0755 - Blutnacht für Assunga
Treppe aus fünf Stufen hochführte. Dahinter lag ein enger Durchbruch, vergleichbar mit einem Torbogen, und dann erreichte der Vampir den Gang, wo Lornas Zimmer lag.
Er und der Gärtner schliefen woanders. Lorna hatte darauf bestanden, in diesem Bereich zu leben, was akzeptiert worden war.
Der Blutsauger ließ die Stufen schnell hinter sich, tauchte ein in den Gang, ging die ersten Schritte und stoppte plötzlich, weil er etwas entdeckt hatte, was ihm überhaupt nicht gefiel.
Durch den unteren schmalen Spalt der Zimmertür drang ein dünner Lichtstreifen. Er legte sich in den Flur und sah aus wie ein breiter heller Finger.
Verdammt auch, Lorna schlief noch nicht!
Natürlich, wie hatte er auch vergessen können, daß sie zu den Personen gehörte, die noch lange lasen und erst in den frühen Morgenstunden das Licht löschten.
Es sah nicht so gut aus.
Manuel überlegte. Er dachte nicht im Traum daran, sein Vorhaben aufzugeben, er mußte nur überlegen, wie er am besten vorging und dem Opfer somit keine Chance ließ.
Wenige Schritte brachten ihn bis an die Tür und damit auch bis an das Schlüsselloch heran. Er blieb davor stehen, schaute nach unten und entdeckte, daß der schmale Lichtschein über seine Füße hinwegfloß. Dann legte er die Hand auf die Klinke, bückte sich und schaute durch das Schlüsselloch ins Zimmer.
Manuel wußte, wie die Möbel dort verteilt standen. Er kannte genau die Lage des Bettes. Es stand so, daß eine Person, die im Bett lag, gegen die Tür sehen konnte.
Das wiederum gefiel ihm nicht.
Auch er sah das Bett.
Und Lorna? Was war mit ihr?
Zuerst entdeckte er sie nicht, dann veränderte er seinen Blickwinkel ein wenig und konnte erkennen, daß sie die Seite gewechselt hatte, denn jetzt lag sie auf der von ihm aus gesehen rechten.
Wegen der Wärme hatte sie sich nur mit einem dünnen Laken zugedeckt, den Kopf durch Kissen erhöht. Es war eben die beste Lage, um lesen zu können.
Sie hielt auch ein Buch in den Händen und ebenfalls vor ihr Gesicht. Die Tür würde sie nicht sehen können.
Das war günstig.
Manuel richtete sich wieder auf. Ein Vampir hatte keine Seele mehr, er brauchte nicht zu atmen, er konnte auch nicht mehr fühlen wie ein Mensch, doch er merkte, daß sich die Haut in seinem Gesicht und auch die auf seinen Beinen straffte. Er hatte den Eindruck, als würde sie im nächsten Augenblick zerreißen.
Er brauchte Feuchtigkeit.
Er wollte Lornas Blut!
Sehr behutsam drückte er die Klinke nieder. Von seiner eigenen Zimmertür wußte er, daß sie kein Geräusch abgab. Hier war alles perfekt und gut organisiert worden.
Der Endpunkt war erreicht.
Dann stieß er die Tür auf. Vorsichtig, Zentimeter für Zentimeter drückte er sie nach innen und verbreiterte den Spalt.
Er durfte keinen Fehler machen. Lorna sollte nichts merken, dann würde er über sie kommen wie ein Sturmwind.
Sie lag im Bett.
Sie las, sie hatte nichts bemerkt, und jetzt hörte der Blutsauger sogar die leise Musik, denn das kleine Radio auf dem schmalen Tisch neben dem Bett spielte.
Das kam ihm entgegen, denn diese Musik würde alle anderen Geräusche überlagern.
Er lächelte noch eisiger. Den Blick immer auf das Bett gerichtet, den Körper aber gedreht, drückte er die Tür zu und schaffte dies ebenso lautlos wie das Öffnen.
Sie hat keine Chance, dachte er, schrak aber zusammen, als er ein knisterndes Geräusch hörte, das nur entstand, weil Lorna eine Seite umgeblättert hatte.
Sie selbst schaute nicht hoch oder an einer Seite des Buchs vorbei. Die Geschichte mußte so spannend sein, daß sie die Welt um sich herum vergessen hatte.
Manuel erinnerte sich daran, daß Lorna Krimis und gruselige Geschichten liebte.
Den Grusel und nicht nur den, sondern den kalten Horror würde sie bald am eigenen Leibe erleben.
Wie alle Räume im Haus waren auch die des Personals sehr geräumig. Hohe Decken und große Fenster machten sie noch luftiger. In diesem Zimmer gab es sogar zwei Fenster, die allerdings von Vorhängen verdeckt worden waren, deren Säume über den Steinboden schleiften.
Es brannte auch Licht. Die Lampe mit dem gebogenen Rohr und dem glockenförmigen Schirm stand auf dem kleinen Beistelltisch. Das Licht fiel gegen die Frau und damit auch auf die Seiten des Buchs.
Der Blutsauger huschte zur Seite. Er stellte sich an die Wand und wartete ab.
Sein Blick fiel auf das Unterteil des Betts. Er sah die Füße der Frau. Sie wirkten ziemlich dick, und die Zehen sahen aus, als wären sie
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