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0743 - Die Kinder des Adlers

0743 - Die Kinder des Adlers

Titel: 0743 - Die Kinder des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Austin Osman
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liegen und vernahm das schlagartig wieder einsetzende Lärmen der Vögel und Insekten.
    Jetzt mischte sich ein neuer Klang darunter - ein Hilfeschrei!
    Als Zamorra der Stimme folgte, fand er einen geflochtenen Käfig, der in Kopfhöhe an einem Pfahl baumelte.
    Der Dämonenjäger brauchte nicht nach dem Namen des Jungen zu fragen, der in dem viel zu kleinen Käfig kauerte und ihn mit einer Mischung aus Panik und Hoffnung anschaute.
    »Du bist Leo!«, sagte der Dämonenjäger. »Wenn ich Recht habe, musst du das Taxi nach Hause bezahlen.«
    Leo erinnerte sich nur daran, dass er plötzlich in diesem Wald gewesen war, endlos lange durch das Unterholz geirrt war und schließlich von einer uralten einäugigen Hexe in diesen Käfig gesperrt worden war. Der Junge wirkte so vernünftig und rational, dass Zamorra sicher war, dass ein gnädiger Schockzustand ihm die wirkliche Erkenntnis seiner Situation ersparte.
    »Kannst du laufen?«, fragte der Professor.
    Leo nickte und schaute neugierig auf den soliden Stampfstock, den Zamorra aus dem Dorf mitnahm. Der bemerkte den fragenden Blick.
    »Mit diesem Gerät verprügeln die Indianerfrauen ihre lüsternen Ehemänner«, behauptete er. »Ein ungeheuer praktisches Gerät.«
    Sie zogen weiter. Der einzige nennenswerte Vorfall war das Erschrecken Leos, als der Affe mit dem Kindergesicht auftauchte und sie mit Früchten bombardierte.
    »Ein äußerst gastfreundliches Tier«, erklärte Zamorra grinsend. »Ich nenne ihn Butler Scarth. Aber du wirst wahrscheinlich nie herausfinden, warum er diesen Namen trägt.«
    ***
    Schüsse, die in der Nähe fielen, rissen Nicole aus dem Schlaf. Sie sprang auf, tastete sich durch die erste Dämmerung und hämmerte gegen die Tür von Tendykes Zimmer.
    »Nimm doch nicht alles persönlich«, motzte der und gähnte herzhaft. »Das waren Meldungen aus den polierten Ballermännern, mit denen hier alle herumlaufen. Vielleicht wollte nur einer seine Lebensfreude dokumentieren.«
    »Oder eine Lebensfreude beenden.«
    Sie schütteten die Kakerlaken aus den Waschschüsseln, fanden einen Kanister mit Wasser und wühlten in ihrem Gepäck nach den eisernen Rationen. Es fiel Nicole schwer, den aufgeweichten Kraftriegel in sich hineinzuwürgen, aber sie überwand sich.
    Viel schlimmer war die Frage, was sie jetzt tun sollten.
    Trotz Saramangos Zuvorkommenheit bestand kein Zweifel, dass sie sich auf feindlichem Territorium befanden und dass er ihnen Dinge verschwieg. Aber Nicole und Tendyke hatten erst einmal keine Möglichkeit, diesen Ort zu verlassen. Also konnten sie sich auch weiter umsehen. Vielleicht waren sie draußen, unter Menschen sogar sicherer, als wenn sie sich in diesem Hotel verkrochen.
    So gingen sie einen Weg entlang, der nicht besonders breit war, aber oft benutzt zu werden schien, denn der Boden war von vielen Sohlen festgetreten. Der Weg führte schnurgerade, wie mit dem Lineal gezogen, durch den Dschungel. Die hohen Bäume auf beiden Seiten verstärkten den Eindruck, durch den Grund einer Schlucht zu gehen. Schließlich war der Anfang des Weges nur noch ein schmaler heller Strich in der Ferne.
    Ein dumpfes Stampfen ließ sie aufhorchen. Es klang zunächst wie Trommeln, aber im Näherkommen erkannten sie den mechanischen Takt von Maschinen.
    Nicole und Tendyke traten aus dem Wald auf eine weite Rodung.
    Erdverschmierte Gestalten quollen aus einer riesigen Grube herauf und wankten in einer langen Reihe, gebückt unter schweren Säcken, zu einer Wellblechhalle. Von dort erklang das Stampfen, das jetzt in der Nähe die Luft erzittern ließ. Die Gestalten verschwanden in der Halle, auf der anderen Seite verließ die Reihe wieder das Gebäude und zog weiter, um dann erneut in der Grube zu verschwinden. Es wirkte wie eine Kette, ein mechanisches Bauteil in einer gigantischen Maschine.
    Keiner beachtete die beiden Zuschauer, keiner hielt sie auf. So näherten sie sich dem Punkt, an dem die Gestalten aus dem Boden stiegen.
    Die riesige Grube öffnete sich vor ihren Füßen. Im oberen Teil verlief am Rand spiralförmig ein schmaler Weg, auf dem sich die aufsteigenden und die absteigenden Arbeiter ameisenartig aneinander vorbeischoben. Weiter unten führten Leitern in die Tiefe. Sie standen auf schmalen Absätzen, auf denen man andere Leitern angelehnt fand, die noch tiefer hinabführten.
    Wie weit diese Grube reichte, war nicht zu erkennen, weil das Sonnenlicht nicht reichte, um die Tiefe auszuleuchten. Die Erde selbst schien lebendig zu sein, überall war

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