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072 - Der unheimliche Mönch

072 - Der unheimliche Mönch

Titel: 072 - Der unheimliche Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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zeigte auf die Wände und die tiefen Nischen der Kapelle.
    „Hier habe ich Schätze aufgespeichert - da liegt Gold - viel Gold. Du glaubst nicht, wie herrlich die Barren im Lichtschein glänzen." Er wies mit der Hand in die Runde. „Hinter den Wänden dieser Kapelle befinden sich viele Kammern, in denen einst die toten Mönche beigesetzt worden sind. Ich habe die Knochen entfernt und das Gold dort versteckt."
    „Was ist das hier für ein Raum, Mr. Goodman?" fragte Mary ängstlich. „Ich habe ihn früher nie gesehen."
    Ein Lächeln ging über seine Züge.
    „Dies ist das Heiligtum, in dem meine Braut mir angetraut wird." Er legte den Arm um sie, und sie zwang sich, ruhig zu bleiben und keinen Widerstand zu leisten. „Hier sind früher andere Menschen getraut worden. Riechst du nicht mehr den Weihrauch? Duftet es nicht nach Myrten? Hier werden wir heiraten." Er nickte. „Was ist das ganze Leben? Geburt, Heirat und Tod. Auch hier sind Menschen gestorben, vor vielen hundert Jahren, und vielleicht sterben wir beide auch hier."
    Sein Lachen klang unheimlich und irr. Sie hatte es schon in früheren Nächten gehört.
    „Ich habe Leute hier begraben - hier hinter den Wanden dieser Kapelle - hier!" Er zeigte auf die verschiedenen Stellen. „Es waren Polizeibeamte, die nach mir suchten - sie kamen von Scotland Yard!"
    Er kniete auf den Boden und klopfte auf eine große Steinplatte.
    „Der eine von ihnen liegt hier unter dem Boden - ja, hörst du mich? Der kam hierher, um O'Shea zu fangen. Aber ich lebe, und er modert hier hinter dem Stein!"
    „Ach, bitte, seien Sie still", stieß sie keuchend hervor. „Sie sind schrecklich!"
    Er lachte über ihre Worte.
    „Ha, ha! Der schwarze Schrecken! - Ja, so haben sie mich ja wohl genannt. Merkwürdig, daß es der alte Goodman ist! Da saß ich oben in der Halle bei den anderen und hörte, wie diese verrückte, alte Frau von dem Mönch in der schwarzen Kutte sprach, und mußte im stillen lachen. Sie wußte ja gar nicht, daß ich direkt neben ihr saß." Er streckte seine Hand nach Mary aus und faßte sie am Arm.
    „Mr. Goodman!" Sie versuchte sich seinem Griff zu entziehen. „Sie werden mich jetzt gehen lassen. Mein Vater wird Ihnen alles geben, was Sie brauchen. Er tut alles für Sie, und Sie wissen, er ist ein Arzt."
    Aber sein fester Griff lockerte sich nicht.
    „Ach, dein Vater?" fragte er lachend. „Der tut alles, was ich ihm sage, denn er fürchtet mich. Das hast du auch nicht geglaubt, daß der Angst vor mir hat, was? Aber es stimmt. Er glaubt, ich sei wahnsinnig, deshalb sorgt er sich um mich. Im Grunde genommen aber ist er verrückt. Sie sind überhaupt hier alle verrückt!"
    Mit fast übermenschlicher Anstrengung gelang es ihr, sich aus seinem Griff zu befreien und zur Treppe zu fliehen. Aber bevor sie die Stufen hinaufeilen konnte, packte er sie wieder und riß sie zurück.
    „Nein, du darfst noch nicht fort."
    „Lassen Sie mich jetzt in Ruhe", sagte sie so ruhig wie möglich. „Ich verspreche Ihnen, daß ich nicht wieder fortlaufen werde. Sie können mir glauben."
    Er nickte und ließ sie los. Sie setzte sich auf eine Steinbank vor dem Altar.
    „Und jetzt will ich dir etwas vorspielen. Die Orgel klingt wunderbar in diesen Gewölben."
    Während er spielte, sprach er zusammenhanglose Worte.
    „Hast du diese alte Orgel schon gehört?" Er drehte sich um und sprach über die Schulter zu ihr. „Ich spiele für die Toten. Dann fangen sie an zu leben. Die alten Mönche gehen hier umher, sie kommen in langen Reihen, immer zu zweien und zweien. Junge Leute heiraten hier, und die alten Leute kommen, um hier zu sterben... Und manchmal sehe ich" auch Menschen, die ich kenne, die aber längst tot sind..."
    Plötzlich brach er das Spiel ab und zeigte ins Leere.
    „Sieh, dort steht Joe Connor!"
    Sie konnte nichts erkennen. Goodman winkte dem unsichtbaren Schatten.
    „Komm her, Connor, ich muß mit dir sprechen. Du armer Kerl hast lange im Gefängnis gesessen, nur weil der böse O'Shea dich verraten hat! Und nun kommst du und willst deinen Teil an der Beute haben? Gut, mein Junge, du sollst ihn bekommen!"
    Er erhob sich und legte den Arm um eine unsichtbare Gestalt. Mary konnte nichts sehen, aber er, in seinem Wahnsinnsanfall, schien tatsächlich Connor zu sehen. Er tat so, als ob er einen Mann zu der Steinbank führte, von der Mary aufgesprungen war.
    „Du sollst deinen Anteil haben, mein Junge. Alles Gold ist hier, Connor. Setz dich, ich will dir alles erklären. Ich

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