0748 - Horror im Hexenhaus
und links der Straße drehten die Passanten ihre Köpfe, als das Jaulen der Sirene ihre Gehörgänge malträtierte.
Die Häuser kamen mir plötzlich höher vor als normal, und wieder hatte ich das Gefühl, von einem Tunnel verschluckt zu werden. Ich beging nicht den Fehler, die Sirene bis zum Ziel anzulassen, und auch die anderen Streifenwagen fuhren ohne »Musik« weiter. Bates sollte auf keinen Fall gewarnt werden. Es war eine Einbahnstraße, in die er sich zurückgezogen und verkrochen hatte. Auf der rechten Seite stand ein uniformierter Kollege und winkte mit beiden Armen. Hinter ihm öffnete sich eine schmale Durchfahrt zu einem Hinterhof oder einer anderen Gasse, so genau wußte ich das nicht. Ich zirkelte den Rover auf den Gehsteig und bremste ab. Hinter uns stoppten die Kollegen bereits den Verkehr, und ich hoffte, daß Bates nichts davon mitbekam.
Der Kollege vor der Einfahrt kannte uns. Er war ziemlich bleich, als er uns entgegen kam.
»Ist schon jemand bei ihm?« fragte Suko.
»Nein. Aber…«
»Keine Einwände«, sagte ich. »Wir machen es. Sagen Sie den Kollegen nur, daß sie die Gegend absperren sollen!«
»Natürlich, Sir.«
»Und wo steckt er genau?« wollte Suko wissen.
»Hinten im Hof. Es ist das Haus mit dem Flachdach und dem Aufbau.«
»Einem Aufbau?« fragte Suko.
»Ein Taubenschlag.«
»Ist er belegt?«
»Ich denke.«
»Hat Bates etwas bemerkt?«
Der Kollege hob die Schultern. »Hoffentlich nicht. Eine Frau hat ihn erkannt, als er in einem Geschäft erschien, um Futter für die Tauben zu kaufen.«
»Denen können wir direkt dankbar sein«, meinte Suko.
Inzwischen waren immer mehr Wagen eingetroffen. Schwerbewaffnete Männer stiegen aus. Einige von ihnen trugen kugelsichere Westen über ihre Kleidung gestreift. Die Männer gehörten zu einer Spezialeinheit, die Bates Versteck stürmen wollten.
Davon hielt ich sie ab. Diesmal mußte ich meine Sondervollmachten einsetzen, was dem Chef der Truppe nicht gefiel. Er widersprach, wir einigten uns schließlich auf eine Dauer von zwanzig Minuten. Mehr Vorsprung wollte man uns nicht geben.
»Denken Sie daran, wie gefährlich Bates ist, Sinclair.«
»Das sind wir auch.«
Suko war schon vorgelaufen. Er erwartete mich am Ende der Einfahrt. Vor uns lag ein Hinterhof.
Hier hatte sich eine Subkultur entwickeln können. In den Anbauten fanden wir kleine Secondhand-Läden, auch einen Sex-Shop sowie die Behausung eines Künstlers, der mit Metall arbeitete und daraus seine Werke erstellte, wie wir durch ein Schaufenster sehen konnten.
Wir zogen nicht unsere Waffen, denn es hielten sich einfach zu viele Unbeteiligte in der Nähe auf.
Sukos Zeigefinger stach schräg in die Luft. Er wies auf ein Haus mit dem bewußten Flachdach, von dem sich der Holzaufbau abhob. Statt Fenster hatte er Luken. Die Tauben konnten frei ein- und ausfliegen.
»Weißt du, wie wir am besten dorthin kommen?«
»Durch das Haus.«
»Oder vom Nachbarhaus her. Da müßten wir nur springen, weil es doch höher liegt.«
»Ich bin für die erste Möglichkeit.«
»Okay, dann los!«
Wir liefen nicht schnell, auf keinen Fall durften wir auffallen. Es konnte durchaus sein, daß Bates aus der Luke hervorschaute und durchdrehte, wenn er etwas Verdächtiges sah.
Wir erreichten eine Hintertür. Ihre Scheibe war nicht mehr vorhanden. Suko schob sich als erster in das Haus. Er ging mit gleitenden Schritten und schaute nach links, wo die Treppe begann. Nicht weit entfernt schlug eine Tür. Wir hörten Schritte, dann erschien eine Frau in unserem Blickfeld. Sie war ziemlich korpulent, trug einen Kittel und rauchte hastig.
»Bates ist oben, nicht?«
»Ja«, sagte Suko.
»Wollen Sie ihn holen?«
»Sicher.«
Die Frau trat ihre Zigarette aus. »Denken Sie dabei an Robby, bitte. Denken Sie an ihn.«
»Wer ist Robby?«
»Mein Enkel. Er ist zehn Jahre und…«
Ich schloß für einen Moment die Augen und lehnte mich gegen die Wand. Plötzlich bewegte sich die Welt, und ich hatte das Gefühl, in den Boden einzusinken. Ich hörte die Frau weinen und Suko sprechen. Dann war ich wieder okay.
»Er hat ihn einfach mitgenommen, um ihm die Tauben zu zeigen. Robby sollte sie füttern.«
»Sie haben das zugelassen?« erkundigte ich mich.
»Ich wußte ja noch nicht, wer er war.«
»Schon gut.«
Die Frau klammerte sich an uns fest. »Bitte, bitte, holen Sie meinen Enkel da raus!«
»Okay, Madam«, sagte ich leise. »Wir werden unser Bestes tun.«
Sie schaute uns nach, als wir auf die
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