0749 - Drei Schöne für die Hölle
Mund auf, als etwas nie Gekanntes ihren Körper durchströmte. Es war ein Gefühl, das sie nicht beschreiben konnte. Es riß sie auseinander, es jagte durch den Körper und weiter ins Gehirn, wo es in einer gewaltigen Explosion endete, als wollte diese ihr die Schädeldecke wegreißen.
Ströme durchrasten sie, Etwas löste die Haut von ihrem Gesicht und ließ sie in Sekundenschnelle wieder neu entstehen. Sie spürte Feuer auf ihrem Gesicht, obwohl dort nichts brannte. Ihr Blut war ebenfalls ausgetauscht worden. Durch die Adern floß jetzt siedendes Öl, und ihr Herz war zu einer gewaltigen Maschine geworden, die das siedende Öl durch ihre Adern pumpte.
Ihre Haare veränderten sich, ohne daß sie selbst sehen konnte, welche Frisur sie bekam. Zahlreiche Hände glitten über ihren Körper, ohne daß sie eine von ihnen sah. Sie fühlte sich angefaßt von diesen Händen, die keine Stelle ausließen. Hier war eine Kraft am Werk, die schon seit Beginn der Zeiten bestanden hatte, und die Kraft wurde von einer Macht gelenkt, der sie nun gehörte.
Ihre Knie wurden weich.
Sie sackte zusammen.
Die Geisterfrau hielt sie fest. Das Gesicht der Alten verschwamm vor Katies Augen. Die Lippen wirkten wie rissiges Gummi. Flüsternd drangen die Worte aus dem Mund. Sie klangen triumphierend und waren einzig und allein für Katie bestimmt.
»Jetzt gehörst du ihm und mir…«
Das Model erwiderte nichts. Es gab überhaupt keine Gefühle mehr in ihr. Sie ließ sich treiben, ging dabei mit zaghaften Schritten über die Straße, bevor sie eine Runde drehte und zuschaute, was die Geisterfrau mit ihren Kolleginnen machte.
Freya und Margot bekamen die gleiche Behandlung.
Sie veränderten sich unter den streichelnden Knochenfingern der Frau, die ihre alte Laterne abgesetzt hatte. Dennoch bewegte sich das Licht hinter den Scheiben. Er zuckte hin und her und sah manchmal aus wie Glas, aus dessen Splittern sich ein dreieckiges Gesicht zusammensetzte, das dem des Teufels ähnelte…
***
Sheila Conolly hatte noch einen frischen Kaffee gekocht und von ihren Erlebnissen berichtet. Es hatte keinen Sinn, wenn sie etwas verschwieg, Jolanda sollte genau wissen, woran sie war, und es sah auch so aus, als würde sie zuhören.
Sie saß schräg vor Sheila, hielt mit beiden Händen die Tasse an den Seiten fest und sah so aus, als wollte sie diese jeden Augenblick unter dem Druck der Hände zerbrechen lassen.
Sicherlich lagen ihr zahlreiche Fragen auf der Zunge, doch sie fand einfach nicht die Kraft, Sheila zu unterbrechen. Manchmal blickte sie auch zum Fenster, dabei zuckte sie dann immer zusammen, als hätte sie hinter der Scheibe etwas Unheimliches gesehen. Aber da war nichts. Nur der Garten lag dort im Sonnenlicht, so daß die Blumen um die Wette strahlen konnten.
Irgendwann war Sheila mit ihrem Bericht am Ende. Sie trank den Rest Kaffee aus der Tasse. Er war kalt geworden und schmeckte wie altes Öl.
Jolanda Norman stand auf. Mit den Bewegungen eines Roboters ging sie durch den Raum, berührte hier ein Stück Stoff, fuhr mit der Hand über die helle Wand, strich über ihre Stirn und machte den Eindruck eines Menschen, der nicht so recht wußte, was er nun unternehmen sollte. Ihr war der Boden unter den Füßen weggezogen worden.
Schließlich blieb sie stehen und schaute Sheila an. »Jetzt willst du etwas von mir wissen - oder?«
»Nicht unbedingt.«
»Wie meinst du das?«
Sheila streckte ihre Beine aus. »Ich kann mir vorstellen, daß auch du dir keinen Rat weißt.«
Entgegen ihrer Überzeugung mußte Jolanda lachen. »Ja, du hast recht. Du hast so verdammt recht. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Ich kann mich nicht sammeln. Ich bin ein Mensch, den man ins kalte Wasser geworfen hat, der nun versucht zu schwimmen, sich aber nicht an der Oberfläche halten kann.«
»Das ist verständlich.«
»Aber was sollen wir tun?«
»Gute Frage.«
»Auf die du doch eine Antwort wissen müßtest, Sheila.« Die Modefrau geriet wieder in Stimmung.
Sie holte einige Male Luft, bevor sie weitersprach. »Es ist doch alles furchtbar«, flüsterte sie. »Wir sind hier mit Kräften konfrontiert worden, die man nicht überblicken kann. Damit haben wir keine Erfahrung, ich zumindest nicht. Aber du hast doch schon oft diese Dinge erlebt. Du müßtest doch einen Ausweg wissen, schätze ich. Du bist anders geschult als ich.«
»Vielleicht.«
»Dann sollten wir einen Plan fassen.«
Sheila kam sich wirklich vor, wie jemand, der hier noch helfen konnte.
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