0755 - Blutnacht für Assunga
zusammengewachsen. Die Füße paßten zu dem übrigen Körper der Frau, die aussah, wie man sich landläufig eine Köchin vorstellte. Gut genährt, mit zahlreichen Rundungen versehen, eben eine Frau, die selbst großen Spaß an ihrer Arbeit hatte.
Noch las Lorna.
Hin und wieder hörte der Blutsauger ein Geräusch. Die Geschichte mußte spannend sein, denn Lorna erlebte und durchlitt sie mit. Manchmal flüsterte sie etwas Unverständliches, dann stöhnte sie sogar auf, und zweimal blätterte sie so hastig weiter, als könne sie es nicht erwarten, schnell genug die nächsten Sätze zu lesen. Für ihre Umgebung interessierte sie sich nicht, und der unheimliche Eindringling hoffte, daß dies noch eine Weile so blieb.
Er hatte Mühe, sich nicht auf die Frau zu stürzen und zu warten, bis sich eine bessere Gelegenheit bot.
Er duckte sich.
Noch stand er im Schatten, und er hatte sich entschlossen, auf der rechten Seite des Betts herzugehen, um sie dann zu überraschen. Alles war genau geplant, es konnte nichts schiefgehen, die Musik spielte weiter, auch die Frau atmete hörbar oder redete mit sich selbst. Alles Geräusche, die ihm nur nützlich sein konnten.
Leider konnte er auf dem Steinboden nicht lautlos gehen. Dennoch versuchte er es und war mit den wenigen, sehr leisen Geräuschen durchaus zufrieden.
Er kam an das Bett heran, ging an ihm vorbei, seine Lippen zogen sich in die Breite, und die beiden Vampirzähne blinkten wie Sternschnuppen, die für einen Moment aus dem Mund schauten.
Er kam gut voran.
Blut, nur Blut…
In seine Augen trat ein irrer Glanz. Er warf als Vampir keinen Schatten, es war auch kein Spiegelbild von ihm vorhanden, denn dann hätte er sich auf der gegenüberliegenden Seite im Wandspiegel längst selbst erkennen müssen.
Alles lief wunderbar glatt…
Und die Köchin merkte nichts. Sie war viel zu sehr in ihre Geschichte vertieft, die Umgebung hatte sie vergessen.
Mittlerweile stand der Blutsauger bereits in Höhe der Hüfte. Er war auch schon in den Lichtschein hineingeraten, bewegte lautlos aber unruhig seine Hände und steuerte dem alles entscheidenden Augenblick zu.
Da geschah es.
Ob Lorna gewarnt worden war oder nicht, das konnte Manuel nicht sagen, jedenfalls ließ sie plötzlich das Buch sinken und schaute direkt nach vorn.
Sie mußte ihn einfach sehen.
Und sie sah ihn.
Lorna hatte ein rundes Gesicht mit großen, dunklen und lieben Augen. Urplötzlich veränderte sich der Ausdruck. Er verwandelte sich nicht in einen Schrecken, sondern in einen gewissen Unglauben, als könne sie es nicht fassen, daß Manuel, der Butler, neben ihrem Bett stand.
»D… du… hier?«
Er nickte.
Lorna trug ein Nachthemd mit einem ovalen und rüschenverzierten Ausschnitt. In einer reflexartig anmutenden Geste raffte sie den Stoff unter dem Hals zusammen, als würde sie sich vor Manuel schämen, im Bett zu liegen.
»Was willst du?«
»Dich, Lorna!«
Sie wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Zumindest zuckten ihre Lippen, dann aber schüttelte sie den Kopf. »Das hätte ich dir nie zugetraut, Manuel. Jedem, nur dir nicht. Du bist ja ein Wüstling, du verfluchter Kerl.«
»Es ist nicht so, wie du meinst, Lorna.«
»Ach ja, wie denn?«
Er beugte sich vor. »Anders, ganz anders, Lorna, Sehr viel anders sogar.«
Sie mochte es nicht, daß er näher kam, auch wenn sie seine Erklärungen nicht begriff und eigentlich hätte froh sein können. Seltsamerweise war sie es nicht.
Etwas lief da schief…
Er war zwar nicht verändert, trotzdem kam er ihr anders vor, und damit wurde Lorna nicht fertig. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Es gab nur eine Möglichkeit. Sie mußte energisch werden, und das wiederum schaffte sie auch nicht, als sie einen Blick in seine Augen warf, die keinen Zweifel an seinem Vorhaben ließen.
Er wollte sie.
Er würde sie nehmen.
Und er öffnete den Mund!
Zum erstenmal sah ein Fremder die beiden Vampirzähne. Diese Szene hatte sich Manuel oft genug vorgestellt und sich dabei auch vorgenommen, sie zu genießen. Er wollte sich in den wenigen Sekunden vor dem Biß an der Angst des Opfers weiden, wenn es erkannte, in welch einer ausweglosen Lage es sich befand.
Seltsamerweise schrie Lorna nicht. Sie schüttelte nur den Kopf und flüsterte: »Was ist das für ein Scherz?«
»Keiner. Ich will dein Blut. Ich werde dich leertrinken, meine Liebe. Aussaugen…«
Lorna schwieg. Sie war einfach nicht in der Lage etwas zu sagen und dachte, einen Traum zu erleben, aus
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