0748 - Horror im Hexenhaus
entwickeln zu können, brauche ich diese Umgebung. Hier habe ich Ruhe, hier sehe ich die wunderschönen Farben der Natur und kann aus dem vollen schöpfen.«
»Das ist mir aufgefallen, Jolanda.«
»Ja, es ist außergewöhnlich. Wir haben hier eine Luft, die so klar ist, daß ich bei den Nachrichten über Umweltverschmutzung manchmal nur lachen kann. Komisch, es war alles okay.«
»Das ist auch okay, Jolanda. Ich habe dir nur gesagt, was ich bei der Ankunft empfand.«
Jolanda legte beide Hände vor ihre Brust. »Und ich kann es einfach nicht nachvollziehen.«
»Das glaube ich dir.«
»Dabei ist es so friedlich hier«, flüsterte sie. »Dieses Haus ist ein Juwel.«
»Von wem hast du es denn?«
»Es hat mal einer Lady Bancroft gehört, die wohl nicht mehr hier wohnen wollte oder konnte, weil sie sich übernommen hatte. Sie war der Spielleidenschaft verfallen, habe ich gehört. Es interessierte mich nicht. Ich war über den niedrigen Preis erfreut, und der Makler meinte, daß die Lady Geld gebraucht hat. Deshalb verkaufte sie das Haus. Was sie jetzt macht, und wo sie jetzt ist, kann ich dir nicht sagen. Ich habe sie auch nicht zu Gesicht bekommen.«
»Wie lange wohnst du denn schon hier?«
»Ich selbst nicht sehr lange.« Sie schaute gegen die Wände und auch die Decke. »Das Haus mußte erst renoviert werden. Hat natürlich auch eine Stange Geld gekostet, doch ich rechne damit, daß sich der Einsatz gelohnt hat.«
»Das glaube ich auch. Nur frage ich dich ehrlich. Ist dir nichts aufgefallen, während du hier gewohnt hast?«
»Nie.«
»Du hast keine fremden Eindrücke oder Bilder empfangen - oder?«
»Überhaupt nicht.«
Sheila senkte den Kopf. »Dann bin ich es, die wohl anfängt zu spinnen. Sorry.«
Jolanda erhob sich und umarmte Sheila. »Meine Güte, Mädchen, sei doch nicht so negativ. Das kriegen wir schon wieder hin. Der Trubel beginnt erst morgen, da hätte ich dich gern dabei, weil du ja ein Auge für bestimmte Strömungen hast. Ich will mit der neuen Herbst- und Winterkollektion groß herauskommen und habe zudem eine völlig andere Richtung eingeschlagen. Jetzt möchte ich natürlich deinen fachmännischen Kommentar dazu hören.«
»Danke für das Vertrauen.«
»Rede nicht so.« Jolanda zog Sheila hoch. »Vergiß den ganzen Mist. Er… er hat sowieso nicht gestimmt. Du bist überreizt oder überarbeitet. Das kommt auch in unseren Jahren vor.« Sie wechselte das Thema. »Wo hast du denn dein Gepäck?«
»Im Flur.«
»Gut, das werden wir holen und auf dein Zimmer bringen.« Jolanda schürzte die Lippen. »Du wirst von dem Zimmer begeistert sein. Ich habe alles nach meinen Vorstellungen renovieren lassen. Es sieht direkt schnuckelig aus.«
Sheila lächelte. Das war genau die alte Jolanda, die sich für eine Sache wahnsinnig begeistern und einsetzen konnte. Davon hatte sie in den vergangenen Jahren nichts verloren. Sie lief auf den fahrbaren Kleiderständer zu und fuhr mit beiden Händen an den dort hängenden Kleidern, Röcken, Hosen und Pullis entlang. »Es ist fast perfekt. Morgen kommen noch zwei Schneiderinnen, die mir helfen werden.«
»Läßt du dann eine Modenschau ablaufen?«
»Ja, Sheila«, rief die Frau lachend. »Du hast es erfaßt. Es wird eine Modenschau für uns beide.«
»Und welche Rolle hast du mir zugedacht?«
Jolanda stemmte die Arme in die Hüften und bewegte sich tänzelnd auf Sheila zu. »Eine sehr wichtige, Schätzchen, denn ich lege auf deine Meinung viel Wert.«
»Ich bin aus dem Geschäft.«
Jolanda schüttelte den Kopf. »Bist du nicht.« Sie blieb vor Sheila stehen und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Bist du wirklich nicht. Das kannst du mir glauben.«
»Mal sehen.«
»Nachher wirfst du mal einen ersten Blick auf die Entwürfe. Tust du mir den Gefallen?«
Jetzt lachte Sheila zum erstenmal auf. »Wer kann bei dir schon nein sagen?«
»Das sag mal nicht.« Jolanda nahm Sheilas Hand und zog sie auf die Tür zu. »So, wir kümmern uns mal um dein Gepäck. Dein Zimmer liegt im ersten Stock, hat zwei Fenster und einen wunderschönen Blick in die freie Natur. Da kannst du all das vergessen, was du hier angeblich gesehen hast.«
Sheila gab keine Antwort, denn sie teilte nicht die Meinung ihrer Freundin…
***
Suko, der neben mir saß und den Hörer gegen sein Ohr gepreßt hielt, veränderte seinen Gesichtsausdruck. Die Haut spannte sich plötzlich hart an seiner rechten Wange, während er dem Anrufer zuhörte, einige Male nickte, auch einen kurzen
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