072 - Der unheimliche Mönch
hatte dieses alte Haus schon viele Monate vor unserem Anschlag auf den Goldtransport gekauft. Du verstehst doch, warum ich das getan habe, Connor? Dann habe ich das Gold in dem Lastwagen hierhergebracht und es in dieser Kapelle versteckt. Viele Wochen und Monate habe ich gearbeitet und die Gräber der alten Mönche mit Gold gefüllt. Du siehst, wie klug das von mir war, Connor! Ah, nun lächelst du!"
Er erhob sich und trat hinter die Steinbank, auf der der vermeintliche Geist saß.
„Ich sage dir das alles, weil du jetzt tot bist und Tote ja nicht mehr vor Gericht aussagen können.
Und dann habe ich Redmayne zum Besitzer des Hauses gemacht. Der mußte es für mich verwalten. Zuerst wollte er nicht, aber er mußte, denn ich hatte ihn in meiner Gewalt. Mein Verstand war etwas in Unordnung geraten, und Redmayne kümmerte sich um mich. Dafür habe ich ihn bezahlt. Nach außen hin galt ich nichts - nach außen hin war er der Herr von Monkshall. Sieh, und so habe ich die Polizei hinters Licht geführt. Niemand ist es im Traum eingefallen, daß ich O'Shea war! - Und nun kommst du hierher und willst deinen Teil haben - du verdammter Hund! Ich werde dir das Genick umdrehen! Ich werde dich erwürgen, du Schuft, du!"
Er schrie wild auf und griff in die Luft, als ob er einem Mann die Kehle zudrücken wollte. Dann tat er so, als ob er ihn zu Boden würfe, und kniete auf den Steinen. Sein Gesicht war vor Wut verzerrt.
Plötzlich schien er sich daran zu erinnern, daß Mary in der Kapelle war, und er sah sich um.
„Aber du fürchtest dich vor mir", sagte er ganz sanft, „ich hätte das nicht tun sollen."
Er trat nahe an sie heran, und plötzlich riß er sie an sich. Sie schrie vor Entsetzen auf, aber er beruhigte sie.
„Ich will dich nicht erschrecken, du sollst dich nicht vor mir fürchten. Schrei doch nicht! Ich liebe dich viel zu sehr, als daß ich dich erschrecken möchte."
Er wollte sie küssen, aber sie bog sich weit zurück.
„Nein, noch nicht - lassen Sie mir noch etwas Zeit..."
Er gab sie frei.
„Du wirst noch lernen, mich zu lieben. Hast du die kleinen Türen in den Wänden der Gänge gesehen? Die alten Mönche lebten dort, und dort ist auch dein Brautgemach."
Sie versuchte verzweifelt, Zeit zu gewinnen. Solche Wahnsinnsanfälle mußten ja auch wieder vorübergehen.
„Sie haben eben gesagt, daß Sie mich lieben", sagte sie leise.
„Ja, ich verehre dich, ich bete dich an", erwiderte er und verneigte sich leicht vor ihr.
„Sie würden mich doch nicht zwingen, Sie zu lieben, wenn ich einen andern gern hätte? Das würden Sie doch nicht tun?"
Er wurde bleich.
„Liebst du denn einen anderen?"
„Ja - ich - ich liebe Mr. Fane."
Es trat eine Pause ein. Keiner von beiden rührte sich oder sagte etwas. Dann griff er plötzlich nach ihrer Kehle. Sie glaubte schon, ihr Schicksal wäre besiegelt, als sie jemand am Arm packte und zur Seite riß. O'Shea sah sich einem Mann gegenüber, der eine Pistole auf ihn gerichtet hatte.
„Ich verhafte Sie, O'Shea!"
Es war Ferdie Fane, der Mary gerettet hatte.
„Gehen Sie von dem Lichtschalter weg... Ich will hier nicht plötzlich im Dunkeln sein. Treten Sie noch weiter nach links! So, jetzt bleiben Sie stehen."
„Wer sind Sie?" fragte O'Shea verhältnismäßig ruhig.
„Mein Name ist Bradley! Inspektor Bradley von Scotland Yard. Ich verhafte Sie, O'Shea! Seit drei Jahren warte ich auf diese Gelegenheit, und jetzt weiß ich alles, was ich wissen muß."
O'Shea nickte.
„Dann wissen Sie auch, was ich mit Marks gemacht habe?"
„Ja, Sie haben ihn ermordet."
„Er versuchte mich zu erwürgen. Ich glaube, er hatte mich erkannt. Seine Leiche..."
„Habe ich hinter der Mönchstür gefunden und dann in den Sessel gelegt, - in dem ich vorher saß. Wären er und Connor meinem Rat gefolgt, so wären sie heute beide noch am Leben."
O'Shea lächelte.
„Also, Sie sind Bradley? Derselbe, der Connor verhaftete? Und unseren Freund Marks auch? - Nun, ich verdiene, daß es mir so geht, weil ich Sie nicht zur rechten Zeit erkannt habe. - Miss Redmayne, ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen. Es tut mir leid, daß ich manchmal nicht ganz bei Verstand bin, aber das geht immer wieder vorüber. Nun möchte ich auch diese Mönchskutte ablegen."
Langsam zog er das schwarze Gewand aus.
„Nehmen Sie sich in acht", sagte Mary leise zu Bradley. „Es ist möglich, daß er noch immer wahnsinnig ist." Obgleich sie leise gesprochen hatte, verstand O'Shea ihre Worte.
„Ach, Miss
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