0724 - Der Stasi-Vampir
noch hätte saugen können, und kein Vampir tat so etwas freiwillig.
Für mich stand in diesem Augenblick fest, daß er freiwillig-unfreiwillig diese Tat begangen hatte.
Ihm muß der Befehl dazu irgendwie einprogrammiert worden sein.
Verdammt auch!
Ich wischte über mein nasses Gesicht. Damit war der Fall längst nicht gelöst, ich war auch nicht weitergekommen. Derjenige, der mir hätte helfen können, war tot.
Ich durchsuchte den Blutsauger nach Waffen. Ich fand den Revolver mit dem Schalldämpfer an seinem Rücken, im Hosengürtel steckend. Dabei fragte ich mich, weshalb er sich nicht damit gewehrt hatte. Er hätte mich ebenso umbringen können wie Erich Maier.
Vielleicht war ihm die Zeit dazu nicht geblieben. Er hatte die Waffe ja schon weggesteckt gehabt, als ich auf ihn zurannte. Jedenfalls war diese Spur gelöscht worden.
Mir blieben die Aussagen des Stasi-Mannes, die sich allerdings nur aus gewissen Andeutungen zusammensetzten. Den genauen Hintergrund würde ich erforschen müssen.
Ich stand wieder auf.
In diesem Moment fühlte ich mich sehr allein. Ich stand inmitten das Regens, kam mir plötzlich sehr einsam und verlassen vor. Ich hätte gern mit jemandem über diesen Fall gesprochen. Um dies zu tun, mußte ich zurück zu meinem Wagen.
Dia Mordkommission würde Arbeit bekommen. Für sie war dar Fall gewissermaßen schon erledigt.
Für mich fing er erst an!
***
Sir James Powell, in dessen Büro ich saß, schaute mich sorgenvoll an. Immer wann ich den Begriff Stasi erwähnte, verzog er das Gesicht, als hätte er einige Tropfen Säure geschluckt.
»Das gefällt mir nicht, John, das gefällt mir überhaupt nicht, muß ich Ihnen sagen.«
»Mir machen Vampire auch keinen Spaß«, gab ich zu.
Er winkte ab. »So meine ich das nicht einmal. Es geht mir um andere Dinge.«
»Stasi?«
»Richtig. Bisher war ich dar Meinung gewesen, daß es Sache der Deutschen ist, sich mit dieser Organisation herumzuschlagen. Das stimmt wohl jetzt nicht mehr.«
»Es sieht so aus, Sir.«
»Wir müssen uns reinhängen.«
Ich hob die Schultern. »Klar, Vampire sind eine Sache, die uns etwas angehen. Das ist international. Zum Glück habe ich in Leipzig einen Freund sitzen. Ich werde Harry Stahl Bescheid gaben, damit er sich einmal umhört. Ich könnte mir vorstellen, daß ein Mann wie er sich bei der Stasi auskennt, auch wenn er selbst nicht zu diesem Verein gehört hat.«
»Ja, das denke ich auch.«
»Wann werden Sie ihn anrufen?«
Ich schaute auf die Uhr. »Direkt.«
Sir James hob den Hörer an und hielt ihn mir entgegen. Er hatte die Nummer das Kommissars eingespeichert. Leider bekam ich Stahl nicht an den Apparat. Er sei dienstlich unterwegs, hieß es.
»Wann kehrt er zurück?«
»Das können wir Ihnen leider nicht sagen«, erwiderte die Stimme. »Es kann lange dauern.«
»Worum geht es?« fragte ich aus reiner Neugierde.
»Tut mir leid, wir sind nicht informiert«, kam die recht reserviert klingende Antwort zurück.
Ich legte auf.
»Nichts?« fragte Sir James.
»So ist es.«
»Und was werden Sie jetzt machen?«
»Nach Hause fahren, Sir. Ich setze mich dort ans Telefon und werde versuchen, Stahl zu erreichen. Das ist alles, was ich tun kann. Sicherheitshalber lasse ich mir schon die Tickets reservieren. Ich weiß, daß es eine Maschine von Düsseldorf nach Leipzig gibt.«
»Einverstanden.«
Mit dem Versprachen, Sir James auf dem laufenden zu halten, verließ ich sein Büro. Es war relativ spät geworden, schon nach 19.00 Uhr. Ich sah Glenda nicht mehr im Büro, holte von dort noch meinen feuchten Mantel und machte mich auf den Wag nach Hause.
Ich nahm den Wagen, ärgerte mich mal wieder über die auch zu dieser Zeit vorhandenen Staus, schimpfte ebenfalls über das Wetter, das über London wie ein grauer Vorhang hing, und war froh, als ich den Rover in dar Tiefgarage abstellen konnte.
In meiner Wohnung angekommen, atmete ich zunächst einmal tief durch. Sie und die Leere auf dem Hafengelände waren zwei verschiedene Welten. Ich machte mir einen Tee, der mich durchwärmen sollte, und kam mir gleichzeitig auch allein vor.
Es konnte daran liegen, daß ich keinen Partner hatte, der mit mir zusammen an demselben Fall hätte arbeiten können. Suko war eben in Paris, ich konnte ihn auch nicht herzaubern. Es war allein seine Entscheidung gewesen. Irgendwann würde er es sich überlegt haben und wieder nach London zurückkehren.
Telefon, Teekanne und die Tasse standen beisammen. Ich versuchte es immer
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