0737 - Kreaturen der Finsternis
dicke Holz und hinterließ dort ihre Spur. Als sie sich darin festhakte und Jiri auf sie schaute, konnte er zum erstenmal sehen, daß es eine mit Stahlstiften bestückte Waffe war.
Ein furchtbares Mordinstrument.
War die Kreatur erledigt?
Nein, denn sie ruckte an der Kette. Sie löste sich aus dem Holz. In Intervallen wurde sie zurückgezogen und klirrte schließlich gegen den Steinboden.
Warum verdammt? Wieso konnte er noch die Kraft finden, die Kette zurückzuziehen? Das war doch einfach nicht wahr. Das Messer steckte in seiner Brust. Auch eine Kreatur der Finsternis konnte das nicht überstehen. Oder war sie etwa unbesiegbar?
Jiri Sabka keuchte und wich weiter zurück, denn die Kreatur kam auf den Tisch zu.
Sie hatte noch nicht aufgegeben, auch wenn das Messer in ihrem Oberkörper steckte. Doch sie hatte nicht mehr die Kraft wie noch vor wenigen Minuten.
Sie kämpfte sich voran, die Füße schleiften über den Boden. Sie jaulte auf, spie und stöhnte, und unter dem normalen Gesicht zeichnete sich noch immer die Echsenfratze ab, die blieb, wieder verschwand, zurückkehrte, aber immer an Intensität verlor.
Die Kreatur ging allmählich zugrunde, und Jiri spürte so etwas wie Hoffnung.
Er stand noch immer breitbeinig auf dem Tisch und schaute seinem Feind entgegen.
Er war der Mörder seiner Eltern. Er sollte dafür bezahlen, er mußte vernichtet werden.
Er war kein Mensch mehr!
Die Kreatur hatte den Tisch erreicht. Der Messergriff ragte aus ihrer Brust. Sie hob die Schultern hoch, winkelte auch die Arme an und stemmte danach beide Hände flach auf den Tisch.
So blieb sie stehen.
Sie keuchte, sie tat nichts, sie ruhte sich aus und wollte sich regenerieren.
Das durfte nicht geschehen!
Zum erstenmal sah er sie aus der Nähe. Jiri wußte, daß er es mit einem breitschultrigen, wild aussehenden Mann zu tun hatte, der wie ein Waldarbeiter wirkte.
Er hielt den Kopf gesenkt. Jiri schaute auf seinen Stiernacken, der von einigen Fettrollen bedeckt war.
Die Kreatur keuchte. Dabei blieb es nicht. Sie röhrte auch auf. Die Peitsche lag neben ihr am Boden.
Ein wildes Stöhnen floß aus dem Maul des Monstrums, das es tatsächlich schaffte, den rechten Arm anzuheben und die Hand dabei anzuwinkeln.
Der Messergriff war sein Ziel.
Die Finger berührten ihn. Sein Vorhaben lag auf der Hand. Er wollte das Messer aus der Wunde zerren, dann hätte er möglicherweise noch eine Chance gehabt.
Vor seinen Lippen sprühten dicke Speichelflocken, die in der Dunkelheit der Küche grau aussahen.
Schaffte er es?
Jiri wollte sich auf nichts verlassen. Er war näher an die Kreatur herangetreten. Sein Gewicht lagerte er auf das linke Bein, das rechte hatte er angehoben.
Dann folgte der Tritt!
Gut gezielt, hart und sicher!
Die Kreatur konnte ihm nichts entgegensetzen. Sie kippte zurück, klatschte auf den Steinboden, und diesem Geräusch folgte ein weitaus dumpferes, als der Hinterkopf aufschlug.
Jiri sprang zu Boden.
Erst wollte er die Kette aufheben. Dann fiel ihm ein, daß seine Eltern möglicherweise durch sie ermordet worden waren, und er ekelte sich plötzlich davor.
Angst verspürte er keine mehr.
Er ging auf die liegende Kreatur zu. Sein Mund zuckte. So, ja, genauso hatte er sie haben wollen. So und nicht anders. Vor seinen Füßen liegend, wimmernd und krepierend. Diese Urdämonen durften nicht überleben, die Gefahr für die Menschen war durch sie zu groß.
Jiri kniete sich an seine rechte Seite.
Das Messer in der Brust hatte sich etwas gelockert. Es steckte jetzt schräg. Blut hatte um die Einstichwunde den Stoff des Pullovers naß gemacht.
Jiri Sabka legte die Hände um den Griff. Mit einem Ruck zerrte er die Waffe aus der Wunde. Dabei leuchteten seine Augen auf, den Blick hielt er auf das Gesicht der Kreatur gerichtet, über dem auch die Klinge schwebte.
Vor und unter ihm fand eine ständige Metamorphose statt. Mal sah er das verzerrte, schweißüberströmte, normale Gesicht, dann wieder die unwahrscheinlich bösartige Fratze mit dem Echsenmaul.
Innerhalb weniger Sekunden wechselte es mehrere Male, doch Jiri ließ sich dadurch nicht beirren.
Er weinte, selbst als er in das wechselnde Gesicht hineinschrie. »Du mußt sterben, du verdammter Mörder! Du mußt vergehen! Du mußt sterben! Du darfst nicht mehr leben!«
Dann stieß er zu.
Und diesmal machte er alles klar.
Sabka wußte genau, wo und wie man den tödlichen Stoß ansetzen mußte. Er drehte sich zur Seite, weil er nicht von dem aus der Wunde
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