0727 - Mystic, der Maniac
würde ihm aus ihrer Gestalt Wärme entgegenströmen. Dabei war es nur der kleine Ofen, der summte.
»Bevor Mystic dich besiegte«, sagte sie leise, »hob ich meine Hand an. Ich drehte dir die Fläche zu. Du mußt ihn einfach gesehen haben, wenn du nicht blind gewesen bist.«
»Ja, da schimmerte etwas.«
»Richtig. Es war ein dünner, blank geschliffener Stein. Beinahe schon ein Spiegel, und für mich ist er das auch. Ein kleiner Hexenspiegel, mein letzter Trumpf.«
»Was hat das mit mir zu tun?«
Yannah beugte sich noch mehr vor. Dann verschwand ihre linke Hand in Sukos Jackentasche. Ihre Finger bewegten sich so lange, bis sie den Gegenstand gefunden hatte. Sie holte kurze Zeit später einen Gegenstand hervor, der ebenso flach war, aber nicht so glänzte wie Yannahs geheimnisvoller Hexenspiegel.
Sie hielt den Stein so, daß Suko ihn sehen konnte. »Nun? Verstehst du es jetzt?«
»Noch nicht…«
»Dein Stein und mein Stein bestehen nicht nur aus dem gleichen Material, sie sind sogar aus demselben Felsblock geschlagen worden. Nur ist deiner nicht zum Spiegel geworden, aber für mich war er ein kleiner Sender. Ich wußte immer, wo du dich hingewandt hast, denn beide Steine stehen miteinander in Verbindung. Deshalb konnte ich so sicher sein, daß du mir nicht entwischst.« Sie lachte diebisch. Es hörte sich an, als würde sich ein kleines Kind freuen.
Suko schloß für einen Moment die Augen. Nicht, weil er müde war, sondern weil er sich darüber ärgerte, in eine Falle eingelaufen zu sein. An diesen Trick hatte er einfach nicht gedacht, und er tat auch nichts, als die Weiße Hexe den Stein wieder in seiner Tasche verschwinden ließ.
»So einfach ist es wirklich nicht, sich von mir trennen zu wollen. Ich bin immer einen Tick besser.«
»Das gebe ich zu, auch wenn ich es nicht gern tue«, erwiderte der Inspektor.
»Und deshalb wirst du weiterhin nach meinen Regeln tanzen, Suko. Ich bestimme, wie es weitergeht.«
»Und wie, bitte, geht es weiter?«
»Das wirst du in den nächsten Minuten erleben«, flüsterte die Weiße Hexe. In ihren Augen lag ein Versprechen, das Suko überhaupt nicht gut fand. Er traute ihr alles zu, aber seinen Tod wollte sie wohl nicht. Dann hätte sie anders reagiert.
Noch immer steckte die Schwäche in ihm. Es hatte sicherlich an diesem Getränk gelegen, das ihm eingeflößt worden war. Bestimmt war es so konzentriert gewesen, daß der Zustand noch einige Zeit andauern würde. Soweit Suko erkennen konnte, befand er sich mit Yannah allein im Zimmer. Sie rückte den Stuhl in eine bestimmte Position, weil sie sich mit Suko beschäftigen wollte.
»Sieh mich an!« verlangte sie.
Erst wollte Suko nicht, dann mußte er, als er ihre Blicke auf sich gerichtet fühlte.
Er starrte in ihr Gesicht, sah das langsame Nicken, dann die Bewegung der rechten Hand.
Aus der Tasche ihrer dunklen Lederjacke holte sie den kleinen Hexenspiegel hervor.
Wie schon einmal hielt sie ihn in der rechten Hand und drehte sie so herum, daß Suko gegen die Fläche des Spiegels schauen mußte. Er erwartete, sein Gesicht darin zu sehen, doch nicht seine Züge zeichneten sich auf der Fläche ab, sondern die der Hexe.
Yannah starrte ihn zweimal an.
Es war für Suko schon unheimlich, dies sehen zu müssen. Er spürte, wie es ihm grauste und kleine Eisklumpen über seinen Rücken hinweg nach unten rieselten.
Magie - Hexenmagie!
Und eine Kraft, die Suko einfing. Er fühlte sich plötzlich so leicht, so anders. Hob er vom Bett ab, um in die Spiegelfläche hineindringen zu können?
In seinem Kopf rauschte es. Er wollte sich zur Seite drehen, es ging nicht. Unsichtbare Klammern hielten seinen Schädel fest. Dazwischen hörte er das Flüstern der Weißen Hexe.
»Du kommst aus diesem Kreisel nicht heraus, Suko, du nicht. Ich habe dir gesagt, daß wir beide zusammengehören. Denk an die Steine, an den Spiegel in meiner Hand und an den Stein, der sich in deinem Besitz befindet. Er ist unser Band. Durch sie habe ich dich unter meiner Kontrolle. Ich kann sehen, was du tust, was du treibst, und ich habe viel, sehr viel gesehen, das mußt du mir glauben…«
Sie ließ ihre Worte austropfen und Suko gleichzeitig in einer gewissen Verlegenheit zurück. »Was hast du gesehen?« hauchte er. »Was, zum Henker, ist dir aufgefallen.«
»Alles.«
»Ich habe nichts getan.«
»Doch, du bist geflohen…«
»Ich mußte…«
»Sieh mich an!« Ihre weiche Stimme wurde plötzlich hart. Sie peitschte Suko entgegen. Gleichzeitig
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