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0743 - Die Kinder des Adlers

0743 - Die Kinder des Adlers

Titel: 0743 - Die Kinder des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Austin Osman
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in den Köpfen zu kollern schien.
    Die Flüche des Piloten wandelten sich schlagartig in fromme Gebete. Er umklammerte das Steuerhorn und mühte sich, die Turbulenzen auszugleichen. Aber er selbst wurde zum Spielball, wurde mehr von dem Steuer vor-und zurückgerissen, als dass er die Maschine stabilisierte. Kurze heftige Böen trafen die Maschine. Aus der Finsternis prasselten Regenschleier gegen die Scheibe, dann trommelten Hagelkörner. Nicole, die sich an eine Innenverstrebung klammerte, spürte, wie das Flugzeug unter den Einschlägen zitterte.
    Es schien kein Oben und kein Unten mehr zu geben, alles war nur noch ein Chaos aus Dunkelheit und grellen Blitzen, aus dem Donnerdröhnen, dem Aufheulen des Motors, dem Platschen des Regens.
    Die Maschine wurde umhergeschleudert, rollte, stampfte, taumelte. Es gab keine Pause, keine Unterbrechung in diesem zermürbendem Toben. Keiner der Insassen hatte mehr eine Vorstellung, wie lange sie dem Unwetter schon getrotzt hatten.
    Es mochte nur Minuten gewesen sein, aber es schien sich um Ewigkeiten zu handeln. Jede Sekunde war inzwischen nichts als der hinausgezögerte Absturz, der Moment vor dem Moment, in dem eine Turbulenz sie in die Baumkronen schmetterte.
    Nicole schloss die Augen. Aber selbst durch die geschlossenen Lider nahm sie das Aufleuchten wahr. Die Blitze folgten einander schneller als Herzschläge und drangen mit ihrer gleißenden Helligkeit auch durch die schützende Lidhaut.
    Plötzlich wurde der Französin bewusst, dass sie beobachtet wurde. Und auf diese Erkenntnis, gerade so, als wäre damit eine Schleuse geöffnet worden, folgte der Anblick eines Gesichtes, einer hässlichen Hexenfratze, aus der sie ein trübes Auge unverwandt anstarrte. Die Boshaftigkeit dieses Blickes ließ Nicole schaudern.
    Ein erneuter Stoß warf sie aus ihrer Vision. Für Sekunden verlor sie die Orientierung, hörte nur das Geschrei des Piloten, die Stimme Tendykes, dumpfe Schläge gegen den Rumpf. Erkannte, dass die Maschine die Baumkronen gestreift hatte. Klammerte sich an eine Verstrebung und wartete auf das Ende.
    Für Sekunden öffnete sich der Regenschleier, machte den Blick frei auf den Wald, der greifbar nah unter ihnen entlangraste. Ein brauner Strich unterbrach den grünen Teppich.
    Der Pilot schrie auf und riss das Flugzeug in eine Kurve.
    Unverständliche Litaneien sprudelten von seinen Lippen. Er betete um einige Sekunden, nur noch einige Strich West, dann hatte er die Maschine auf Kurs, nur noch eine Sekunde, dann hatte er die Entfernung abgeschätzt, nur noch…
    Der nächste Regenschleier hüllte die Maschine ein, als wäre sie in einen See abgetaucht. Laut zählte der Pilot die Sekunden, dann drückte er seine Maschine nach unten, hinein in die Regenflut, die Finsternis, den Nebel.
    Etwas schlug gegen das Fahrwerk, die Maschine ruckte. Nicole konnte sich nur mit Mühe auf ihrem Sitz halten. Aus dem Seitenfenster sah sie vorbeiwischende Äste und dachte, dass ist es jetzt also, das ist der Absturz.
    Dann fing der Pilot die Maschine ab und setzte sie auf die Piste auf. Der Boden war von Regen durchnässt.
    Fast hätte sich das Flugzeug überschlagen, steckte die Nase nach unten und warf das Heck hoch, aber der Pilot bremste und ließ noch einmal den Motor aufheulen, und das Heckrad krachte abwärts und pflügte brav durch den aufspritzenden Schlamm. Der Pilot ließ die Maschine ausrollen, dann manövrierte er sie zu einer windschiefen Wellblechhütte, deren Umrisse im dichten Regen kaum erkennbar waren.
    Nachdem er die Zündung ausgestellt hatte, drehte er sich zu Nicole um.
    »Sagen Sie nie, ich hätte Sie nicht vorher gewarnt!«, brummte er.
    ***
    »Sie sind da. Sie haben sich zwei Zimmer im Hotel gemietet.«
    Saramango nahm die Information äußerlich gelassen zur Kenntnis.
    »Das Hotel, was?«, knurrte er. »Die Kakerlaken werden sie bald vertreiben. Trotzdem - ich werde unsere Freundin mal besuchen müssen!«
    Saramango ließ sich von seinen Leute zu der Hexe begleiten. Aber weder die Anwesenheit seiner Schläger, noch der Wutanfall, den er gegenüber der Alten hatte, konnten sie sonderlich beeindrucken. Sie kicherte nur und zuckte die Achseln.
    »Dann bring mich eben um, großer Saramango«, sagte sie. »Und verliere das einzige Auge, das in den anderen Wald blicken kann.« Dabei tippte sie mit ihrem krummen Finger auf die Wange, unter das milchig-trübe, halb vom herunterhängenden Lid verborgene Auge.
    »Du hast versagt«, schrie Saramango sie an. Dass man sein

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