073 - Der Killer, der nicht sterben konnte
Fernsehgerät, Kühlschrank, Telefon und Klimaanlage ausgestattet. Es gab sogar eine eigene TV-Station, die von Richard Matthews betreut wurde.
Er zeigte Videofilme. Am Tag für Kinder, am Abend für die Familie, nach Mitternacht für Erwachsene.
Die neuesten und schärfsten Hardcore-Streifen ließ er sich von Pierre Rochford besorgen. Er verließ sich ganz auf den Geschmack des Franzosen, der ihn noch nie enttäuscht hatte.
Für vergangene Nacht hatte ihm Rochford wieder ein paar »Superbänder« versprochen, aber er war nicht gekommen. So etwas hatte es bisher noch nie gegeben.
Es war schon mal vorgekommen, daß Pierre sich verspätet hatte, weil irgendetwas schiefgelaufen war und seinen Zeitplan durcheinandergebracht hatte.
Aber da hatte er wenigstens angerufen und Bescheid gesagt. Doch diesmal - nichts. Kein Anruf. Die ganze Nacht nicht. Richard Matthews fand das sonderbar.
Er hatte sich mit älteren Pornofilmen geholfen und nur zwei Protestanrufe bekommen. Den anderen Urlaubern hatte die Wiederholung entweder zugesagt, oder sie hatten den Streifen ohnedies noch nicht gesehen, weil sie erst ein paar Tage in »Green Heaven« weilten.
Matthews betrat das Büro seiner Frau. Sie telefonierte gerade mit Nairobi. Er wartete, bis sie das Gespräch beendet hatte, blickte zum Fenster hinaus und betrachtete wohlgefällig zwei Bikinischönheiten, die im gleißenden Sonnenlicht in hochhackigen Schuhen vorbeistelzten.
Er war fünfundvierzig, grau an den Schläfen und mußte ständig auf sein Gewicht achten, um nicht fett zu werden. Beth war vier Jahre jünger, eine blonde, gepflegte Frau, die schon viel Kummer mit ihrem Mann gehabt hatte, denn er konnte nicht treu sein, und manche Urlauberinnen machten es ihm ganz besonders leicht. Da konnte ein Mann wie Richard einfach nicht widerstehen.
»Wenn du dich von den Schönen losreißen würdest, könntest du mir sagen, was du von mir willst«, bemerkte Beth trocken. Sie trug ein Kleid mit Spaghettiträgern, und das Dekolleté war sehenswert.
Ihr Mann drehte sich um. Er lächelte. »Hör mal, Appetit darf ich mir doch wohl noch auswärts holen. Gegessen wird sowieso zu Hause.«
»Tatsächlich? Seit wann?«
»Eine ganze Weile schon. Hat Pierre angerufen?«
»Nein.«
»Dem erzähle ich etwas«, knurrte Richard Matthews. »So versetzt hat er mich noch nie.«
»Wieso versetzt? War er denn noch nicht bei dir?«
»Bei mir? Wieso sollte er bei mir gewesen sein? Er ist ja noch nicht mal in ›Green Heaven‹ eingetroffen.«
»Unsinn. Sein Wagen steht doch vor dem Bungalow.«
»Willst du mich auf den Arm nehmen?« Matthews eilte zum Fenster. Am Ende des Feriendorfs gab es einen kleinen Bungalow, der dem Franzosen zur Verfügung stand.
Und davor stand tatsächlich Rochfords Auto.
»Das begreife ich nicht«, sagte Richard Matthews verwirrt. »Er wollte die Videokassetten noch vor Mitternacht bei mir abliefern, und nun findet er es nicht einmal der Mühe wert, sich zu entschuldigen.«
»Vielleicht ist er krank.«
»Krank«, brummte Richard Matthews, und seine Brauen zogen sich zusammen. »Gesoffen hat er gestern wahrscheinlich zuviel, und heute ist er immer noch so voll, daß er nicht auf die Beine kommt. Was der von mir zu hören kriegt, steckt er sich bestimmt nicht hintern Spiegel.«
Matthews verließ das Büro seiner Frau. Die warme, feuchtschwüle Luft stürzte sich draußen auf ihn und hüllte ihn ein. Obwohl er »Green Heaven« seit sieben Jahren mit seiner Frau leitete, hatte er sich immer noch nicht an das Klima gewöhnt. Schweiß begann auf seiner Stirn zu glänzen.
Eine dicke Frau aus Belgien wollte ihn mit einer Beschwerde aufhalten. Er verwies sie freundlich lächelnd und verständnisvoll nickend an seine Frau.
Er erreichte Pierre Rochfords Wagen und warf einen Blick in das Fahrzeug. Der Zündschlüssel steckte.
Pierre mußte ganz besonders blau gewesen sein. Er schloß sein Auto zwar so gut wie nie ab, doch den Startschlüssel hatte er noch nie abzuziehen vergessen.
Matthews öffnete die Tür auf der Fahrerseite, beugte sich in das Fahrzeug und griff nach dem Schlüssel. Er nahm ihn an sich und schloß den Kofferraum auf.
In einem Kunststoffköfferchen fand er fünf Videokassetten. Erwachsenenfilme mit eindeutigen Titeln. Scharfe Kassettenhüllen versprachen kleine Sensationen.
Matthews schloß das Köfferchen wieder und klemmte es sich unter den Arm. Nun wollte er den Franzosen zur Rede stellen und von ihm erfahren, warum er die Kassetten nicht, wie
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