073 - Dämonenrache
gehört zu haben.
Der junge Anwalt konnte noch keinen klaren Gedanken fassen. Wie betäubt wankte er auf die Tür zu, die sich plötzlich vor ihm auftat.
Die Frau hatte ihm geöffnet und lächelte ihn freundlich an.
»Kommen Sie, Monsieur Copernic.«
***
Roland surrte noch der Kopf, als er schon wieder in seinem Wagen saß. Zu ungeheuerlich war das, was er bei Leloc erlebt hatte.
Einerseits wollte er nicht glauben, was ihm widerfahren war, andererseits kam er nicht darüber hinweg, dass Leloc auch mit Tatsachen aufgewartet hatte, die nicht einfach so vom Tisch zu fegen waren. Er hatte Dinge durchleuchtet, die im geheimsten Innersten des jungen Anwalts aufbewahrt waren.
Sollte er auch den Rest von dem glauben, was der Asiate ihm anvertraut hatte?
Nach und nach überwand er sich, dem Asiaten erst einmal zu glauben. Es blieb ihm auch gar keine andere Wahl. Leon Dumarche hatte nach seinem Tod gemordet.
Und er würde weitermorden.
Mittlerweile war es dunkel geworden. Dumarche kommt nur nachts zurück.
Es wurde Nacht!
Plötzlich wurde Roland von einer fieberhaften Unruhe erfasst. Auch in dieser Nacht würden Menschenleben in höchster Gefahr sein. Er musste etwas unternehmen.
Bei der nächsten Telefonzelle hielt er seinen Wagen an und stieg aus. Wenig später war er mit Kommissar Breton verbunden.
Er sprach auf den Beamten ein.
»Was zu tun ist, müssen Sie schon mir überlassen, Copernic«, sagte Breton als erste Reaktion auf die hastig herausgestoßenen Empfehlungen Rolands. »Es ist doch Irrsinn, von mir zu verlangen, sämtliche Geschworene von Polizisten überwachen zu lassen. Und das auch noch auf unbestimmte Zeit. Wo soll ich außerdem die Polizisten herschaffen? Glauben Sie, ich hätte eine Zauberkiste, aus der ich die Beamten je nach Bedarf herausholen könnte?«
»Aber es muss etwas getan werden!«
»Ihre Nerven sind überreizt. Entspannen sie sich erst einmal. Wie kommen Sie eigentlich zu Ihren neuen Weisheiten?«
Roland wollte Breton nichts von seinem Besuch bei Leloc erzählen. Er hätte ohnehin kein Wort geglaubt.
»Dumarche hat Drohungen ausgestoßen«, sagte er statt dessen. »Als ich ihn zwei Tage vor seiner Hinrichtung besuchte, hat er mir versprochen, alle an seinem Tod Beteiligten zu ermorden.«
Breton lachte. Aber es war ein gequältes Lachen. Auch seine Bastion der Vernunft war ins Wanken geraten. Die Fundamente seines Glaubens an die Logik bröckelten.
»Lachen Sie nur«, sagte Roland giftig. Die Ignoranz des Beamten machte ihn wütend. »Vermutlich ziehen Sie es vor, noch mehr Morde zu bearbeiten, als sie es jetzt schon tun. Morde, bei denen Sie am Tatort auf die Fingerabdrücke Dumarches stoßen werden!«
Breton wurde plötzlich sehr ernst.
»Ich habe die Beamten für eine Überwachung nicht«, meinte er. »Was schlagen Sie sonst noch vor?«
Roland überlegte einen Augenblick, momentan erstaunt über den unerwarteten Gesinnungswandel Bretons. Die Angelegenheit schien auch ihm über den Kopf gewachsen zu sein. Auch er klammerte sich bereits gegen seine eigentliche Überzeugung an obskure Hoffnungen.
»Die Geschworenen müssten zumindest dringend gewarnt werden. Sie sollen sich in ihren Häusern verbarrikadieren. Noch besser wäre es, wenn sie ihre Koffer packten und auf schnellstem Wege die Stadt verließen!«
»Sie sind wohl verrückt geworden? Man kann den Leuten das doch nicht zumuten! Ein jeder Ihrer Vorschläge gleicht einem Offenbarungseid der Polizei!«
»Sie sagten doch selbst, dass Sie diese Leute nicht schützen können. Das mindeste, was Sie tun können, ist, sie zu warnen. Eindringlich zu warnen. Sie müssen ihnen ja nicht erklären, dass es ein Gespenst auf ihr Leben abgesehen hat. Das würde man Ihnen ohnehin nicht glauben. Aber Sie können den Leuten doch erklären, dass Freunde von Dumarche ihn rächen und alle an seinem Tod Schuldigen umbringen wollen.«
»Meinen Sie das wirklich ernst?«
»Allerdings meine ich das ernst. Denn ich habe das Gefühl, dass wir nicht mehr viel Zeit haben. Es ist schon zwanzig Uhr vorüber, und es ist dunkel. Bisher wurden alle Morde bei Nacht begangen. Der Mörder scheint das Tageslicht zu scheuen. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, nehme ich mir Aymé vor.«
»Den Sprecher der Geschworenen?«
»Er scheint mir mit am meisten gefährdet. Außerdem bin ich gerade in dem Viertel, in dem er wohnt. Ich werde bei ihm vorbeisehen!«
»Gut. Machen Sie das. Ich werde inzwischen von meinem Büro aus die anderen Leute anrufen. Melden
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