0763 - Sarkanas Rache
dass es zum Leben zu wenig ist? Daher auch das Taumeln und das kranke Aussehen.«
»Blutverlust? Dann müsste er ja vorher schon angegriffen und verletzt worden sein-. Hier«, der Commissario schaute sich flüchtig um, »gibt es jedenfalls keine Blutspuren.«
Zamorra lächelte ihn an, legte ihm die Hand auf die Schulter und nickte gönnerhaft. »Alles Weitere erfahren Sie nach der Obduktion«, zitierte er den Standardspruch aus beliebigen Fernsehkrimis.
Der Commissario wandte sich wortlos um, gab ein paar Männern mit knappen Handbewegungen Zeichen und stieg in einen grauen Lancia.
Ted und Zamorra traten zur Seite.
»Was jetzt?«, fragte der Reporter.
»Jetzt warten wir, bis der ganze Rummel vorbei ist, und dann versuche ich eine Zeitschau. Wenn der Blutsauger so freundlich war, sich nicht durch die Luft zu entfernen, werden wir ihn an einer anderen Stelle der Stadt finden.«
***
Es war nicht einfach, Gryf ap Llandrysgryf zu finden. Der blonde Druide, der mit seinen mehr als 8000 Jahren immer noch wie ein 20-Jähriger aussah und dessen Haar noch nie einen Kamm kennen gelernt zu haben schien, besaß zwar eine kleine Blockhütte auf der walisischen Insel Anglesey, aber zu finden war er dort relativ selten. Er war ein Weltenbummler, den es mal hierhin und mal dorthin trieb. Meist an Orte, wo es hübsche Mädchen gab, die er verführen konnte. Und an diesen Orten tauchten oft auch Vampire auf, die er pfählen konnte. So ließ sich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.
Aber Tan Morano fand ihn.
Über kurz oder lang fand er jeden, den er finden wollte. Er war alt, er besaß Beziehungen, Informationsquellen, die er lediglich wieder zu öffnen brauchte, nachdem er lange Zeit für tot gegolten hatte. Aber die meisten waren immer noch da und standen ihm zur Verfügung.
Doch in diesem Fall hatte er es ein wenig eilig und ging so einen ganz anderen Weg.
Er bediente sich Vassagos Magie.
Vassago war ein Dämon, der nach dem Licht strebte. Er balancierte auf einem schmalen Grat zwischen dem Bösen und dem Guten. Dem Bösen entsprossen, wollte er das Gute erreichen, und so stellte er seine Magie jedem zur Verfügung, stets in der Hoffnung, dass der gute Zweck überwog und Vassago einst, wenn das Ende seiner körperlich-dämonischen Existenz nahte, sein Geist in Gnade aufgenommen wurde auf der Seite der positiven Mächte.
Auch Professor Zamorra hatte er sein Können schon häufig zur Verfügung gestellt.
Diesmal aber war es ein Vampir, der Vassago zu sich beschwor.
»Leih mir deine Macht, auf dass ich finde, wen ich suche«, verlangte Tan Morano.
Vassago wand sich. Er spürte das Düstere in Morano. Er wollte sich weigern, aber er konnte es nicht, er durfte es nicht. Er musste Morano zu Diensten sein.
Es war nichts als eine Schüssel Wasser, die benötigt wurde, und die entsprechenden Zauberworte des Dämons, um die Oberfläche dieses Wassers zum Spiegel des Vassago zu machen.
Spiegel waren für Morano normale Gebrauchsgegenstände. Der alte Vampir war darin sogar sichtbar. Andere Vampire besaßen kein Spiegelbild. Morano war eine der ganz großen Ausnahmen.
Er zeichnete mit den Fingerspitzen ein Anrufungssigill in die Wasserfläche, die aufwallte und Ringe zog. Allmählich wurde sie wieder ruhig. Morano sah sich selbst auf der Fläche gespiegelt.
Er musste an Fu Long denken, den chinesischen Vampir, aus dem niemand so recht schlau wurde. Fu Long behauptete, schon seit langer Zeit kein Blut mehr zu trinken. Dennoch lebte er. Wie war das möglich? Und - besaß auch er ein Spiegelbild?
Es mochte interessant sein, das herauszufinden.
Morano schob den Gedanken an den Chinesen beiseite. Nicht ihn suchte er, sondern den Vampirmörder Gryf ap Llandrysgryf. Auf diesen konzentrierte er sich. Wo befand sich der Silbermond-Druide?
Ein schattenhaftes Bild begarm sich auf der Wasserfläche abzuzeichnen. Es zeigte Giyf und seine nähere Umgebung, die dem Vampir durchaus gefiel Aber wo war sie zu finden?
Der Spiegel des Vassago lieferte weitere Informationen.
Bis Tan Morano schließlich genug gesehen hatte.
Nun konzentrierte er sich auf Sarkana, fand heraus, wo dieser sich aufhielt. Ah, der alte Halunke schien häuslich geworden zu sein. Er befand sich immer noch in der Ewigen Stadt.
»Du kannst nun gehen«, entließ er Vassago. »Du hast für mich genug getan.«
»Und mich auf meinem dornenvollen Weg zum Licht wieder ein Stück zurückgeworfen in Richtung Finsternis«, klagte der Dämon. »Warum hast du mir das
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