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0749 - Hort der Wölfe

0749 - Hort der Wölfe

Titel: 0749 - Hort der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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antwortete Old Man jetzt darauf, ohne den Blick von dem schwarzen Halbrund des Einlasses zu nehmen.
    »Ich wünschte, ich könnte deine Frage bejahen. Aber ich kann es nicht.« Er seufzte, und es war das Seufzen eines wirklich alten Mannes, dem das Schicksal eine Last aufgebürdet hat, unter der ein anderer längst schon zerbrochen wäre. »Es gab viele, die den Weg nicht bis ans Ende gingen - und viele auch, die an der letzten Prüfung, im Großen Kampf scheiterten, in dem sich die wahre Stärke des Suchenden erweisen muss.«
    »Was geschah mit denen, die diese Prüfung nicht schafften?«, fragte Strongtree voller Unbehagen, und auch er wandte den Blick nicht von dem finsteren Loch dort drüben ab. »Ich meine, kamen sie wieder heraus - oder…?«
    »O ja, natürlich«, antwortete Old Man. »Sie kamen wieder heraus. Es ist nicht so, dass der Große Kampf wirklich mit dem Tod des Unterlegenen endet. Obwohl es vielleicht besser wäre…« Wieder dieses geplagte Seufzen. Dann straffte er sich, und sein Tonfall wurde wieder teilnahmslos. »Aber die Männer und Frauen, die diese letzte Prüfung nicht meisterten, kehrten als Bezwungene zurück, und der Wolf triumphierte -im wahrsten Sinne des Wortes. Manche, so glaube ich, hat der Wolf nie wieder losgelassen.«
    »Du meinst, sie sind auf ewig in ihrer Wolfsgestalt gefangen?«, fragte Strongtree. Allein die Vorstellung entsetzte ihn.
    Old Man nickte nur.
    »Und - hat einer versucht, dich zu… nun, sich…«, wollte Strongtree noch wissen, ohne die rechten Worte zu finden.
    »Sich an mir zu rächen, meinst du? Im Namen des Herrn der Wölfe?«, half Old Man ihm auf die Sprünge.
    »Ja.«
    »Versucht ja, nur gelungen ist es keinem, wie du siehst.« Der Alte wies lächelnd an sich herab. »Alles noch dran.«
    »Der Herr der Wölfe…«, sinnierte Strongtree. »Nimm mir meine Bemerkung nicht übel, aber ich verstehe nicht, weshalb er dich gewähren lässt. Immerhin schadest du doch seinem Volk.«
    »Dieser ganze Landstrich«, erklärte Old Man mit einer weit umfassenden Geste, »und dieser Ort hier vor allem sind etwas Besonderes. Eine Kraft wohnt ihnen inne, eine Macht, die älter ist als diese Welt selbst. Ihretwegen habe ich mich ja gerade hier niedergelassen. Anderswo würde ich meine Aufgabe womöglich gar nicht erfüllen können.«
    »Und diese Kraft macht es dem Herrn der Wölfe unmöglich, hierher zu kommen?«
    »So könnte man sagen. Sie macht dieses Stück Land, vereinfacht ausgedrückt, zu neutralem Boden. Und bestimmte ›Gesetze‹, wenn man so will, binden selbst mächtige Wesen wie den Herrn der Wölfe. Außerdem habe ich noch mit einigen Bannzeichen aus der Schrift der Steinalten nachgeholfen und vor allem diese Lichtung abgeschirmt. Wen ich nicht hierher führe, der findet meine Heimstatt nicht. Andernfalls hätte mich vielleicht auch der Jäger schon aufgesucht.«
    Strongtree erschrak. »Du meinst, er weiß von dir und von dem, was hier geschieht?«
    Old Man hob die schmalen Schultern. »Ich bin nicht sicher. Aber ich vermute es. Weshalb sonst sollte er in diese einsame Gegend gekommen sein?«
    Strongtree ballte die Hände zu Fäusten. Die Knöchel knackten, die Fingernägel schnitten ihm schmerzhaft in die Handflächen.
    »Wir müssen etwas tun«, sagte er leise, mit gepresster Stimme, »etwas gegen ihn unternehmen.«
    »Du meinst, so wie du es in der vergangenen Nacht versucht hast?« Old Man lächelte fast spöttisch.
    Dieses Lächeln ärgerte Strongtree. Er wollte aufbrausen, beherrschte sich dann aber und sagte so ruhig, wie es ihm irgend möglich war: »Ich meine irgendetwas. Wir können doch nicht tatenlos zusehen, wie er einen nach dem anderen…« Das letzte Wort wollte ihm nicht über die Lippen, Grauen versiegelte ihm den Mund.
    »…einen nach dem anderen abschlachtet«, vollendete Old Man, und einen Augenblick lang schwieg auch er. »Alles zu seiner Zeit«, sagte er dann. »Zunächst müssen wir uns um den Fremden kümmern.«
    »Den Fremden?«, fragte Strongtree. »Wen meinst du?«
    »Den Mann, den du für den Jäger gehalten hast.«
    »Warum müssen wir uns um ihm küm…?« Strongtree verstummte mitten im Wort. Er verstand.
    Trotzdem sagte der Alte, wie um in Strongtrees Wunde zu bohren: »Du hast ihn verletzt, nicht wahr?«
    Strongtree nickte. »Ja. Aber das heißt nicht, dass ich ihn auch…«
    »Nicht zwangsläufig, nein«, bestätigte Old Man. »Aber wir müssen sicher sein. Ich will ihn mir ansehen. Und falls es doch geschehen ist, kann

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