0724 - Der Stasi-Vampir
musterte ihn. In ihren Augen lag dabei ein kalter Glanz. Es konnte die Gier nach Menschenblut sein.
Mühsam fand Heinrich seine Sprache wieder. Der Schweiß rann ihm dabei über das Gesicht und sogar in den Mund, als er redete. »Was… was willst du von mir?« keuchte er.
»Weißt du das nicht?«
»Nein… nein…«
»Du hast alles abgestritten damals. Aber du hast Bescheid gewußt. Du warst eingeweiht. Du kennst das Schloß, du kennst die alte Schule. Man hat dir vertraut.«
»Ich war nie da.«
Sie fuhr fort. »Und du hast auch etwas über den Schwarzen gehört, das weiß ich.«
»Nur gehört!« keuchte er. »Ich sah ihn nie.«
»Das wird sich ändern. Schon bald kannst du ihm gegenüberstehen, mein Freund!«
Der dicke Polizist gab keine Antwort. Zumindest nicht akustisch. Sie malte sich allerdings in seinen Augen ab, und in ihnen war die blanke Angst zu lesen. Er wußte wohl, was die Worte bedeuteten und schüttelte den Kopf. Dann stieß er hervor: »Nein, nicht mit mir, bitte. Nein, ich… ich will nicht.«
»Du mußt. Es wird dir nichts anderes übrigbleiben. Du weißt, wer hier vor dir steht.«
»Ja - aber denk mal…«
Sie streckte beide Hände aus, und seine Worte verstummten. Helga Stoßflugs Finger berührten die Wangen des dicken Polizisten und kneteten die Haut dort so stark zusammen, daß er nicht anders konnte und vor Schmerzen aufschrie.
Er verkrampfte sich dabei. Durch seine Gestalt rann ein Fieberschauer nach dem anderen.
Endlich hatte auch Helmut Stoßflug die Sprache wiedergefunden. »Was hast du mit ihm vor?« keuchte er. »Verdammt noch mal, das kann nicht gutgehen!«
»Kein Sorge, ich bringe das schon in Ordnung. Ich habe lange darauf gewartet. Ich brauche es. Wenn es nicht dein Blut ist, dann wird es eben das seine sein.«
In diesem Moment wurde Helmut richtig bewußt, was mit seiner Frau geschehen war. Sie war kein Mensch mehr, sie war eine Blutsaugerin, eine verdammte Vampirin. Sie lebte von dem, was in den Adern der Menschen floß, von deren Lebenssaft.
Sie würde es trinken, sie würde sich davon ernähren. Allein bei dem Gedanken daran schüttelte er sich.
Der Flur kam ihm jetzt vor wie eine gewaltige Gruft, in die man ihn eingeklemmt hatte. Auch die Atmosphäre hatte sich radikal verändert. Die Luft war schwerer geworden. Schon jetzt kam sie ihm vor, als wäre sie mit Blut besprüht worden. Wenn er einatmete, dann schmeckte er bereits den süßlichen Geschmack.
Das hier war verrückt, er war in eine andere Welt hineingeraten, und das mitten in seiner alten Wohnung.
Das war nicht zu glauben.
Der Dicke schwitzte Blut und Wasser. Er machte überhaupt keine Anstalten, sich zu wehren. Er war alleingelassen worden, schwamm in seiner Furcht und sah dann, wie sich das Gesicht der Blutsaugerin dem seinen näherte.
Helga ließ sich Zeit damit. Sie genoß diese Sekunden vor dem Biß. Da reagierte sie wie jeder Vampir, und auch für sie gab es kein Zurück mehr in das normale Leben.
Helmut Stoßflug wollte weglaufen. Er konnte es nicht ertragen, aber da war ein Zwang wie träger Leim, der ihn auf der Stelle bannte. Er brachte es einfach nicht fertig, sich herumzudrehen und loszurennen.
»Du hast das Spiel überreizt«, flüsterte sie Heinrich zu.
Dann biß sie.
Und Helmut Stoßflug schaute zu. Er kam sich vor wie eingepackt in eine Rolle Draht, die von allen Seiten und an jeder Körperstelle in seine Haut schnitt. Es war verrückt, er kam nicht mit, er glaubte an einen Traum, da wurde alles zur Realität, was Alpträume nur bieten konnten. Es war der reine Irrsinn.
Heinrich war zusammengezuckt. Beim ersten Kontakt hatte er sich für einen Moment auf die Zehenspitzen gestellt, als wollte er sich nach vorn drücken, um dann aus dieser verdammten Enge zu fliehen.
Das gelang ihm nicht.
Sie hielt ihn fest.
Und ihre Hände waren wie Krallen. Helga hatte die Finger der linken Hand in das schüttere Haar des Polizisten verkrallt und seinen Kopf dabei so weit zur Seite gedrückt, daß die Haut an der anderen Seite des Halses sehr gestrafft war und sich die Adern deutlich darunter abzeichneten.
Für sie ideal.
Mit den Lippen und den Zähnen hing sie daran und hatte dabei den Kopf so gedreht, daß Helmut nur die Rückseite der blondroten Haarflut sehen konnte.
Aber er bekam die Bewegungen mit. Bei jedem tiefen Saugen zuckte sie, und er hörte gleichzeitig die Geräusche.
Dieses Saugen, Schmatzen und Schlürfen brachte ihn fast um den Verstand. Seine Haare wollten sich
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