Goldraub O'Sheas zu bringen.
„Außerdem brauche ich alle Angaben, die sich in der Registratur über O'Shea vorfinden."
Als der Beamte gegangen war, öffnete Hallick sein Notizbuch und schrieb sich auf, was er in Monkshall erfahren und beobachtet hatte. Zweifellos war der Schuß von der Ruine gefallen. Hallick hatte die Örtlichkeit genau untersucht und entdeckt, daß tatsächlich hinter einer großen Baumgruppe die Ruine einer alten Kapelle versteckt lag, die
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