0744 - Die Verwandlung
Mitarbeiter hielt sich hinter diesem Tresen auf. Die Stille empfand Jessica als Druck, der sich belastend auf Körper und Seele legte und ihre Schritte noch erschwerten.
Auf der Oberlippe lag ein dünner Film aus Schweiß. Die Gedanken waren wie Blitze, die durch ihren Kopf schossen. Hoffentlich klappte es, hoffentlich geht alles gut.
Die große Halle war leer.
Sessel, Tische und Sofas sahen verwaist aus, als sollten sie nie mehr benutzt werden.
Kein Licht strahlte durch die Halle.
Aber jenseits davon sah sie den Schein der Fackel und dazwischen etwas Helles.
Sie krümmte sich zusammen. Dieser letzte Anblick hatte sie schon schockartig getroffen. Sie brauchte keine Erklärung und wußte nun, daß es soweit war.
Jetzt ließ es sich nicht mehr aufhalten.
Jessica Long hoffte, daß alles klappte. Und zwar in ihrem Sinne. Mehr wollte sie nicht.
Bei ihr war der Bann plötzlich gebrochen. Sie gab sich einen Ruck und lief schneller. Schon hatte sie die Bar erreicht, betrat sie und blieb am Beginn der Tanzfläche stehen. Sie sah die Überreste eines Körpers. Es war der Keeper. Er hatte versucht, John Sinclair zu töten, doch der Geisterjäger war wieder einmal zu stark für die Kreatur der Finsternis gewesen.
Für einen Moment preßte Jessica Long die Lippen zusammen. Die Haut spannte sich, und das Gesicht verwandelte sich in eine Maske.
Der nächste Ruck sorgte dafür, daß sie weitergehen konnte. Ihr Ziel war die Bartheke.
Dort machte sie Platz und lachte, als sie daran dachte, daß sie sich bedienen konnte.
Wie jemand, der sich hingehockt hatte, um den Weltuntergang abzuwarten…
***
Ich war in eine Welt hineingerissen worden, die ich nicht mehr begreifen konnte.
Sie lag jenseits aller Gewalten, zwischen Gut und Böse, zwischen Hell und Dunkel oder zwischen Anfang und Ende.
Es war eine Insel des Lichts, zu begreifen und dennoch unbegreifbar, denn an den verschiedenen Enden dieser Insel standen die hehren Gestalten wie ätherische Wächter.
Michael ebenso wie Raphael, Gabriel und Uriel!
Vier Erzengel, vier Boten des Lichts, vier Helfer, die gegen das Böse angingen, die durch ihre Insignien mit meinem Kreuz in einer beinahe direkten Verbindung standen.
Es war nicht das erstemal, daß ich sie sah, sie hatten mir schon in früheren Jahren geholfen, doch wie damals auch, so war es mir heute ebenfalls nicht möglich, ihr Erscheinen und auch sie selbst zu begreifen oder zu erklären.
Ich mußte sie einfach hinnehmen, und ich nahm sie gern hin, denn ihr Auftauchen hatte in mir die Hoffnung hochgepeitscht. Ich hatte den Eindruck, selbst kein Mensch mehr zu sein. Ich fühlte mich aufgelöst wie bei einer Zeitreise und war trotzdem noch vorhanden. Ich stand im Licht, wobei mich der Eindruck überkam, selbst ein Teil dieses Lichts zu sein.
Vergessen waren Henoch, der Junge und auch Dr. Sträter, von nun an kümmerten sich andere um mich.
Wenn ich einen Vergleich wählen sollte, um alles zu erklären, wäre das Blitzlicht eines Fotoapparats der Wahrheit am nächsten gekommen.
Es war einfach so, als hielte ich mich im Zentrum eines Blitzlichts auf, das aber nicht zusammenfiel, sondern auch weiterhin wie eine grelle Sonne stand.
Und ich hörte einen Schrei.
Er war in meiner unmittelbaren Nähe aufgeklungen und kam mir trotzdem sehr weit entfernt vor.
Vielleicht weil er so hoch, schrill und gleichzeitig dünn war. Ein Schrei, wie ihn ein Tier abgeben konnte. Nur befand sich das nicht in der Nähe.
Dr. Sträter hatte geschrieen.
Ich drehte den Kopf zu ihm hin, ohne es direkt zu merken. Ich wollte ihn sehen und sah ihn auch, wie er und damit auch sein Lebenswerk vor meinen Augen zusammenbrach.
Die Kraft der Erzengel war einfach zu stark. Sie überdeckte Henochs Kraft bei weitem.
Dr. Sträter brüllte und bewegte sich zuckend, wobei er auf der Stelle stehenblieb.
Sein Körper bewegte sich zuckend vor und zurück. Gewaltige Kräfte schüttelten ihn durch. Seine Haut war längst durchsichtig geworden. Dahinter sah ich den mir filigran vorkommenden Aufbau seiner Knochen. Der alte Mann war nur mehr eine dürre Gestalt, die einem Skelett mehr ähnelte als einem Menschen.
Mein Blick glitt in die Höhe.
Zwei ätherische Erscheinungen konnte ich sehen, wußte aber nicht genau, wer sie waren. Sie standen da und sahen aus wie Sieger. Sie strahlten das Licht ab, sie waren das Licht, sie waren die Reinheit und kämpften gegen einen Feind, der möglicherweise zu Beginn der Zeiten einmal zu ihnen gehört hatte.
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