0753 - TV-Dämonen
Gebüsch und sondierte mit einem Nachtsichtgerät das verschneite Gelände vor ihnen.
»Weitere Wölfe auf zwei Uhr«, erklärte Nadja so ruhig, als seien sie mit den Bestien zum Abendessen verabredet. Und in gewisser Weise waren sie das ja auch. Wenn sie nicht aufpassten, waren sie alle Dämonenfutter.
Sie befanden sich in einem bewaldeten Ausläufer der Pyrenäen. Vor ihnen lag eine große Lichtung, auf der im Licht des vollen Mondes ein großes, halb zerfallenes Steingebäude zu sehen war. Einst war hier Zinn abgebaut worden, doch die Vorkommen waren längst erschöpft. Bergleute gab es hier schon seit Jahrzehnten nicht mehr.
Jetzt tummelten sich ganz andere Wesen in den Stollen.
Ein in der Stille überlaut klingendes Knacken ließ Jean herumwirbeln.
Wie ein Elefant im Porzellanladen stakste Didier Leroc hinter ihm durchs Unterholz. Er trug eine blaue Winterjacke und hatte sein Gesicht hinter einem dicken karierten Schal versteckt. Eine weiße Wollmütze und Handschuhe krönten das bemerkenswerte Outfit, das eher zu einem Winterurlaub als zu einem Kampfeinsatz gepasst hätte. Jean und seine Leute trugen dagegen wie üblich Kampfkleidung aus Jeans und Leder und ihre voll gepackten Einsatzgürtel.
Wütend deutete Jean mit der Hand das Durchschneiden einer Kehle an. Sofort blieb der Produzent stehen und hockte sich hin.
Volltrottel!, fluchte Jean in sich hinein. Eine unvorsichtige Bewegung, ein einziges Geräusch, und alles konnte zu Ende sein, bevor es überhaupt angefangen hatte. Nervös sah er zu André und Nadja rüber, doch die Späher hatten beim Feind offenbar keine Veränderung bemerkt.
Noch mal gut gegangen, dachte Jean. Das nächste Mal sollte er diesen ungehobelten Klotz wirklich zu Hause lassen.
Andererseits war Didier für das Team unersetzbar. Jean hatte ihn bei einer Seance getroffen, wo der beruflich und privat in eine Sackgasse geratene Produzent nach einem neuen Lebenssinn gesucht hatte. Sie blieben in Kontakt, und irgendwann beschloss Jean, Didier in seinen ungeheuerlichen Plan einzuweihen. Denn der spießige Mittvierziger hatte genau die Kontakte, die Jean brauchte, um seine Idee in die Realität umzusetzen. Und zu seinem eigenen Erstaunen hatte Didier ihn nicht ausgelacht, sondern sich gleich mit Feuereifer auf die neue Aufgabe gestürzt.
Obwohl der Produzent zuvor nur bei seichter Serien-Dutzendware Erfahrungen gesammelt hatte, arbeitete er sich erstaunlich schnell in die ungewöhnliche Materie ein. Und er baute in Windeseile ein Netz von Informanten auf, das selbst Jean immer wieder in Erstaunen versetzte. Schon oft waren sie auf diese Weise den Schwarzblütigen auf die Schliche gekommen.
So wie diesmal.
Didier hatte erfahren, das Berakaas Anhänger in diesem abgelegenen Teil Frankreichs ihrem Herrn regelmäßig Opfer darbrachten. Erst heute morgen hatten seine schwarzen Priester drei entführte Frauen hierher gebracht, um sie um Mitternacht dem Dämon zu opfern.
Völlig überstürzt waren sie aufgebrochen. Aber so war es fast immer. Nur selten hatten sie Zeit genug für sorgfältige Vorbereitungen. Das konnte nur funktionieren, weil Jean ein Team aufgebaut hatte, in dem sich jeder blind auf den anderen verlassen konnte.
Außer Jean waren diesmal noch sechs Jäger im Einsatz, André und Nadja eingeschlossen. Hinzu kamen zwei Kameraleute und vier Techniker, die ebenfalls zu den Eingeweihten gehörten. Sie alle waren Jean treu ergeben und würden an seiner Seite sterben, wenn es sein musste.
Die verschneite Lichtung wirkte im Mondlicht fast idyllisch.
Doch der Schein trog. Zwölf Werwölfe hatten die Späher rund um das Minengebäude ausgemacht. Sie stellten kein großes Problem dar. Aber die haarigen Bestien fungierten nur als erster Bewachungsring, da war sich Jean sicher.
Was sie im Inneren der Stollen erwartete, konnte er nicht mal erahnen.
Der TV-Star überprüfte noch einmal seine Waffe, eine mit Silberkugeln geladene Sig Sauer, die zur Standardausrüstung des Teams gehörte. Die Klinge der Vergeltung steckte in einer Lederscheide an seinem Einsatzgürtel. Die anderen Jäger waren nach ihren persönlichen Vorlieben mit Schwertern, Schnellfeuergewehren oder Maschinenpistolen ausgerüstet. Die waren nicht nur nützlich im Kampf, sondern boten auch was fürs Auge.
Jean sah rüber zu den beiden Kameraleuten, die die letzten Minuten vor der Schlacht aufzeichneten. Der spitzbärtige Jacques nahm gerade eine Lageeinschätzung von Max auf. Der Mann mit dem narbenübersäten
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