0743 - Finsternis
zu einem Lächeln. »John Sinclair?« fragte er leise und mit neutral klingender Stimme.
»Ja. Wer sind Sie?«
»Ich heiße Bergmann.«
»Wie nett. Dann ist ja alles klar, nachdem wir uns gegenseitig vorgestellt haben.«
»Sie wollen nicht wissen, weshalb ich hier bin?«
»Das werden Sie mir bestimmt selbst sagen. Oder macht es Ihnen Spaß, hier nur in einem normalen Anzug bekleidet durch die kalte Bergluft zu laufen.«
»Sicherlich nicht.«
»Wie schön.«
»Ich werde Sie töten müssen!«
Er hatte die Katze aus dem Sack gelassen und wunderte sich darüber, daß ich nicht einmal erschrak.
Wenn man so lange im Job ist, wie ich es bin, dann ist man auch einiges gewohnt. Deshalb runzelte ich nur die Stirn und hob die Schultern.
»Haben Sie dazu nichts zu sagen?«
»Eigentlich schon, Mr. Bergmann. Nur wundert es mich, daß Sie dies vorhaben. Ich habe Ihnen nichts getan. Wir kennen uns nicht, haben uns nie gesehen. Ich sehe deshalb kein Motiv.«
»Es gibt eines.«
»Klären Sie mich auf.«
»Sie hätten nicht kommen dürfen, denn es steht längst fest, daß Sie bestimmte Kreise gestört haben. Das können wir nicht hinnehmen. Wir müssen unsere Aufgabe erfüllen.«
»Sie warten auf die Finsternis.«
»Richtig, Sinclair. Für einen Außenstehenden sind Sie erstaunlich gut informiert.«
»Man tut eben, was man kann.«
»Ich auch.« Und dann trat er zu.
Ich hatte ihn unterschätzt und nicht damit gerechnet, daß er so blitzschnell und brutal reagieren würde. Er traf zwar nicht mein Kinn direkt, doch die Wucht des Trittes gegen Hals und Schulter reichte aus, um mich taumeln und dann auf das Eis fallen zu lassen, wo ich sehr hart aufprallte und noch ein Stück rutschte.
Bergman kam mir nach und zauberte einen Strick hervor. Er sprang auf die Eisfläche und rutschte nicht aus. Ich hörte es unter seinen Füßen knirschen. Die Schuhe waren mit Spikes ausgerüstet worden.
Wer einen anderen erdrosseln wollte, der mußte nicht mehr richtig im Kopf sein. Vielleicht steckte hinter der Maske auch ein anderer, eine Kreatur der Finsternis!
Er kam auf mich zu.
Er zeigte sich nicht als Urdämon, sondern weiterhin als Glatzkopf. Den Mund hatte er auseinandergezogen, so daß die Lippen ein verflucht böses Grinsen zeigten. In den dunklen Augen glitzerte es, als wären die Ränder mit kleinen Eiskörnern verziert.
Bergmann warf einen Schatten, der mich zuerst erreichen würde, wenn er seinen Weg fortsetzte.
Dann bewegte er seine rechte Hand, die auf mich zuhuschte.
Ich drehte mich zur Seite.
Nun ärgerte ich mich über die Dummheit, die Beretta im Zimmer gelassen zu haben. Mit einer Kugel hätte ich den Angriff leicht stoppen können, so aber wurde ich immer in die Defensive gedrängt.
Durch die Spikes unter seinen Füßen konnte sich der Mann hervorragend bewegen. Es war, als würde er auf einem normalen Boden laufen.
Ich stemmte mich hoch und schaute dabei auch über die linke Schulter her zu ihm zurück.
Er schwang seine Schnur wie ein Cowboy sein Lasso. Sein Ziel stand für mich fest. Er wollte mich mit dem Lasso erdrosseln.
Es flog heran, senkte sich, schlug noch einen Bogen und erwischte mich nicht. Ich verlor das Gleichgewicht und stürzte.
»Ich kriege dich, Sinclair!« schrie er, als ich kurz darauf wieder auf den Füßen war.
»Dann komm!«
Breitbeinig hatte ich mich aufgebaut und erwartete diesen verfluchten Widerling.
Bergmann tänzelte. Er fintierte. Ich ließ mich nicht täuschen und behielt ihn im Blick.
Natürlich suchte ich nach einem Ausweg, um die verdammte Schnur stoppen zu können.
Es gab einen.
Ich verließ mich auf meine Jacke, schleuderte sie ihm entgegen und brachte den Kerl so aus dem Konzept. Nur nicht ausrutschen, hämmerte ich mir ein, dann war alles verloren.
Bergmann wehrte sich mit beiden Armen. Es sah für einen Moment so aus, als wäre er von einer Fledermaus gewaltiger Größe attackiert worden. Nach der Jacke kam ich.
Und mit mir meine Faust.
Ich hatte Glück, weil ich ihn mit einem klassischen Uppercut erwischte. Sein Kopf flog in den Nacken, ein gurgelnder Schrei wehte mir entgegen, dann krachte Bergmann auf den Rücken und dachte nicht mehr an sein Lasso.
Ich war flink. Bevor er den rechten Arm zur Seite ziehen konnte, hatte ich meinen Fuß auf sein Handgelenk gestellt. Ich verlagerte mein Gewicht auf die rechte Seite und drückte so hart zu, daß er eigentlich hätte vor Schmerzen schreien müssen.
Er tat es nicht.
Er starrte mich aus seiner liegenden
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