0756 - Der Kopfjäger des Spuks
doch die Welt hier hatte bei mir leider ihre Spuren hinterlassen, denn meine Depression und Lethargie ließen um keinen Deut nach.
Ich blieb vor der Bestie stehen wie ein willfähriges Opfer, obgleich ich dabei über Janes Bericht nachdachte. Sie schien sich in diesem Fall geirrt zu haben, denn so wie dieses Monster hatte ihre Gestalt nicht ausgesehen.
Das Maul zuckte. Sein Fell und auch die Haut schimmerten in einem hellen Braun. Das Maul war noch geschlossen. Zwischen den beiden Hälften schimmerte ein heller Geiferstreifen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass im Innern dieses gewaltigen Mauls zwei mächtige Zahnreihen darauf warteten, sich in weiches Fleisch schlagen zu können.
Was tun?
Ich war noch immer nicht in der Lage, meine Waffe zu ziehen. Wenn ich hier überleben wollte, dann war ich tatsächlich auf fremde Hilfe angewiesen.
Deshalb schaute ich mich um.
Dabei erschrak ich, denn ich hatte nicht mitbekommen, wie stark sich das Licht verändert hatte. Es war noch düsterer geworden, ohne seine Klarheit verloren zu haben. Es umgab mich wie Glas, setzte mir aber keinen festen Widerstand entgegen.
Ich sah auch das Zentrum. Diesmal musste ich der Detektivin Recht geben. Nicht weit von mir entfernt schwebte diese geballte, lichtlose Schwärze, und die wiederum erinnerte mich an eine ganz bestimmte Person oder an einen Dämon. An den Spuk!
War das seine Welt, in die ich hineingeraten war? Stand der Zaubermantel mit ihr in Verbindung?
In den folgenden Sekunden vergaß ich die Anwesenheit des Monsters, weil ich mich gedanklich mit dem Spuk beschäftigte. Er gehörte zu den uralten Dämonen, er war der Letzte der Großen Alten, und er war ein besonderer Artist im Zirkus der Dämonen, denn er wollte sich von keinem anderen einnehmen lassen.
Er stand allein. Er sammelte die Seelen getöteter Schwarzblüter und zerrte sie in sein Reich, um es zu vergrößern. Der Spuk war amorph, gestaltlos, aber er hatte einmal eine Gestalt gehabt - damals, vor Millionen von Jahren, als er von den Sternen auf diese Welt gekommen war und die ersten Kämpfe ausfocht.
Mehr wusste ich über seine Herkunft auch nicht, aber in einem Spiel der Mächte war der Spuk ein besonderer Joker, der mich und meine Freunde akzeptierte, weil seine Feinde oft genug auch die unsrigen waren.
Sollte er tatsächlich in dieser schwarzen Masse stecken? War er sie vielleicht selbst?
Ein knurrender Laut zerriss meine Gedanken und ließ mich wieder herumfahren. Das Monster hatte sein Maul jetzt offen. Ich sah die Zähne und erschrak. Meine Güte, waren das Hauer! Die schafften es, mir mit einem Biss den Kopf vom Leib zu reißen, und plötzlich zitterte ich vor Furcht.
Ich regte mich nicht, die Lethargie hatte mich gefesselt. Einem Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, musste nicht anders zumute sein als mir.
Die Bestie duckte sich. Das war das Zeichen zum Sprung!
Und ich blieb noch immer stehen.
Aber um mich herum veränderte sich etwas. Plötzlich bewegte sich das graue Licht. Mir kam es vor, als wäre es in Scheiben geschnitten worden, die eine gewisse Schräglage eingenommen hatten und nun durcheinander wirbelten.
Die Bestie wartete noch.
Dann hörte ich einen Schrei! Im selben Augenblick veränderte sich die Umgebung. Sie wurde förmlich zerrissen. Alles befand sich in Bewegung. Das graue Licht raste nach vorn, aus dem tiefschwarzen Zentrum erhielt es immer mehr Nachschub, und dieses Zentrum stand schräg vor wie eine Wand.
Die Bestie heulte. Dabei riss sie ihre Pranken hoch. Ich rechnete damit, dass sie sich auf mich stürzen würde, doch genau das passierte nicht.
Aus dem Licht kristallisierte sich eine Gestalt hervor. Sie jagte schräg von oben nach unten, sie war ein materialisiertes Wesen, und sie rammte mit beiden Füßen gegen den Boden.
Ich hatte sie nie gesehen, aber ich erkannte sie trotzdem. Jane hatte sie mir gut genug beschrieben.
Es war der unheimliche Ritter oder auch der Kopfjäger!
Noch immer zum Statisten degradiert, erlebte ich den Ritter im nächsten Augenblick in voller Aktion.
Das war auch ungemein wichtig für mich, denn die andere Bestie hatte nicht länger warten wollen. Sie sprang bereits mit einem großen Satz auf mich zu. Ihr Körper war gekrümmt und gestreckt zugleich, sie war bereit, ihre Pranken in mein Gesicht zu schlagen.
Der Ritter aber war schneller.
Er drehte sich, und sein Schwert drehte sich mit. Er schlug noch nicht zu, sondern rammte seine Schulter gegen die in der Luft liegende
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