073 - Dämonenrache
lagen um den Kopf wie um einen Helm, den man sich aufsetzen will.
Schmatzend saugte sich der Kopf am blutigen Halsstumpf fest.
Langsam fuhren die Hände am Körper hinunter und stützten sich an den restlichen Dielenbrettern ab.
Der Dämon erhob sich aus seinem Versteck.
Das Weib war in die Knie gefallen. Die Handflächen hatte sie beschwörend erhoben. Ihre Lippen murmelten lautlose Worte. Die Muskeln an ihren nackten Armen zuckten wie nach einer großen körperlichen Anstrengung.
Dann begann der Dämon zu atmen. Seine Bewegungen, die vorher steif und marionettenhaft gewesen waren, wurden wieder flüssiger.
Der Kopf über dem roten Halswulst pendelte hin und her wie ein Radarsucher. Pfeifend schoss Atem aus der pumpenden Lunge. Der Kiefer mahlte noch unkontrolliert, als müsste er sich neu am Schädelknochen justieren.
Wie eine lebendige Statue des Schreckens stand das Monster im Raum.
Dumarche schien nach seiner Hinrichtung gewachsen zu sein. Roland wusste, dass das natürlich Unsinn war, und trotzdem wurde er dieses Gefühl nicht los.
Jetzt hatte das Monster ihn erkannt.
»Copernic?«
Die Stimme klang wie ein Tonband, das zu langsam abgespult, wird. Nur allmählich wurde Sie schneller und kam zu einem normalen, wenn auch immer noch unwirklich künstlichen Klang.
»Kleiner Mensch. Ich hatte dich nicht mehr erwartet. Wie dumm von dir, dein Leben so leichtsinnig wegzuwerfen.«
»Dumarche, ich...«
»Schweig. Was getan werden muss, muss getan werden. Deine Stunde ist gekommen.«
Das Monster machte einen Schritt auf Roland zu, der sich gegen die Rückwand seines unsichtbaren Gefängnisses drückte. Brennend heiß flammte es über seinen Rücken.
Doch auch der Dämon zuckte irritiert mit der Hand zurück. Offenbar war die Sperre auch für ihn existent.
Er wechselte einen schnellen Blick mit dem Weib. Sie nickte unmerklich.
Roland verfolgte, wie das Monster beide Arme hob und ein Wort murmelte. Die Luft vor ihm begann zu flimmern, und dieser flimmernde Vorhang sank in sich zusammen.
Das Monster stapfte wieder los. Seine mordenden Hände waren bereit, zu töten...
***
»Zu viele Leute wissen, dass ich hier bin«, redete Roland um sein Leben. »Sie werden hier in dieser Wohnung auftauchen, sobald ich nicht mehr zurückkomme. Und du hast keinen Platz für deinen Körper mehr, Dumarche.«
Der Dämon verhielt in seinem Schritt. Misstrauen legte sich über seine zerstörte Visage.
»Du könntest ihm das Gedächtnis nehmen, Leon«, sagte die Hexe dazwischen. »Dann schickst du ihn los und lässt ihn öffentlich Selbstmord begehen. Das ist doch keine Schwierigkeit für dich.«
Die zum Würgegriff erstarrten Hände wurden unmerklich lockerer. Die Finger bewegten sich nervös. Dann ließ das Monster die Hände sinken.
»Du hast recht«, sagte das Monster. »Ich werde später entscheiden. Die Nacht ist nur kurz, und groß ist mein Durst nach Rache. Wir sehen uns später, Copernic. Später.«
Er wandte sich um und ging hinüber in das andere Zimmer.
»Errichte den Bann«, sprach er über die Schulter zurück.
Die Hexe zischte wie eine Schlange, einige undeutliche Worte entrangen sich ihrem breitlippigen Mund, und schon begann die Luft vor Roland wieder zu flimmern.
»Ich werde dir Gesellschaft leisten, kleiner Mensch«, sagte die Hexe und setzte sich aufs Bett.
»Weißt du, wer das erste Opfer in dieser Nacht sein soll?«, fragte Roland.
»Natürlich«, grinste das Weib, »Nadine Colbert...«
Nadine Colbert. Sie war eine stille freundliche Frau von zweiunddreißig Jahren.
Sie war schon sehr früh Witwe geworden. Außer einem kleinen Vermögen hatte ihr Mann ihr zwei kleine Kinder hinterlassen.
Roland hatte noch in der Nacht zuvor mit ihr telefoniert und ihr geraten, die Stadt auf dem schnellsten Weg zu verlassen, doch sie hatte ihm erklärt, dass sie sich das wegen eines kränkelnden Kindes nicht erlauben könne. Ob man nicht das Haus überwachen lassen könnte. Mit den Zähnen knirschend, hatte Breton zugesagt.
Aber ein Polizist war für das Monster kein Hindernis, sondern nur ein weiterer Toter auf seinem blutgetränkten Weg.
Die Hexe starrte den jungen Anwalt an.
»Er wird auch ihre Kinder töten«, sagte sie in einem Ton, als würde sie vom Wetter reden.
Trotz dieser scheußlichen Ungeheuerlichkeit hörte Roland nur mit halbem Ohr hin. In seinem Kopf reifte ein wahnwitziger Plan.
»Kann ich ein Glas Wasser haben?«, fragte er.
Die Frau schaute ihn verwundert an. Dann grinste sie
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