0741 - Im Haus der Ghouls
begeistert, als er hörte, in welch eine Richtung mein Verdacht hintendierte.
Da ich noch nichts Genaues wußte, bat ich ihn, zunächst einmal abzuwarten.
»Werde ich machen, John. Nur - bringen Sie mir bald die Lösung. Young drohte mit der Presse. Dem traue ich es zu, daß er die Sachlage in seine Richtung hinbiegt und er sehr positiv dasteht.«
»Das kann ich mir denken.« Ich war ziemlich wütend, als ich auflegte. Young war ein aalglatter Widerling, der schaffte es immer wieder, in Lücken zu schlüpfen. Aber er war ein Mensch und nicht so schlimm wie ein Gefühl. Das mußte ich mir immer wieder vor Augen halten.
Ich warf, bevor ich ging, einen letzten Blick auf das Lager, denn ein Bett war es nicht. Es sah zwar so aus, doch was sich da an Unterlage produzierte, konnte ich durchaus vergessen.
Auf dem Bett hatte ich meinen Koffer abgelegt. Ich öffnete ihn und stellte zufrieden fest, daß man ihn nicht durchwühlt hatte. Die wenigen Kleidungsstücke lagen so, wie ich sie drapiert hatte.
Danach verließ ich das Zimmer.
Die Decke im Hausflur war so niedrig, daß ich den Kopf einziehen mußte.
Vorhin war es im Haus still gewesen, nun nicht mehr, denn Kinderstimmen hallten zu mir hoch. Ich schaute zwischen den Geländern in den Treppenschacht hinein, sah Finger auf den Handläufen, die sich nur eine Etage tiefer befanden.
Dort hielten sich die beiden Kinder auf.
Sie tuschelten miteinander, als hätten sie Geheimnisse zu verteidigen. Und sie gingen in keine Wohnung, sondern blieben auf dem Absatz, wie ich hören konnte.
Die Familien mit den Kindern wohnten unter mir. Auch sie hausten menschenunwürdig, und die Kleinen würden für ihr Leben gezeichnet sein, wenn man ihnen den Rest auch noch nahm.
Ich schritt die Treppe nach unten. Die Stufen waren zwar fest, an den Kanten allerdings wiesen sie oft Maken auf, als hätte jemand versucht, seine bildhauerischen Fähigkeiten zu testen.
Die Kinder hörten mich. Sie wußten nicht, wer kam. So etwas wie Furcht überfiel sie, als sie die Schritte hörten, meinen Schatten sahen und dann still wurden.
Ich schaute auf sie nieder.
Sie hockten vor der Wand am Boden. Es waren ein Junge und ein Mädchen, beide ungefähr acht oder neun Jahre alt. Der Junge hatte die Beine ausgebreitet und in die Lücke hinein einen roten kleinen Plastikeimer gestellt, auf dessen Oberfläche aber beide Hände lagen, so daß er mir einen Blick in das kleine Kunststoffgefäß verwehrte.
Ich blieb stehen und lächelte.
Keines der Kinder lächelte zurück. Aus mißtrauischen Augen schauten sie mich an.
»Hi«, grüßte ich.
Der Junge blieb still. Das Mädchen, es hatte glattes Blondhaar, fragte: »Bist du der Neue?«
»Bin ich.«
»Dann wohnst du über uns?«
»Stimmt auch.«
Sie nickte, schaute gegen die Decke, und der Junge hob den Eimer leicht an. Er wollte ihn aus meiner Blickrichtung weg und zur Seite stellen. Dabei rutschten seine Hände ab. Für einen Moment gelang mir der Blick in den Eimer.
Ich sah etwas Weißes inmitten der roten Fläche. Es war kein Sand oder irgendeine andere Masse, sondern etwas, das bei mir einen mittelschweren Alarm auslöste.
»Darf ich mal sehen?« bat ich.
»Nein!« Der Junge zerrte den Eimer zur Seite.
Ich war schneller, hielt einen der Arme fest. Der Eimer rutschte, kantete und kippte.
Der Inhalt rutschte hervor.
Es waren zwei bleiche Knochen!
***
Also doch!
Ich hatte mich beim ersten Hinschauen nicht geirrt. Knochen, Stücke von Gebeinen, wahrscheinlich von den verschwundenen Männern. Und diese zwei Kinder hatten sie gefunden!
Sie schwiegen, auch ich hielt mich zurück. In der folgenden Zeit war nur unser Atmen zu hören, dessen Geräusche durch das schummrige Halbdunkel des Treppenflurs geisterten.
»Die haben wir gefunden«, sagte das Mädchen mit trotziger Stimme. »Und die gehören uns.«
Ich durfte jetzt nicht den großen Meister oder den Übererwachsenen herauskehren, sondern mußte cool bleiben und dabei ein wenig auch Psychologe. »Ich glaube euch, daß ihr die Knochen gefunden habt. Wer sie findet, dem gehören sie. Aber mal ehrlich, was wollt ihr damit anfangen? Das ist doch nichts zum Spielen.«
Ich hatte sie verunsichert. Beide schauten sich an. Der Junge hob die Schultern, er überließ ihr das Sprechen. »Wir sammeln eben alles.«
»Auch Knochen?«
»Klar. Die sind bestimmt von Teddy.«
»Wer ist Teddy?«
Das Mädchen zog seine Nase hoch. »Teddy war unser Hund. Er… er ist dann verschwunden.«
»Das tut mir
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